Klimawandel_Staedte

Hitze ist in Phoenix nichts Ungewöhnliches. Wenn die Temperaturen im US-Bundesstaat Arizona auf 30 Grad Celsius steigen, ist es erst April. Ab Juni erreicht das Thermometer durchschnittlich 40 Grad, erst im September sinkt die Tageshöchsttemperatur auf 38 Grad. Dass allerdings die Luftdichte nicht mehr ausreicht, damit Flugzeuge sicher abheben können, ist ein neues Phänomen. Eine Lösung wäre, stärker zu beschleunigen. Aber das macht längere Startbahnen notwendig. Weil es die in Phoenix nur beschränkt gibt und Maschinen des Typs Bombardier CRJ nur bis 47,8 Grad zugelassen sind, blieben sie im Frühsommer 2017 am Boden.

Mit erwarteten 40,3 Millionen Flügen in diesem Jahr trägt die Luftfahrtindustrie selbst zum Temperaturanstieg bei. Bis 2050 sollen die Emissionen ein Viertel des globalen CO2-Ausstoßes ausmachen, so sagen es Zahlen der International Coalition for Sustai­nable Aviation voraus. Wissenschaftler der University of Reading zeigen in einer Studie aus dem Jahr 2017 ein weiteres Problem auf: Die wärmeren Temperaturen könnten stärkere Turbulenzen in wolkenfreier Luft zur Folge haben. Die Ergebnisse der Berechnungen sind nichts für nervöse Flieger. So sollen ab 2050 Klarluftturbulenzen auf Reiseflughöhe über dem Atlantik um sagenhafte 181 Prozent zunehmen, über Europa um 161 Prozent. 

Moderne Mobilitätskonzepte sind gefragt

Zurück am Boden in Europa verbreiten sich Flugscham und Hitzewellen. Der Sommer 2019 war von Rekordtemperaturen geprägt: von Deutschland über Frankreich, Österreich und die Schweiz bis hin nach Spanien. Städter haben unter der Hitze besonders zu leiden. Während im Umland Bäume und Wiesen heiße Sommer ein wenig erträglicher machen, speichern Straßen und Gebäude die Wärme, um sie in der Nacht abzugeben. Das engere Zusammenrücken im urbanen Raum verschärft die Lage.

Laut den Vereinten Nationen leben 55 Prozent der Weltbevölkerung in Städten, bis zum Jahr 2050 sollen es zwei Drittel sein. Die gute Nachricht ist, dass Städte beginnen, Mobilität einfacher zugänglich zu machen. Doch je häufiger Hitzewellen auftreten, umso wichtiger sind nachhaltige Veränderungen bei Infrastruktur und Konsumentenverhalten. Szenarien dazu gibt es viele, eines stammt aus dem Zukunftsreport von McKinsey. „Nahtlose Mobilität“ wird darin mit einem gut geölten Uhrwerk aus Robotaxis beschrieben, die sich die Straßen mit E-Scootern, Fahrrädern, Bussen und Zügen teilen. Auch die Zahlen stimmen: Die Leute kommen zehn Prozent schneller, 35 Prozent billiger und um 85 Prozent umweltfreundlicher ans Ziel.

Die Praxis freilich sieht anders aus. Park-&-Ride-Programme können zu „unerwünschten Effekten“ wie verstärktem Autoverkehr oder geringerer Nutzung von Fahrrädern führen. Auch kostenlose innerstädtische Verkehrsmittel gehen manchmal auf Kosten des Radverkehrs. Hinzu kommt das Konzept des Ridesharing, das den Autobesitz im städtischen Raum einst senken sollte, aber dazu führte, dass die Straßen nun mit Uber-Fahrzeugen verstopft sind. Häufig hängt der Erfolg neuer Mobilitätsprojekte am exakt geplanten Testbetrieb.

Als die US-Westküstenstadt Portland vor zwei Jahren probeweise 2.000 Elektroscooter zuließ, hatte man seine Hausaufgaben gemacht. Die Stadtverantwortlichen verlangten vom Betreiber anonymisierte Daten über jede Fahrt: wann und wo diese begann, welche Route genommen wurde, wo sie endete. Der Testbetrieb wurde schließlich ausgeweitet, weil ein Drittel der Benutzer auf das eigene Auto oder einen Ridesharing-Dienst verzichtete und Besorgungen lieber mittels E-Scooter erledigte.

Um der Hitzeabstrahlung der Straßen entgegenzuwirken, sind einige Städte dazu übergangen, sie weiß zu streichen. Los Angeles etwa verwendet eine wasserbasierte Versiegelung, die rund ein Drittel der Sonnenstrahlen reflektiert. Laut Angaben des Herstellers TopGuard lässt sich mit dem Produkt die Oberflächentemperatur unter bestimmten Bedingungen um bis zu 15 Grad Celsius senken. Die Kosten für den kühleren Kopf im Stau: an die 25.000 US-Dollar pro Kilometer.

Projekte wie „New York City CoolRoofs“, das 2009 ins Leben gerufen wurde, verfolgen dasselbe Prinzip, nur auf Flachdächern. Die reflektierende weiße Farbschicht hilft, die Abstrahlwärme der Dächer und damit die Umgebungstemperatur und Nutzung von Klimaanlagen zu bremsen. Der Unterschied für Bewohner der Gebäude, insbesondere ohne Klimaanlagen, kann beträchtlich sein. Forscher des Lawrence Berkeley National Laboratory studierten die Chicagoer Hitzewelle von 1995. Seinerzeit starben in nur fünf Tagen 739 Menschen an den Folgen der Hitze. Ein Risikofaktor, den die Wissenschaftler identifizierten: im obersten Stock eines Gebäudes mit dunklem Dach zu wohnen.

Bäume gegen Hitze

Um die Hitze im Verkehrsraum erträglicher zu machen, pflanzt die texanische Stadt Austin verstärkt Bäume auf Parkplätzen. 15 Autostunden nordöstlich, in Louisville, sollen die Betonwüsten mit insgesamt 450 000 Bäumen aufgelockert werden. Die Temperaturen in der Innenstadt liegen bis zu zehn Grad über jenen des Umlandes, der Schritt ist dringend notwendig. Ähnliche Pläne hat auch Nashville – dort sollen eine halbe Million Bäume helfen, die Sommerhitze aufzulockern.

Frischer Baumbestand ist gemäß einer Schweizer Studie überhaupt der beste Weg, um die globale Erwärmung zu bekämpfen. Eine Billion neuer Bäume könnten insgesamt rund 750 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen, verkündeten Wissenschaftler der ETH Zürich im Journal Science. Die Lösung sei kostengünstig und Platz für die Jungwälder gäbe es auch genug.

Was sich im kleineren Rahmen machen lässt, versuchten Forscher der University of Chicago herauszufinden. Grüne Dächer in Städten reinigen nicht nur die Luft, sondern senken auch die Umgebungstemperatur. Je mehr, desto besser scheint hier allerdings nicht zuzutreffen – zumindest nicht in Chicago. Zu viel Dachbegrünung, so das Ergebnis, würde die Luftfeuchtigkeit deutlich erhöhen und zusätzlich den vom Lake Michigan kommenden Windfluss behindern. Das will in der „Windy City“ natürlich niemand.

Bilder: Unsplash

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