Fahrbericht: Porsche 911 Carrera

Vor ein paar Jahren war die 385-PS-Version beim Porsche 911 der Generation 997 noch die leistungsstärkere S-Variante. Mittlerweile hat sich viel getan. Es gab zwischenzeitlich den 991, die Umstellung auf Turbotriebwerke und vor kurzem die Einführung der nächsten Elfer-Variante mit der internen Bezeichnung 992. Bei diesem geht das Leistungsspektrum erst bei 283 kW / 385 PS los. Der aufgeladene Dreiliter-Boxer stemmt zudem zwischen 1.950 und 5.000 U/min stetig ein üppiges Drehmoment von 450 Nm an die eigene Kurbelwelle. Dazu gibt es 0 auf 100 km/h in 4,2 Sekunden, eine Höchstgeschwindigkeit von 293 km/h und einen Verbrauch von 10,1 Litern Super, was 229 g CO2 pro Kilometer bedeutet. Beachtliche Werte für ein Basismodell, das mittlerweile allerdings stattliche 104.655 Euro kostet. Immerhin inklusiv des neuen Doppelkupplungsgetriebes mit acht Stufen und einer soliden Basisausstattung.

Und wer mit dem Porsche 911 Carrera der Baureihe 992 unterwegs ist, wird schnell feststellen, dass der Neuling sich alles andere als ein Basismodell anfühlt. Die Fahrleistungen sind bereits beeindruckend genug, doch auf der Straße zeigt der 385 PS starke Elfer, dass er ein scharfes Teil ist, mit dem man jede Menge Spaß haben kann. Die Lenkung ist grandios präzise, das Fahrwerk mit McPherson-Federbeinen vorn und Mehrlenkerachse hinten sportwagentypisch in allen Modi sehr stramm und selbst das Doppelkupplungsgetriebe hat sich von seinen Schwächen bei Langsam- und Schleichfahrt mittlerweile nahezu komplett verabschiedet. Der Porsche 911 Carrera scheint immer auf dem Sprung. Dafür muss man nicht den Taster am griffigen Multifunktionslenkrad drücken oder in den Sportmodus wechseln. Bei aller Aufmerksamkeit von Gas, Lenkung, Bremse und Fahrwerk, wirkt der Zuffenhausener jedoch niemals angespannt – im Gegenteil. Sportlich geht auch lässig.

Die Fahrleistungen des 385 PS starken Elfer sind beeindruckend. Bild: press-inform

Und wer ehrlich ist, verschenkt keinen Gedanken daran, in den 450 PS starken Porsche Carrera S mit seinen 530 Nm wechseln zu müssen. Zugegeben, der knackt dann auf Wunsch auch die 300er-Marke und donnert gerade in den oberen Drehzahlbereichen noch etwas bissiger die Piste entlang, doch der Porsche 911 der Generation 992 zeigt geradezu spektakulär, wie scharf und begehrenswert eine Basisversion sein kann. Man muss auch nicht darüber streiten, ob der Elfer im Laufe der vergangenen Jahre zu schwer (1.580 Kilogramm) und zu groß (4,52 Meter lang) geworden ist. Beidem ist fraglos so und der Purismus vergangener Generationen ist spätestens mit dem eng verwandten Doppelpack aus 996 und 997 verschwunden. Doch die Kunden nutzen einen Porsche 911 im Gegensatz zu vielen Konkurrenzmodellen eben auch als vollwertiges Alltagsauto über alle vier Jahreszeiten. Und da sind bequeme Sitze mit vollelektrischer Verstellung, Schiebedach, Fahrerassistenzsysteme oder die verschiedenen Komfortfunktionen eben allseits gewünscht und das hat seinen Preis, der sich nicht nur beim Kaufpreis, sondern auch im Gewicht niederschlägt. Insofern ist die Zuladung mit 455 Kilogramm ebenso wenig aussagekräftig wie das unverändert kleine Gepäckabteil im Vorderwagen mit seinen schmalen 132 Literchen. Im Fond sitzt ohnehin niemand und auf den umgelegten beiden Rücksitzen kann man Koffer oder Reisetaschen bestens verstauen.

Immerhin gibt es für die mehr als stattlichen 104.655 Euro mittlerweile die lange Zeit fehlenden Selbstverständlichkeiten wie vernetztes Navigationssystem, LED-Scheinwerfer, elektrische Parkbremse, Klimaautomatik, Teillederausstattung oder animierte Instrumente. Das heißt leider nicht, dass man das Basispaket nicht noch mehr als kostenintensiv aufbrezeln kann. Mit ein paar netten Details ist man weit abseits einer Komplettausstattung schnell bei 130.000 oder gar 150.000 Euro. Gerade die Alcantara-Elemente für Dachhimmel, Lenkrad, Soundsystem, eine elektrische Sitzverstellung oder die exzellente Karbonbremsanlage drücken den Preis in schmerzhafte Höhen. So hat der Porsche 911 Carrera eben auch hier nichts mit einem Basismodell gemein.

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