Der japanische Renault-Partner nimmt für sich in Anspruch, das boomende Segment der „Crossover“ erfunden zu haben. Drei Autoarten in einem: Geräumiger Kombi, praktische Limousine und alles umrahmt vom Erscheinungsbild eines Geländewagens. Vor sieben Jahren erwies sich die erste Qashqai-Generation als Segen für Nissan. Denn das übrige Angebot mit dem Firmenlogo war recht überschaubar geworden, die einst erfolgreichen Limousinen wie Sunny, Almera oder Primera verschwunden, der beliebte Kleinwagen Micra lief nicht mehr so recht. Immerhin gab es den Nissan Note, einen Nachbau des Renault Modus.
Und dann kam das Auto mit dem Zungenbrecher-Namen, das bisher weltweit über zwei Millionen Mal verkauft wurde und dessen Neuauflage jetzt an Attraktivität noch zulegt hat. Der Längenzuwachs um gut fünf Zentimeter auf jetzt 4,38 Meter schafft mehr Platz auf den Rücksitzen. Zudem wurde er einen Hauch breiter und flacher. Dadurch wirkt der Neuling deutlich gestreckter und dynamischer als sein Vorgänger. Geblieben ist die erhöhte Sitzposition und der damit verbundene bessere Überblick. So mag es die Kundschaft. Sie wird auch schätzen, dass das Design in den Grundzügen nicht erheblich verändert wurde. Die Frontpartie ist etwas kämpferischer gestaltet, was vor allem an der nunmehr bis in die Kotflügel ragenden Motorhaube und dem schärfer konturierten Lufteinlass unter dem Kühler liegt. In Summe ein geschickte Modernisierung, die aber die heutigen Kunden nicht verprellt.
Wichtiges Neues bietet die Liste der Extras. Hier finden sich jetzt moderne Assistenzsysteme wie Spurhalte- und Toter-Winkel-Warner oder auch ein aktiver Bremsassistent, der im Notfall selbst eingreift. Auch das Einparken kann jetzt weitgehend der lenkenden Elektronik überlassen werden. Dabei kommen auch Bewegungssensoren zum Einsatz, die zum Beispiel Kinder oder Tiere entdecken und vor Schaden bewahren sollen. Verkehrszeichenerkennung und automatisches Abblenden bei Gegenverkehr komplettieren das Angebot, das je nach Version schon serienmäßig an Bord ist.
Unter der Haube unseres Test-Qashqai arbeitete der sparsamste Motor, den der Neue zu bieten hat. Der 1,5-Liter-Diesel hat zwar mit 81 kW/110 PS eine vergleichsweise bescheidene Leistung, erweist sich aber im Alltagsbetrieb als überraschend lebhaft. Bei gelassener Fahrweise ist das Triebwerk kaum hörbar. Brummig wird es nur, wenn man es per Gaspedal zu hohen Drehzahlen zwingt. Wer früh hochschaltet und die durchaus ausreichende Durchzugskraft von 260 Newtonmetern nutzt, wird zudem mit einem erfreulich niedrigen Verbrauch belohnt. Um 22 Prozent konnten die Ingenieure den Norm-Durst auf 3,8 Liter auf 100 Kilometer zügeln. Im Test meldet der Bordcomputer 5,2 Liter nach einer Tour ohne Autobahnanteil. Eilige Fortbewegung auf der Autobahn kostet gut zwei Liter Straf-Sprit.
Die Spitzenversion des Qashqai (1,6-Liter-Diesel, 130 PS) ist für 2.000 Euro Aufpreis auch mit Allradantrieb zu haben. Doch die meisten Käufer verzichten darauf. Unser Test-Nissan ist denn auch nur mit Frontantrieb zu haben, was seiner Agilität aber keinen Abbruch tut. Immer leicht beherrschbar, auch dank der neuen elektronischen Servolenkung. Sie verhärtet sich beim Einlenken, so dass es eine deutliche Rückmeldung in Richtung Fahrerhände gibt. Nimmt man den Ausschlag zurück, übernimmt die Lenkung die auftretenden Kräfte. Ein guter Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit. Es kann aber auch kann per Knopfdruck entschieden werden, ob man eher sanft oder doch lieber etwas flotter unterwegs sein will.
Serienmäßig ist auch ein ebenfalls elektronisches System an Bord, das das Fahrwerk beeinflusst. Es registriert Unebenheiten und bremst bei Bedarf das Rad fein ab, bei dem der Verlust der Bodenhaftung droht. Der Fahrer merkt nur, wie souverän der Qashqai lange nicht mehr ausgebesserte Straßen meistert. Hilfreich in Kurven ist auch der gezielte automatische Bremseneingriff an durchdrehenden Rädern, wenn man eine Biegung mal zu flott in Angriff genommen hat. Da auch noch ein Berganfahr-Assistent an Bord ist, verdient das Qashqai-Fahrwerk durchaus ein Extra-Lob.
Die Preise für den erneuerten Japaner, der allerdings in England gebaut wird, beginnen bei 19.940 Euro und enden bei 33.450 Euro für den Allradler in feinster Ausstattung. Unser Test-Qashqai steht mit 24.850 Euro in der Liste, hat aber schon viele Feinheiten eingebaut: Farbiges 5-Zoll-Display, Klimaautomatik, 17-Zoll-Aluräder und die meisten der jetzt lieferbaren Assistenzsysteme. 800 Euro Aufpreis kostet das Navigationssystem mit Internet-Zugang, Rückfahrkamera und Digitalradio. Dieses Extra ist in der 29.400 Euro teuren Edel-Version namens Tekna schon enthalten. Sie bietet zudem noch LED-Scheinwerfer, Panorama-Glasdach oder schlüssellosen Zugang und Motorstart.
Auch die zweite Generation des Crossover wird die Firmenkasse wohl gut füllen. Wichtig, weil gut ein Drittel aller in Deutschland verkauften Nissans den Schriftzug Qashqai am Heck tragen. Dennoch geht der Blick der Kölner Statthalter nach vorn: Im Herbst erscheint ein Schrägheck-Nissan in der Golf-Klasse. Nach langer Durststrecke endlich wieder ein ganz normale Limousine, deren Namen aber noch nicht verraten wird.sp-x/pm