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Mit einem neuartigen Elektromotor möchte das bayerische Startup Volabo der nachhaltigen E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen. (Bild: Volabo)

Florian Bachheibl und Adrian Patzak sind bodenständige Typen. Nüchtern, sachorientiert. Nichts ist ihnen fremder als wohlklingende Wortschwälle, die manch andere Gründer zum Besten geben, um mächtig Eindruck zu schinden. Doch wenn es um ihre Idee geht, fallen selbstbewusst formulierte Sätze wie: „Wir wollen den besten und effizientesten Elektroantrieb der Welt bauen“, wozu sie eine „Revolution in der elektrischen Antriebstechnik“ anzetteln werden. Aha. Ist das so?

Ihre Firma heißt Volabo, was aus dem Lateinischen stammt und „Ich werde fliegen“ bedeutet. Die Idee, die die beiden gerade zum Fliegen bringen, ist ein neuartiger Elektromotor, den sie Intelligent Stator Cage Drive (Iscad) nennen. Das Besondere daran: Statt aufwendiger Kupferspulen verwendet der Motor handelsübliche Alustäbe – sie sorgen dafür, dass er günstiger und kompakter als ein üblicher Asynchronmotor ist und den Autos eine längere Reichweite beschert. 25 Prozent mehr sind drin. Das versprechen jedenfalls Patzak und Bachheibl. „Wir wollen der nachhaltigen E-Mobilität zum Durchbruch verhelfen“, unterstreicht Patzak. Und dafür haben er und sein Team gängiges Denken auf den Kopf gestellt: Nicht die Batterie ist das Problem, sondern der Motor.

Der Intelligent Stator Cage Drive benötigt keine hohen induzierten Spannungen wie ein üblicher E-Antrieb mit Kupferspule. Dadurch ergibt sich ein wesentlicher Vorteil: „Es wird eine extreme Performance von mehr als 300 kW bei sicheren Batteriespannungen möglich“, erklärt Bachheibl. Während konventionelle Stromer mit Batteriespannungen von 400 Volt betrieben werden, damit sie wie Verbrenner aus dem Knick kommen, gibt sich der innovative Motor aus Ottobrunn mit 48 Volt zufrieden. Das ist dem Statorkäfig aus massiven Aluminiumstäben zu verdanken, die nicht nur dicht gepackt sind. Jeder Stab lässt sich einzeln ansteuern. Weil jeder Stab über eine eigene Elektronikeinheit mit Strom versorgt wird, lässt sich der „Motor stets in seinem Wohlfühlbereich halten“, wie es Bachheibl beschreibt. Fast genauso, wie das der Fahrer eines Autos mit Verbrennungsmotor durchs Schalten macht.

Daher sprechen die Ingenieure bei ihrer Lösung auch von einem „virtuellen Getriebe“. Statt Zahnräder zu bewegen, lässt sich unter anderem durch elektronisches Umschalten der Polpaarzahl das Magnetfeld im Motor beliebig formen. Effekt: Der Punkt des maximalen Wirkungsgrades des E-Motors kann über das gesamte Drehzahl-Drehmoment-Kennfeld gestreckt werden.

Das heißt auch, dass die Elektronik relativ aufwendig ist, um maximale Leistung bei größter Effizienz aus der Antriebseinheit zu holen. So kommt die nach WLTP gemessene höhere Reichweite um 25 Prozent zustande. Und weil durch den effizienteren Motor die Batterie kleiner ausgelegt werden kann, wird Gewicht gespart. Dieses Plus kann durch eine größere Batterie natürlich auch in mehr Reichweite umgesetzt werden.

Die Gründer räumen ein, dass durch die intelligente Ansteuerung der Kostenvorteil in der Produktion des Alu-Motors weitgehend aufgefressen wird. Die Technik rechne sich aber trotzdem: „Nachdem die Batterie derzeit als Hauptkostenfaktor rund 40 Prozent eines E-Autos ausmacht, kann durch eine kleinere Dimensionierung ein Viertel der Kosten gespart werden“, rechnet Patzak vor. Mehr noch: Autohersteller müssen beim Umstieg auf übliche Hochvoltsysteme Vertriebs- und Wartungsstrukturen mit hohem Aufwand umkrempeln, um den Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden, betont Bachheibl. „Das entfällt mit unserem 48-Volt-System.“

Insgesamt versprechen sich die Unternehmensgründer sinkende Kosten in Entwicklung, Produktion und Produkt, weil keinerlei Maßnahmen zur Hochvoltsicherheit ergriffen werden müssen, worüber sich auch Betreiber von E-Auto-Flotten freuen dürften. Und: „Die konsequente Umsetzung von Iscad im Kleinspannungsbereich macht das System elektrisch betrachtet inhärent sicher“, sagt Patzak. „Plus- und Minuspole der Batterie können bedenkenlos berührt werden, ohne dass eine Gefahr für die Gesundheit besteht. Selbst bei schweren Fahrzeugunfällen ist ein elektrischer Schlag ausgeschlossen.“

Dank seiner kompakten Bauform braucht der Motor ein Drittel weniger Platz, mithin ist die Fertigung in sehr hohen Stückzahlen einfacher als bei allen gewickelten E-Motoren. Ein idealer Ansatz für die Elektromobilität. Diese Vorteile führten ursprünglich zu der Idee: Am Lehrstuhl für elektrische Antriebstechnik und Aktorik der Universität der Bundeswehr in München tüftelten Florian Bachheibl und Adrian Patzak als wissenschaftliche Mitarbeiter unter der Ägide von Dieter Gerling an Möglichkeiten, die Produktion von Elektromotoren zu vereinfachen, da es schlicht zu teuer und zeitaufwendig ist, Kupfer zu wickeln. Es musste doch eine einfachere Lösung mit simplen Strukturen geben …

Nun suchen die Gründer Investoren, um in die Massenproduktion ihrer Lösung einzusteigen. Die Autoindustrie ist interessiert und hat bislang durch Forschungs- und Kundenprojekte das Startup finanziert. Der Motor befindet sich im Prototypenstadium, wobei Bachheibl betont, dass „die technischen Risiken aus dem System herausentwickelt“ seien und es nun Zeit für den letzten Schliff auf dem Weg zur Marktreife sei. Die soll innerhalb der nächsten beiden Jahre erreicht werden. Seit Sommer surrt ein von Volabo umgebauter VW Touran mit 110 kW über die Straßen.

Die Serienproduktion soll in fünf Jahren stehen, dann werden andere Abnehmer ins Visier genommen: „Der Antrieb eignet sich nicht nur für Autos, sondern auch für elektrische Boote, Flugzeuge und Lkw, vor allem dann, wenn diese unter harten Bedingungen betrieben werden, beispielsweise im Bergbau“, erläutert Bachheibl. Tatsächlich scheint es so, als ob sich rund um Elektroantriebe eine Revolution ankündigt – sie könnte das K.o. für Kupferwicklungen bedeuten.

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