VW Produktion von Elektroautos- Auch beim Wolfsburger Autobauer werden Jobs wegfallen

Mit dem Siegeszug der Elektromobilität stehen den Beschäftigten in der Autoindustrie schwere Zeiten bevor. (Bild: Volkswagen)

Die Angst geht um in der Automobilbranche. Erst erschütterte die Dieselbranche die deutsche Vorzeigeindustrie, jetzt steht der Durchbruch der Elektromobilität vor der Tür. Massive Umwälzungen drohen. Begriffe, wie „Gewinnwarnung“ und „Streichung“ prangen wie Menetekel an den einst so stolzen Unternehmenszentralen in Stuttgart-Untertürkheim, München, Ingolstadt und Wolfsburg. Daimler hat bereits mehrere Gewinnwarnungen herausgegeben, auch andere Autobauer rechnen mit weniger Gewinn in der Kasse. Außerdem trüben der eskalierende Handelskrieg zwischen den USA und China sowie der Brexit die Aussichten. Das „Center of Automotive Management“ (CAM) geht nach wie vor von einem Rückgang des Pkw-Marktes um fünf Prozent aus. Klar ist: Die fetten Jahre sind erst einmal vorbei.

Dazu kommt die Umstellung auf die Elektromobilität, die Milliarden verschlingt. „Sie suchen das Geld überall“, erzählt ein Manager eines deutschen Premiumherstellers. Volkswagen nennt den Sparkurs euphemistisch „Reduzierung der Komplexität“. Neben Motoren- und Getriebevarianten stehen auch ganze Modellbaureihen bei den Autobauern auf der Streichliste. Bei VW wird der Phaeton keinen Nachfolger mehr bekommen, ebenso der Beetle und sogar der Familien-Van Sharan wird zunehmend kritisch beäugt. Daimler streicht die glücklose X-Klasse, das S-Klasse Cabriolet, den SLC und Smart segnet sogar als ganze Marke das Zeitliche. Bei BMW schwebt das Fallbeil über dem 2er Gran Tourer, dem 3er und 6er GT sowie dem 7er mit normalem Radstand. Das Flaggschiff wird in Zukunft nur noch in der langen Variante angeboten. Der BMW Z4 blieb ohnehin nur aufgrund der Kooperation mit Toyota im Programm, auf dem Prüfstand stehen das 2er und das 8er Cabrio sowie das 8er Coupé. Audi prüft das Auslaufen der beiden Sportwagen TT und R8.

Die Verkäufe schwinden und Motoren für Elektroautos brauchen weniger Teile benötigt. Konsequenz: Stellen müssen gestrichen werden. „Die OEMs haben sich in den letzten Jahren Fett angefressen. 30 Prozent weniger Stellen wären verschmerzbar“, sagt ein Insider, der nicht genannt werden will. Der Grund: „Heikles Thema.“ Der Großteil dieses Stellenabbaus soll über den biologischen Stellhebel geregelt werden. Sprich: Jobs, deren Inhaber in Rente oder Altersteilzeit gehen, werden nicht nachbesetzt. Harte Einschnitte bleiben dennoch nicht aus: Bei BMW machen Abfindungsangebote die Runde und Daimlers kränkelnde Nutzfahrzeugsparte will ebenfalls Stellen streichen. Vor allem dem aufgeblähten Management-Wasserkopf soll es an den Kragen gehen. VW und Audi müssen und wollen mehrere Tausend Arbeitsplätze abbauen – allein in Neckarsulm sollen es angeblich 10.000 sein. Audi dementierte umgehend. Das Problem ist zudem, dass viele Stellen noch ein paar Jahre durch überlange Beschäftigungspakte geschützt sind.  

Bei VW wachen das Land Niedersachsen und die starke Arbeitnehmerseite mit Argusaugen über die Arbeitsplätze. Dennoch scheinen ein Stellenabbau und eine grundlegende Überprüfung der Wertschöpfungskette unabdingbar. Vor allem angesichts des globalen Wettbewerbs und den Konkurrenten aus China, denen sich die deutschen Autobauer in Zukunft stellen muss. „30 Prozent müssen es schon sein“, sagt der Experte. Die Einschnitte müssen massiv und konsequent sein, die beliebten Restrukturierungen seien lediglich „Taschenspielertricks, die das eigentliche Problem nicht lösen.“ Professor Stefan Bratzel vom CAM ergänzt: „Mittelfristig muss damit gerechnet werden, dass sich die Renditen und Gewinne auf einem niedrigeren Niveau einpendeln. So müssen die Automobilhersteller die enormen Investitionen in neue Technologien und Geschäftsmodelle wie Elektromobilität, Mobilitätsdienstleistungen, autonomes Fahren aufrechterhalten, um zukunftsfähig zu bleiben. Dabei muüssen sie sich auch gegen neue Wettbewerber im Bereich der E-Mobilität, der Mobilitätsdienstleister und der Digitalwelt behaupten.“ Die Konsequenz seien deutliche Beschäftigungsrückgänge.

Wenn die großen Autobauer husten, kränkelt die gesamte Branche. Vor allem die Zulieferer treffen die Veränderungen hart. Zwar brauchen auch Elektroautos Karosserien, Achsen und Bremsen, aber im Zuge der veränderten Wertschöpfung werden die großen Hersteller erst mal möglichst viel Kompetenzen im eigenen Haus binden – auch, um die Jobs zu sichern. Die Auswirkungen sind bereits sicht- und spürbar. Die großen, sogenannten „Tier 1“-Zulieferer schnallen den Gürtel enger: Continental kappt die Investitionen für die Verbrennungsmotoren und beim Umbau auf die Elektromobilität sollen weitere Stellen wegfallen. Keine Kuh ist heilig. Bei Bosch sind rund 15.000 Jobs mit dem Dieselmotor verknüpft, wie viel davon übrig bleiben, steht in den Sternen. Vermutlich werden es weniger als 10.000 sein, die werden wohl auch in anderen Bereichen eingesetzt werden. Auch bei Schaeffler wird der Job-Sensenmann mehrere Tausend Stellen holen, darunter viele, die nicht nachbesetzt werden. Dabei wird es nicht bleiben, die Transformation der Branche wird schmerzhaft.  

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