Jan Brecht und Michael Brecht

Ob Daimler-CIO Jan Brecht (l.) und Betriebsratschef Michael Brecht auch in Zukunft so einträchtig sind, wird sich zeigen. (Bild: Claus Dick)

Nicht erst seit der Coronakrise stehen die Kosten in der Automobilindustrie auf dem Prüfstand – und damit auch die Zukunft von tausenden Arbeitsplätzen. Schon im November 2019 kündigte Daimler-Boss Ola Källenius für die nächsten Jahre eine deutliche Verschlankung der Prozesse und Strukturen und damit auch eine Senkung der Personalkosten an. Allein für die Konzernsparte Mercedes-Benz Cars sollen bis Ende 2022 mehr als eine Milliarde Euro an Einsparungen zusammenkommen.

In den ersten Monaten des neuen Jahres musste Daimler seine Sparpläne noch einmal verschärfen: Statt der bis dahin anvisierten 10.000 könnten sogar bis zu 15.000 Stellen konzernweit entfallen. Die anhaltende Coronapandemie tat ihr Übriges zur weiteren Verschlechterung der Situation beim Stuttgarter Premium-OEM: Ende April vermeldete Daimler für das erste Quartal einen Gewinneinbruch von mehr als zwei Milliarden Euro, im Vergleich zum Vorjahr wurden rund 17 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft.

So nimmt es kaum Wunder, dass die Konzernführung um Källenius das notwendige Sparprogramm noch einmal nachjustieren muss – zum Leidwesen der Mitarbeiter. Einem Medienbericht zufolge könnte es nun den so zukunftsentscheidenden Bereich der IT treffen. Wie aus einem Brief des Daimler-Gesamtbetriebsrates hervorgeht, könnten bis Mitte 2021 bis zu 2.000 Beschäftigte in der Konzern-IT – davon 900 allein Deutschland – an Fremdfirmen übergeben werden. Eine Maßnahme, deren Nutzen der Betriebsrat als „fragwürdig“ bezeichnet.

Auf Nachfrage von automotiveIT erklärt der Betriebsratsvorsitzende Michael Brecht die Haltung seines Gremiums: „Als Gesamtbetriebsrat stehen wir Auslagerungen und Fremdvergaben zunächst grundsätzlich skeptisch gegenüber – unabhängig vom Fachbereich. Hinter solchen Überlegungen stehen auch Zukunftsfragen für die Menschen hinter den Funktionen – diese Sorgen muss man ernst nehmen.“ Darüber hinaus seien Fremdvergaben nicht grundsätzlich effizienter oder wirtschaftlicher, so Brecht.

Ob es zu einer solchen Auslagerung überhaupt kommt, steht unterdessen noch nicht fest. „Wir haben eine Gesamtbetriebsvereinbarung, die besagt, dass der Betriebsrat über geplante Auslagerungen rechtzeitig informiert werden muss. Es wurde noch keine Entscheidung getroffen, ob die IT-Bereiche tatsächlich ausgegliedert werden“, betont Michael Brecht.

Eine Aussage, die die Abteilung seines Namensvetters Jan Brecht, CIO bei Daimler, bestätigt. Im IT-Bereich wolle man die internen IT-Kompetenzen weiter auf Softwareentwicklung konzentrieren und Daimler so im digitalen Wettbewerb stärken, heißt es aus der Konzern-IT gegenüber automotiveIT. Zugleich soll die IT in den Bereichen Rechenzentrum, Netzwerke sowie Arbeitsplatz-IT von den Skalierungseffekten und der Innovationsleistung von globalen IT-Unternehmen profitieren. Daher prüfe man derzeit, ob diese Umfänge teilweise an einen externen Partner übergeben werden sollen, eine Entscheidung sei dazu noch nicht gefallen, heißt es bei Daimler.

Eine solche Maßnahme läuft den Plänen von CIO Jan Brecht, die schon weit vor der Krise formuliert wurden, nicht unbedingt zuwider. Der IT-Chef versucht seit einigen Jahren die IT beim Stuttgarter Autobauer schneller und effizienter zu machen und hat hierfür die Konzernstrategie #TwiceAsFast ins Leben gerufen. Zugleich soll der Eigenanteil in der Softwareentwicklung konsequent erhöht werden. Durch strukturelle Maßnahmen sowie gezieltes Einstellen von qualifiziertem Personal habe man es geschafft, diesen Anteil in den letzten drei Jahren um fünf Prozentpunkte zu steigern, erklärte Brecht letztes Jahr in einem Interview mit automotiveIT.

Die zukunftskritischen Bereiche der IT scheinen somit von den Sparzwängen ausgenommen zu sein. Darin sieht Betriebsratschef Michael Brecht auch eine Chance für Mitarbeiter aus anderen Bereichen: „Die Beschäftigten haben trotz aller gefühlter Unsicherheiten eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2029 sowie eine Transformationszusage. Die besagt, dass alternative Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten werden müssen, sollten Funktionen wegfallen.“ Für Brecht könnte der Bereich Software, in den Daimler massiv investieren will, eine solche alternative Beschäftigungsmöglichkeit sein.

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