Trotz steigender IT-Budgets investieren Unternehmen der deutschen Automobilbranche vorwiegend in klassische IT-Themen wie IT-Sicherheit, die Optimierung ihrer IT-Infrastrukturen sowie die Konsolidierung ihrer bestehenden ERP/MRP-Landschaften, heißt es in einer Studie von Pierre Audoin Consultants (PAC).

Die Bedeutung von innovativen Themen wie Cloud, Social Media und insbesondere Industrie 4.0 werde erkannt, aber noch unterschätzt. Die Studie  identifiziert die IT-Themen, bei denen Unternehmen der Automobilindustrie aktuell den größten Handlungsbedarf sehen, und gibt Aufschluss darüber, welche IT-Projekte vorrangig realisiert werden. Dazu wurden IT-Entscheider aus Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in Deutschland befragt, darunter Automobilhersteller, Automobilzulieferer sowie Automobilhändler. Die Studie wurde unterstützt von Accenture, CSC, Atos, Dell und msg systems.

Kostensenkung und Effizienzsteigerung besitzen gemäß der Studie höchste strategische Priorität bei den Unternehmen der deutschen Automobilindustrie. Daraus ergeben sich gestiegene Anforderungen an die IT, insbesondere aus den Fachbereichen Logistik, Sales und Produktion. Bereiche, aus denen seit jeher sehr hohe Anforderungen an die IT gestellt werden, sind ferner Controlling und Finanzbuchhaltung – was vor allem den sich häufig ändernden gesetzlichen Vorschriften geschuldet ist, die entsprechende IT-Projekte nach sich ziehen.

Die hohe Nachfrage wirkt sich deutlich auf die IT-Budgets aus: Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass die IT-Budgets in den letzten beiden Jahren gestiegen sind, insbesondere für die Umsetzung der Anforderungen aus den Fachbereichen sowie für IT-seitige Innovationen. Unverändert hingegen blieben die Budgets für den laufenden IT-Betrieb.

„Unter den IT-Projekten gehören die ‚klassischen’ und eher horizontalen IT-Projekte wie  Projekte rund um die IT-Sicherheit und die Optimierung komplexer IT-Infrastrukturen sowie die Konsolidierung der ERP/MRP-Landschaften nach wie vor zu den ‚Dauerbrennern’. Hier wurden zahlreiche Projekte bereits realisiert, aber es befinden sich aktuell auch viele Projekte in der Planung und Umsetzung“, so Stefanie Naujoks, Analyst – Manufacturing Markets & Project Services bei PAC.

Bei den infrastrukturellen IT-Themen sehen die Befragten den größten Handlungsbedarf im Bereich IT-Sicherheit, in der Optimierung komplexer Infrastrukturen sowie im Management mobiler Endgeräte. Erstaunlich geringe Bedeutung hingegen wird der Nutzung von IT-Infrastrukturen aus der Cloud beigemessen. Bei den anwendungsbezogenen IT-Themen sehen Automobilunternehmen den größten Handlungsbedarf bei der Konsolidierung der ERP/MRP-Landschaft. In Planung sind zudem Projekte für höhere Transparenz und Flexibilität auf Produktionsebene.

Bei vergleichsweise neuen IT-Themen wie der Nutzung von IT-Infrastrukturen oder Software aus der Cloud sehen zwar bereits zwei von drei Befragten Handlungsbedarf, jedoch ist damit der Anteil der Unternehmen, die eine Cloud-Nutzung ablehnen, noch relativ hoch. Aus Sicht von PAC sind Gründe für diese ablehnende Haltung eine unzureichende Kenntnis möglicher Konzepte (Stichworte: Private, Public oder Hybrid Cloud), aber auch Sicherheitsbedenken. PAC erwartet hier in den nächsten Jahren einen „Mindshift“, wofür jedoch weiterhin entsprechende Aufklärungsarbeit seitens der IT-Anbieter über die verschiedenen Cloud-Konzepte erforderlich sein wird.

Auch noch nicht so weit wie man vermuten könnte ist in der Automobilbranche laut Umfrage die Nutzung von Social Media (Facebook, Twitter & Co.) – beispielsweise für die Neukundengewinnung – zumindest nicht als Bestandteil einer ganzheitlichen Social Media-Strategie. PAC geht jedoch davon aus, dass die Nutzung von Social Media als Vertriebskanal weiter zunehmen wird und Unternehmen langfristig ganzheitliche Social Media-Strategien entwickeln werden.

„Das Thema Social Media wird nicht nur für den Vertrieb von zentraler Bedeutung sein, sondern auch in den Fahrzeugen zunehmend an Relevanz gewinnen. Allerdings nicht unbedingt im klassischen Sinne wie wir es heute kennen, via Facebook, Twitter etc., sondern es geht eher darum, dass neue Entwicklungen im Bereich Applikationen, welche noch mehr an die Bedürfnisse des Autofahrers angepasst sind, künftig vollständig in unseren Autos Einzug halten werden. Dieser Trend wird sich bereits in naher Zukunft durchsetzen“, sagt Berthold Puchta, General Manager Global Automotive bei CSC.

Die aktuelle Studie von PAC ergab auch, dass für 40 Prozent der Befragten die Weiterentwicklung der Produktion in Richtung „Industrie 4.0“ eine zentrale oder teilweise zentrale Rolle spielt, was zeigt, dass das Thema an sich in der Automobilindustrie grundsätzlich von Bedeutung ist. Von mehr als einem Drittel der befragten Automobilzulieferer wird der IT-Bedarf durch „Industrie 4.0“ derzeit aus Sicht von PAC jedoch unterschätzt.

„Die vierte Revolution der industriellen Wertschöpfung (Industrie 4.0), die durch eine konsequente Digitalisierung jedweder Geschäftsmodelle gerade in der Automobilindustrie geprägt sein wird, treibt die Verbreitung von Materialien und Bauteilen mit Sensoren in der Fertigung massiv voran“, sagt Andreas Baier, Geschäftsführer des Bereichs Automobilwirtschaft bei Accenture. „Diese intelligenten Werkstücke liefern Daten, mit denen Hersteller und Zulieferer ihre Produktion nicht nur weiter optimieren und flexibler machen können, sondern völlig neue digitale Geschäftsmodelle um das intelligente Produkt herum eröffnen. Wer als Automobilhersteller die Notwendigkeit und die Chancen der allgegenwärtigen und unaufhörlich fortschreitenden Digitalisierung frühzeitig erkennt und in Innovationen umsetzt, eröffnet sich enorme Wachstumschancen.“

Bei Car-IT-nahen Themen, wie der Entwicklung von Embedded Software, sind für Unternehmen der Automobilindustrie vor allem die Entwicklung von sicherheitsrelevanten Funktionen und Sensorsystemen von zentraler Bedeutung. Nach Ansicht von PAC wird die Bedeutung der Embedded-Softwareentwicklung weiter zunehmen. „Aktuell sehen wir, dass der Reifegrad im Bereich Embedded Software sowohl bei der Methodik als auch im Hinblick auf die Prozessstringenz noch hinter der kaufmännischen IT zurück liegt“, so Klaus Holzhauser, Senior Vice President – IT Services und Head of Automotive Research Europe bei PAC. „Langfristig erwarten wir einen stärkeren Trend zur Externalisierung der Dienstleistungen für Embedded-Softwareentwicklung sowie eine Konsolidierung auf Anbieterseite.“

 

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