Jeder Autofahrer kennt den nervenaufreibenden Stop-and-Go-Verkehr im Stau auf der Autobahn: Man kann nicht mehr gleichmäßig fahren, weil das vorausfahrende Fahrzeug immer wieder die Geschwindigkeit ändert, aber der Fahrer kann ebenfalls nichts dafür, denn auch vor ihm fließt der Verkehr ungleichmäßig.Dieses ständige Anfahren und Bremsen lässt sich kaum vermeiden, was nicht nur Zeit und Nerven kostet, sondern auch viel Kraftstoff verschwendet. Mithilfe neuer Informationtechnologie hat ein Forscherteam der Technischen Universität Braunschweig ein System entwickelt, mit dem Fahrzeuge die Informationen mehrerer vorausfahrender Fahrzeuge auswerten können, um den Verkehrsfluss im Stau zu glätten

Verkehrsforscher verstehen inzwischen gut, was das „Ruckeln“ im Verkehrsfluss auslöst: Bei hohen Verkehrsdichten kann sich schon eine kleine Störung, etwa ein starkes Abbremsen oder ein zu dichtes Auffahren, nach hinten verstärken, durch den gesamten Verkehr fortpflanzen und ein „Schwingen“ des Verkehrssystems auslösen. 

Es bilden sich die bekannten Stauwellen, die nicht mehr so einfach auszubügeln sind, wenn sie erst einmal da sind – und deren Auftreten fast unvermeidlich ist, da schon kleine Störungen genügen. Dieses Phänomen lässt sich durch einfache physikalische Gleichungen beschreiben, man kann es sowohl in Simulationen wie auch in Experimenten beobachten – denn das Auftreten von Stauwellen ist in den bestehenden physikalischen Gesetzen verankert.

Lassen sie sich trotzdem vermeiden? Erfahrene Autofahrer wissen, dass man durch vorausschauendes Fahren gleichmäßiger und damit auch spritsparender fahren kann. Allerdings ist es im Stau sehr schwer, die vor einem bestehende Verkehrssituation zu überblicken – und dann auch noch die eigene Geschwindigkeit angemessen zu steuern. 

Die Möglichkeiten der Informationstechnologie bieten die Chance, Fahrzeuge mit besseren Daten über den vorausfahrenden Verkehr zu versehen. Bereits jetzt kann man mit drahtloser Kommunikation Informationen über Ort und Geschwindigkeit von Fahrzeugen weitergeben, und es existieren schon Systeme, mit denen sich ein Auto an die Geschwindigkeit eines unmittelbar vorausfahrenden Fahrzeugs anpassen kann. Dies vereinfacht aber nur die Steuerung für den einzelnen Fahrer, die beschriebenen Stauwellen lassen sich damit nicht beseitigen. Hierfür muss die Wechselwirkung zwischen den Fahrzeugen so beeinflusst werden, dass sich auch die physikalischen Gesetzmäßigkeiten für den Fahrzeugfluss verändern. 

In der Arbeitsgruppe Algorithmik der Technischen Universität Braunschweig unter der Leitung von  Sándor Fekete wurde nun ein einfaches Regelwerk entwickelt, mit dem Autos die Informationen mehrerer vorausfahrender Fahrzeuge auswerten können, um den Verkehrsfluss im Stau zu glätten: Wird erkannt, dass sich der vorausfahrende Verkehr verlangsamt, dann unterbleiben unnötige Beschleunigungsvorgänge. Dies hat keinen direkten Einfluss auf Bremsvorgänge; die Verkehrssicherheit wird also nicht beeinträchtigt, da jeder Fahrer für das Bremsen seines Fahrzeuges nach wie vor selbst verantwortlich ist.

Der durch die Regeln bewirkte kleine Unterschied für jedes Fahrzeug hat einen verblüffenden Effekt auf den gesamten Verkehrsfluss: In Simulationen zeigt sich eine Treibstoffersparnis bis zu 40 %. Da der Verkehr gleichmäßiger fließt, kann er sich sogar schneller bewegen. Dies erlaubt nicht nur die Stabilisierung von fließendem Verkehr, sondern kann auch bereits eingetretene Stausituationen wieder glätten – selbst wenn nur ein Teil der Fahrzeuge mitspielt. 

Da bereits jeder einzelne Fahrer Kraftstoff spart, gibt es einen starken Anreiz, das System zu benutzen und die Regeln auch einzuhalten. So besteht die Hoffnung, dass sich der Energieverbrauch und Schadstoffausstoß im Straßenverkehr deutlich reduzieren lässt – mit umfassenden positiven Auswirkungen für Verkehr, Umwelt und Wirtschaft, aber auch auf Nerven und Geldbeutel jedes einzelnen Autofahrers.

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