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Der Absatz von Elektroautos in Deutschland nimmt Fahrt auf, wenn auch nur langsam. (Bild: BMW)

Erst kürzlich hat der ADAC den Finger auf eine sensible Stelle gelegt: die Verformung der Batterie im Falle einer Kollision. Klar: Das Hochvoltsystem mit seinen Kabeln, die die Spannung von der Batterie in den Motor leiten, wird den Stromfluss augenblicklich unterbinden. Kritisch kann es trotzdem werden, wenn ein starker Aufprall Konstruktion und Lage der Batterie in Mitleidenschaft zieht. „Im schlimmsten Fall gehen die Zellen in der Antriebsbatterie durch“, sagen die Experten des ADAC und sprechen von einem sogenannten „Thermal Runaway“ – die Antriebsbatterie fängt an zu brennen und ist nur schwer zu löschen.

Wie Batterien in E-Fahrzeugen bestmöglich geschützt werden können, darüber zerbrechen sich inzwischen nicht nur die Ingenieure in den Entwicklungsabteilungen der Hersteller ihre Köpfe. Auch Allianzen, in denen Unternehmen mit unterschiedlicher Expertise zusammenarbeiten, versuchen einen Beitrag zu leisten. Ein aktuelles Beispiel liefern Klebstoffspezialist Henkel Adhesive Technologies und der Engineering-Dienstleister RLE International. Sie haben eine strategische Partnerschaft geschlossen und rücken zwei zentrale Ansprüche an Elektroautos ins Zentrum ihrer Kooperation: weniger Gewicht, mehr Sicherheit. „Bei der Entwicklung neuer E-Mobilitätskonzepte und Innovationen im Leichtbau stellt das interdisziplinäre Knowhow in Materialwissenschaft und Engineering einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil dar“, ist Christian Kirsten aus der Henkel Business-Unit Transport & Metal überzeugt.

Auf dem Battery Electric Vehicle Architectures Congress Europe in London haben Henkel und RLE Anfang Dezember 2018 einen ersten interessanten Ansatz präsentiert, um Batterieeinheiten in Elektrofahrzeugen der nächsten Generation effektiv zu schützen. Dazu untersuchten sie, ob und welche Vorteile hybride Strukturlösungen im Vergleich zu konventionellen Konstruktionen bringen. Die Studie umfasst die vollständige Simulation von optimierten Kipphebeln und anderen Teilen in Standard-Crashszenarien wie Seitenaufprall oder Front- und Heckkollisionen. Henkel und RLE stießen zudem auf ein erhebliches Leichtbaupotenzial, mit dem sich das zusätzliche Gewicht von EV-Batterien kompensieren ließe.

Die Crashstruktur rund um die Batterie hat entscheidende Bedeutung. Wichtigste Komponente ist der Seitenschweller. Bild: Audi

„Wir haben herausgefunden, dass der Schutz von Batterien im Fall eines Crash durch hybride Strukturbauteile, die aus einer Kombination von faserverstärkten Kunststoffen und speziell entwickelten Hochleistungs-Strukturschaumstoffen bestehen, optimiert werden kann”, erklärt David Caro, der bei Henkel die weltweite Entwicklung des Bereichs OEM Design in der Business-Unit Transport & Metal leitet. Während der glasfaserverstärkte Kunststoff einen festen Rahmen bildet, dehnt sich der Strukturschaum – eingespritzt in präzise definierte Abschnitte des Trägers – im E-Coat-Ofen aus und stellt eine steife Verbindung zwischen der Hybridstruktur und anderen Teilen der Rohbaueinheit her. Im Vergleich zu Ganzmetallplattformen lässt sich die Struktur an jede gewünschte Geometrie anpassen. Lokal versteifende Schaumrippen zum Beispiel werden exakt dort eingesetzt, wo sie benötigt werden. Wird die Hybridlösung bereits in der frühen Designphase integriert, eröffnet sie darüber hinaus neue Möglichkeiten im Leichtbau. Die Befestigung der Teile kann mit herkömmlichen Befestigungselementen wie Clips oder Punktschweißen erfolgen. So wird nicht nur das Gewicht reduziert, auch die Montage gestaltet sich einfacher.

Eine der Schlüsselkomponenten, die im Falle eines Aufpralls der Batterie im Unterboden Schutz gibt, ist der Seitenschweller. Er erstreckt sich seitwärts entlang der Wanne, die die Batteriepacks trägt. Henkel und RLE haben das Potenzial von Strukturschaumprofilen untersucht, um zielgerichtet das Gewicht dieser Seitenschweller zu reduzieren und gleichzeitig einen ausreichenden Batterieschutz sicherzustellen. Ziel der Simulationen war es, das perfekte Gleichgewicht zwischen Verformung und Steifigkeit zu finden. „Einerseits muss die Crash-Energie durch Verformung der Kipphebelteile absorbiert werden. Andererseits müssen die Teile so steif sein, dass die Energie aus einem Seitenaufprall in die Sitzquerträger geleitet wird“, erklärt David Caro. Auch hier waren die Ergebnisse viel versprechend: Durch eine intelligente Bauteilgeometrie mit Rippen oder lokal dickeren Wandabschnitten, die bestimmte Bereiche im Seitenschweller stärker versteifen als andere, kann die gängige Struktur deutlich verbessert werden. Würde man das Hybrid-Strukturkonzept zudem auf weitere Fahrzeugteile übertragen, die Einfluss auf die Integrität der Batterieeinheiten haben, ließen sich die Vorteile des neuen Rocker-Panel-Designs weiter maximieren. Laut David Caro könnte die erreichbare Gewichtsreduktion pro Fahrzeug bei bis zu zehn Kilogramm liegen.

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