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Vialytics hat eine KI für Smartphones entwickelt, durch die der Straßenzustand im Vorbeifahren analysiert wird. (Bild: Vialytics)

Auch wenn die Steuereinnahmen seit Jahren sprudeln, wird die Infrastruktur hierzulande auf Verschleiß gefahren. Auf vielen deutschen Straßen gilt: Rumpeln statt gleiten. Jetzt, nach dem Winter, wird es aufgrund von Frostschäden nochmal schlimmer werden. Dabei ließen sich durch kontinuierliche Wartung heftige Schäden wie Schlaglöcher vermeiden, wenn bereits Risse ausgebessert würden. Dafür permanent Personal auf die Pirsch zu schicken oder gar Tiefbauingenieure ist vielen Kommunen zu teuer. Und das muss auch nicht sein, wie das 2017 von Danilo Jovicic, Patrick Glaser und Achim Hoth gegründete Stuttgarter Startup Vialytics zeigt.

Es geht auch einfacher: Das Startup hat eine KI für Smartphones entwickelt, durch die der Straßenzustand im Vorbeifahren analysiert wird. Fahrer von Müllautos oder Kehrfahrzeugen, die ohnehin unterwegs sind, clippen einfach ihr mit der Vialytics-App aufgerüstetes Handy an die Frontscheibe, das alle vier Meter Fotos von der Straße schießt, die in der Cloud künstlich intelligent ausgewertet werden. Am Ende zeigt eine dynamische Karte, die farblich nach der Schwere der Schäden differenziert, wo Handlungsbedarf besteht.

Teure Technik braucht es nicht: „Wir kombinieren Low- und Hightech“, sagt Jovicic. Die handelsübliche Hardware hat jeder in der Tasche, denn das Smartphone erfasst über seinen Bewegungssensor Erschütterungen, die Kamera liefert Bilder und der GPS-Empfänger lokalisiert exakt den Standort. Hightech kommt erst mit der von Vialytics entwickelten KI ins Spiel. Sie wurde angelernt, um aus diesen Daten ein Schadensbild zu berechnen – vom feinen Riss bis zum kapitalen Schlagloch.

Dabei soll es nicht bleiben. Jovicic und sein Team möchte die Lösung in Richtung Predictive Maintenance, also vorausschauender Wartung, weiterentwickeln: Indem Wetterdaten und solche zum Verkehrsaufkommen miteinander verschnitten werden, sollen künftig Straßenschäden vorhergesagt werden können. Datenschützer können übrigens beruhigt sein, da ein weiterer Algorithmus dafür sorgt, dass alle erkennbaren Personen oder Kennzeichen auf den Fotos automatisch geschwärzt werden. Mithin stehen die Server des Startups in Deutschland und genügen höchsten Sicherheitsstandards. „Unsere Anwendung ist DSGVO-konform“, betont Jovicic. Aktuell nutzen 20 Kommunen in Baden-Württemberg den smarten Schlaglochfinder, darunter Westheim, Schönau und Leinfelden-Echterdingen. Weitere sollen folgen, auch im Ausland. Das Startup ist derzeit deutschlandweit mit etlichen Kommunen im Gespräch.

Die Idee zu der nach eigenen Angaben deutschlandweit einzigartigen Lösung entstand im Rahmen des Innovationsprogramms „Activatr“, bei dem Jungunternehmer, unterstützt von EnBW und Pioniergeist, Ideen für neue Geschäftsmodelle bis zur Marktreife entwickeln. Mittlerweile beschäftigt das Jungunternehmen 16 Mitarbeiter und verfolgt eine Mission: „Wir möchten dafür sensibilisieren, dass stete Instandhaltung von Straßen günstiger als der Neubau ist und vorhandene Mittel durchaus effizient eingesetzt werden können“, unterstreicht Jovicic. Das Werkzeug dafür haben die Stuttgarter.

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