T-Systems Geschäftsführer Dr. Ferri Abolhassan im Interview mit bitp.de

Das Konzept der Gesamtdienstleistung ist derzeit bei fast allen Unternehmen der Automobilindustrie auf der strategischen Business-Agenda.

Unternehmensentscheider haben die Vorteile, die Business Innovation/Transformation Partner (BITP) mittel- und langfristig bieten, erkannt und setzen nicht nur aufgrund der aktuellen Wirtschaftssituation auf entsprechende Anbieter mit Gesamtdienstleistungskompetenz. Unter dem Begriff BITP sind Gesamtdienstleister zusammengefasst, die einen Mix aus Management- und IT-Beratung, Realisierung, Outsourcing und Business Process Outsourcing aus einer Hand anbieten.

Die Tatsache, dass immer mehr Business-Entscheider die IT zunehmend als strategischen Erfolgsfaktor für das operative Geschäft verstehen, führt dazu, dass die Formulierung von Business-Strategien und ihre Transformation in IT-gestützten Geschäftsprozesse idealerweise aus einer Hand erfolgen sollte. Aber auch die Abschaffung heterogener IT-Systeme steht verstärkt im Fokus des Managements. Denn diese verursachen hohe Betriebskosten und führen oftmals zu starren, unflexiblen sowie ineffizienten Geschäftsprozessen. „In Konzernen setzen verschiedene Unternehmensbereiche häufig eigene Systeme und Rechenzentren ein, obwohl sich die IT-Landschaft aufgrund von Synergien zwischen Abteilungen mit gleichen Funktionen sinnvoll konsolidieren ließe“, beschreibt Dr. Ferri Abolhassan, Mitglied der Geschäftsführung für den Bereich Systems Integration bei dem BITP-Gesamtdienstleister T-Systems die aktuellen Herausforderungen des Managements. „Kosten reduzieren und gleichzeitig modernisieren, das Thema elektrisiert derzeit quer durch alle Branchen. Hierfür werden stabile Partner benötigt. Das hat ganz klar eine strategische Dimension“.

Wenn die allgemeine Wirtschaftslage Unternehmen dazu zwingt, die notwendige Erneuerung nicht vorzunehmen, besteht das Risiko, dass die „Kunden natürlich Kosten senken, wo sie können. Es besteht allerdings die Gefahr, dass sie dadurch künftig Spielraum einbüßen“, so Abolhassan weiter. Aus diesem Grund sollten Manager mittel- und langfristige Szenarien durchspielen und weniger auf kurzfristige Kostensenkungseffekte vertrauen. „Mit überalterten Systemen hat man im Wettbewerb bei normaler Konjunktur schon nicht die Nase vorn, geschweige denn in Zeiten wie diesen“, gibt Abolhassan zu bedenken.

Das vollständige Interview für bitp.de führte Thomas Lünendonk, Inhaber der Lünendonk GmbH.

Bitp.de: Wie ist aus Ihrer Sicht der aktuelle Status des Themas BITP?

Abolhassan: Das Thema ist bei allen Großunternehmen auf der Agenda. In einigen Branchen haben die Systeme das Ende ihres Lebenszyklusses erreicht und müssen dringend erneuert werden. Es ist in der heutigen Zeit aber eine echte Herausforderung, das notwendige Budget dafür aufzubringen.

Bitp.de: Wen betrachten Sie gegenwärtig und künftig als BITP?

Abolhassan: Die Anbieter müssen globale Lieferfähigkeit sicherstellen, sowohl bei IT- als auch TK-Services. Ganz wichtig ist Branchenwissen, um dem Kunden gerade bei vertikalen Lösungen als „trusted advisor“ zur Seite stehen zu können. Finanzielle Stabilität wird ebenfalls zu einem KO-Kriterium. Nur wem die Kunden zutrauen, dass er auch in einigen Jahren noch erfolgreich im Markt sein wird, vertrauen sie ihre Projekte an.

Bitp.de: Wo sehen Sie Chancen für das Konzept?

Abolhassan: Chancen gibt es in allen Branchen. Das zeigen unsere Gespräche mit Kunden aus den verschiedensten Segmenten. Neben Vorreitern wie Automobil- und Fertigungsindustrie gibt es Ansatzpunkte in den Bereichen Handel, Energie und Finanzen. Nicht zu vergessen, die öffentliche Hand, etwa mit der Modernisierung des Gesundheitswesens oder Projekten für eine bürgerfreundliche Verwaltung.

Bitp.de: Mit welchen Ansätzen/Lösungen können BITP-Anbieter in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise ihre Kunden am besten unterstützen?

Abolhassan: In Konzernen setzen verschiedene Unternehmensbereiche häufig eigene Systeme und Rechenzentren ein, obwohl sich die IT-Landschaft aufgrund von Synergien zwischen Abteilungen mit gleichen Funktionen sinnvoll konsolidieren ließe. So wird das Rad häufig mehrfach neu erfunden. Im Einkauf zum Beispiel führen dezentrale Systeme zu teuren Doppelbestellungen. Dem Unternehmen entgehen außerdem Preisvorteile, etwa durch Mengenrabatte. Wir sprechen mit vielen Kunden über Transformational Outsourcing. Das heißt, den Wildwuchs drastisch zu beschneiden, indem wir IT-Architektur, Applikationen sowie Services modernisieren und vereinfachen und zur Finanzierung teilweise auf die Einsparungen durch das traditionelle Outsourcing zurückgreifen.

Bitp.de: Wo sehen Sie Risiken für das Konzept BITP?

Abolhassan: Das größte Risiko liegt meines Erachtens darin, wenn die allgemeine Wirtschaftslage Kunden dazu zwingt, die notwendige Erneuerung nicht vorzunehmen. Sie werden natürlich Kosten senken, wo sie können. Es besteht allerdings die Gefahr, dass sie dadurch künftig Spielraum einbüßen. Mit überalterten Systemen hat man im Wettbewerb bei normaler Konjunktur schon nicht die Nase vorn, geschweige denn in Zeiten wie diesen.

Bitp.de: Wie positioniert sich T-Systems mittelfristig im Kreis der BITPs?

Abolhassan: T-Systems sieht sich als Generalunternehmer, der alle Leistungen aus einer Hand anbietet und sämtliche weiteren Dienstleister für den Kunden verantwortlich koordiniert. T-Systems begleitet im Rahmen einer Multi-Sourcing-Strategie die gesamte Outsourcing- und Transformationskette partnerschaftlich von Anfang bis Ende. Als Tochterunternehmen der Deutschen Telekom sind wir für unsere Kunden ein solider, im Markt gesetzter Anbieter – gerade in diesen Zeiten ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Bitp.de: Aus welchem Leistungsspektrum heraus definiert sich T-Systems bei seinen Kunden am besten als Dienstleister?

Abolhassan: Es geht nicht länger nur um die Frage, was ein Kunde sinnvoll auslagern kann. Wir definieren mit dem Unternehmen oder der Behörde gemeinsam, wie Geschäftsprozesse oder Verwaltungsabläufe künftig aussehen sollen oder müssen, damit diese zum Beispiel wettbewerbsfähiger werden oder ein neues Geschäftsmodell oder einen neuen Service umsetzen können. Das bedeutet: Als Dienstleister müssen wir die

Branche und das Geschäft des Kunden aus dem Effeff kennen, um ihn auf Augenhöhe beraten zu können. Grundlage für eine solche Zusammenarbeit ist gegenseitiges Vertrauen und Verständnis. Mit Transformational Outsourcing haben wir einen ganzheitlichen, strategischen Ansatz, der die Geschäftsprozesse, ICT-Architektur und ICT-Services umfasst. Unser Ziel auf allen drei Ebenen ist eine radikale Vereinfachung der Komplexität sowie die nahtlose Integration der IT-Lieferkette für den Kunden. Hier liegt der Kern der Modernisierung.

Bitp.de: Welche Auswirkungen werden die absehbaren Marktprobleme in Deutschland / Europa auf das Thema BITP haben?

Abolhassan: Die aktuelle Marktsituation hat eine gewisse Katalysatorfunktion für das Thema. Kosten reduzieren und gleichzeitig modernisieren, das Thema elektrisiert derzeit quer durch alle Branchen. Hierfür werden stabile Partner benötigt. Das hat ganz klar eine strategische Dimension.

Bitp.de: Wie beurteilen Sie aktuell die Wettbewerbssituation zu den sogenannten klassischen Strategie- und Managementberatungen?

Abolhassan: Reine Konzepte wollen die Kunden bei der jetzigen allgemeinen Wirtschaftslage nicht. Sie brauchen schnell umsetnbare Maßnahmen, die ihnen helfen, Liquidität zu schaffen, Kosten zu sparen und sich eine gute Ausgangsposition zu sichern, wenn die Konjunktur wieder anspringt. Wir setzen auf Angebote aus einer Hand. Wer das nicht bieten kann, muss sich Umsetzungspartner suchen. Konzepte allein will der Kunde nicht.

Bitp.de: Was sind die wesentlichen Elemente / Vorteile, mit denen BITPs bei ihren Kunden punkten können?

Abolhassan: Das Neue am Transformational-Outsourcing-Modell von T-Systems ist die Tatsache, dass wir mit den Einsparungen aus dem eigentlichen Outsourcing die Modernisierung zu einem Gutteil finanzieren können. Wir betreiben die IT für den Kunden durch unsere Skaleneffekte günstiger. Und einen Teil dieser Einsparungen investieren wir dann eben wieder in den Umbau. Und da die neue IT-Landschaft schlanker ist und noch dazu die Geschäftsprozesse strafft, liegen die Gesamtkosten am Ende niedriger als beim klassischen Outsourcing – und das bei mehr Qualität und besseren Abläufen.

Bitp.de: Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Situation ein? Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die wichtigsten Handlungsfelder der Unternehmen / Ihrer Kunden?

Abolhassan: Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben Kostensenkungen natürlich Priorität bei Unternehmen. Mit Transformational Outsourcing kommen wir an Potenziale zur Kostensenkung heran, die wir sonst überhaupt nicht adressieren könnten. Hinzu kommt aber: Gerade jetzt nutzen viele Unternehmen auch die Wirtschaftsflaute, um sich schlank aufzustellen und innovative Ansätze zu starten – damit sie vom kommenden Aufschwung voll profitieren. Mit Transformational Outsourcing bekommen sie die moderne ICT, die sie dazu brauchen.

Bitp.de: Was sind derzeit die wichtigsten Herausforderungen, denen sich ein BITP derzeit zu stellen hat?

Abolhassan: Neue Kunden, neuer Umsatz, neue Wege zu mehr Effizienz. Die Klarheit, die wir mit unserem Ansatz in Unternehmen entwickeln wollen, müssen wir auch in der eigenen Organisation entwickeln. Stichwort Industrialisierung.

Bitp.de: Bietet die derzeitige wirtschaftliche Situation Chancen für den nachhaltigen Erfolg von Gesamtdienstleistungskonzepten?

Abolhassan: Zunächst zwingt die Konjunktur unsere Kunden dazu, alle Kosten auf den Prüfstand zu stellen. Mit Outsourcing können sie schnell Liquidität und damit Flexibilität gewinnen. Bei neuen Projekten sind Unternehmen in solchen Zeiten zurückhalten, es sei denn, sie bekommen über neue Finanzierungsmöglichkeiten die Chance, Systeme zu modernisieren und für die Zeit des Aufschwungs fit zu machen. Wir glauben, dass wir mit Transformational Outsourcing einen vielversprechenden Ansatz gefunden haben. Das Interesse bei unseren Kunden bestätigt das.

Bitp.de: Wo sehen Sie das Konzept „BITP“ in 5 Jahren?

Abolhassan: Für international operierende Großunternehmen ist es der einzige Hebel, ihre gewachsenen ITLandschaften zu erneuern. Dieser Trend ist meines Erachtens unumkehrbar.

Bitp.de: Wie beurteilen Ihre Kunden den Gesamtdienstleistungsansatz?

Abolhassan: Mit genau diesem Ansatz haben wir 2008 einen Großteil des Geschäfts bei Shell gewonnen. Dieser Ansatz ist der richtige Weg, um Aufgabenstellungen in dieser Größenordnung lösen zu können. Die Fertigungsindustrie zeigt großes Interesse, ist aber insgesamt zurückhaltend. Noch.

Bitp.de: Wie wird die zunehmende Nachfrage nach Gesamtdienstleistungskonzepten die Dienstleistungsbranche verändern?

Abolhassan: Um ein Partner auf Augenhöhe der Top 400 Unternehmen zu sein, ist Größe ein unerlässlicher Faktor. Die Konsolidierung des Markts ist noch nicht am Ende, auch wenn es immer ein Platz für sehr spezialisierte Nischenanbieter geben wird. Auf jeden Fall werden Effizienz und Industrialisierung eigener ITDienstleistungen eine wichtige Rolle spielen, beispielsweise durch die Kopplung von Produktionsplanungssystemen mit Rechenzentren.

Bitp.de: Wenn Gesamtdienstleistungen immer stärker nachgefragt werden, welche Rolle spielen zukünftig Anbieter von Einzel- und/oder Spezialdienstleistungen?

Abolhassan: Kleine und mittelständische IT-Dienstleister mit starkem Branchen-Know-how werden in Nischen gut leben können. Sie sind für uns alle wichtig als Impulsgeber und Technologiescouts. Als Partner werden sie bei komplexen Großprojekten sicher immer auch gefragt sein.

Bitp.de: Welche politischen / gesellschaftlichen Auswirkungen sehen Sie durch das Thema BITP?

Abolhassan: Dienstleister wie T-Systems werden in Wirtschaft und Gesellschaft eine immer wichtigere Bedeutung gewinnen. Oft im Verborgenen. Nicht jedem BMW-Fahrer ist beispielsweise bewusst, dass schon heute Features in seinem Fahrzeug von uns kommen. Etwa die Fern-Prüfung per Mobilfunk aus der Vertragswerkstatt, ob eine Inspektion notwendig ist oder eine Reparatur ansteht. Auch Bürger nutzen schon unsere Lösungen, um unkompliziert ihre Anliegen bei Ämtern von zuhause aus zu erledigen. Das wird zunehmen.

Sie möchten gerne weiterlesen?