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Daimler-Boss Dieter Zetsche: „Das Umfeld bleibt äußerst herausfordernd. Deshalb gilt es, weiter intensiv an unserer Effizienz zu arbeiten.“

Daimler ist unter Druck. „Für Daimler war 2018 ein Jahr mit starkem Gegenwind – von den anhaltenden Diesel-Diskussion über die Umstellung auf das neue Testverfahren WLTP bis hin zum globalen Handelsstreit“, sagte Daimler-Vorstand Dieter Zetsche im Rahmen der heutigen Jahrespressekonferenz in Stuttgart. Aber nicht nur externe Faktoren beeinflussen derzeit die Performance. Betriebsratschef Michael Brecht wies in einem am Dienstag im Handelsblatt veröffentlichten Interview auch auf hausgemachte Defizite hin. Brecht hält das Fahrzeugangebot mit rund 40 Modellen schlicht für zu groß und sieht ernsthaften Handlungsbedarf – ebenso bei den Megatrends Vernetzung und Software. „Hier müssen wir aufpassen, dass wir nicht eines Tages von anderen abhängen“, so der Betriebsratschef gegenüber dem Handelsblatt.

Nicht ohne Grund: Daimler hat wie alle Autobauer mächtige Gegenspieler in der Tech-Branche. Die Tech-Unternehmen krempeln gerade die Mobilitätsbranche um. Die Alphabet-Tochter Waymo ist so ein Fall. Waymo forciert mit zweistelligen Milliardensummen das autonome Fahren und kann bereits erste Erfolge aufweisen. Der Fahrdienstvermittler Uber wiederum ist im Mobilitätssektor, den Daimler selbst zu erobern versucht, bereits an den traditionellen Herstellern vorbeigezogen und baut selbstbewusst sein eigenes Ökosystem aus. Auch in China lauern mächtige Gegenspieler. Bestes Beispiel: Didi Chuxing. An der 2018 gegründeten Carsharing-Plattform des noch recht jungen Mobilitätsdienstleisters sind inzwischen zahlreiche Autobauer, Aftersales-Player und Infrastrukturbetreiber beteiligt. Das Engagement lohnt, Experten erwarten bei der Kurzzeitmiete auf dem chinesischen Markt in den kommenden Jahren ein signifikantes Wachstum. Wer auf diesem lukrativen Markt mitspielen will, muss allerdings über eine gut gefüllte Kriegskasse verfügen, denn nur so können funktionierende Ökosysteme hochgezogen werden. Das wissen auch die Verantwortlichen bei Daimler. Alleine kann man den Ausbau der neuen Mobilitätsservices finanziell wohl kaum stemmen, Partner sind gefragt.

Das sieht auch Michael Brecht so. Und seine Worte verhallen nicht. Die Stuttgarter öffnen sich derzeit in vielen Richtungen. Beim Carsharing geht man gemeinsame Wege mit BMW und auch beim autonomen Fahren zeichnet sich eine solche Partnerschaft ab. Dabei geht es in erster Linie um das Zusammenlegen der Produktentwicklung und den Austausch von Patenten. Doch nicht nur in Deutschland und Europa sind die Stuttgarter auf der Suche nach geeigneten Kooperationen. Im vergangenen Herbst gründeten der Bereich „Mobility Services“ und der chinesische Autobauer Geely ein Joint Venture für einen Ridehailing-Dienst. „Dieser Service soll in diesem Jahr in mehreren Städten in China starten und zunächst aus Mercedes-Modellen bestehen“, sagt Zetsche. Und mit dem Suchmaschinenbetreiber Baidu entwickelt der Konzern im Reich der Mitte derzeit das autonome Fahren weiter.  Beispiele für ein Umdenken. Die Anfänger sind also gemacht. Doch reicht das, um im Kampf mit den mächtigen Tech-Konzernen zu bestehen?

Daimler steht jedenfalls nicht alleine vor dieser Herausforderung. Auch die Konkurrenten VW und Ford suchen jetzt den Schulterschluss, um den Kampf mit den Tech-Riesen nicht abgehängt zu werden. Klar ist: Der Druck auf die Branche wächst. Der designierte Daimler-Chef Ola Källenius muss also auf diesen Feldern einen Gang höher schalten und dabei gleichzeitig in der Umsetzung noch effizienter werden. Sicher kein einfaches Unterfangen. Gelingt das nicht im Eiltempo, könnten Großaktionäre wie Kuwait und Li Shufu, Boss der Automarke Geely, schnell unruhig werden. Das weiß auch der scheidende Boss: „Das Umfeld bleibt äußerst herausfordernd. Deshalb gilt es, weiter intensiv an unserer Effizienz zu arbeiten. Gleichzeitig werden wir die vier entscheidenden Zukunftsfelder unserer Branche weiter vorantreiben: Connectivity, autonomes Fahren, Sharing und Elektromobilität“, so Zetsche.

Zu den finanziellen Ergebnissen: Der Konzernumsatz stieg um 2 Prozent auf 167,4 Milliarden Euro. Das EBIT des Konzerns lag bei 11,1 Milliarden Euro – 22 Prozent unter Vorjahresniveau. Das Konzernergebnis erreichte 7,6 Milliarden Euro. Insgesamt konnte der Konzern 3,4 Millionen Fahrzeuge absetzen, 2 Prozent mehr als 2018. Das teilte Daimler im Rahmen der Jahrespressekonferenz mit.

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