Eine Zukunftsstadt mit vielen verschiedenen Mobilitätsformen wie etwa autonomen Shuttles.

In Zukunft wird Mobilität durch eine Vielzahl neuer und alter Verkehrsträger und Geschäftsmodelle bestimmt sein. (Bild: Bosch)

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Der Mobility Services Report 2020 wurde vom CAM in Kooperation mit carIT erstellt und beleuchtet die Mobilitätsdienste der Auto- und Digitalbranche. Sie können die Studie ab sofort hier herunterladen.

Das Jahr 2020 wird in den Kosmos neuer Mobilität ohne Zweifel als das Jahr eingehen, in dem die sich gerade erst entwickelnden Konstanten in gehörige Schieflagen geraten und aufstrebende Sterne schneller wieder erlöschen, als es die größten Skeptiker und Traditionalisten vorausgesagt hätten. Zum einen drückt der Strukturwandel in der Autoindustrie mit Antriebswende und Digitalisierung auf die Stimmung, andererseits bedroht die anhaltende Corona-Pandemie zahlreiche New Mobility Provider, die ihre Geschäfte auf der weitgehend uneingeschränkten Mobilität der Menschen aufgebaut haben.

Konsolidierung der Services

„Die Coronakrise wirkt wie ein Katalysator auf den aktuellen Ausleseprozess bei neuen Mobilitätsdienstleistungen“, sagt auch der Direktor des Center of Automotive Management (CAM), Stefan Bratzel. „Steigende Kosten und schärfere Hygienevorschriften bei gleichzeitig sinkender Nutzerzahl setzen vor allem kleinere Akteure im Feld enorm unter Druck. Hinzu kommt, dass durch die Pandemie die Neigung zu Kooperationen zugenommen hat“, konstatiert der Automobilexperte. Bratzel und sein wissenschaftliches Team vom CAM haben die Entwicklungen des vergangenen Jahres genau beobachtet und zusammen mit carIT den neuen Mobility Services Report für das Jahr 2020 veröffentlicht.

Die Studie hat über 450 Services von Autoherstellern, Digitalplayern und Mobility Providern in den Bereichen Fahrdienstvermittlung, Carsharing, Charging Services, Parkplatzdienste, multimodale Dienste, Mikromobilität und Urban Air Mobility quantitativ und qualitativ erfasst und analysiert. Wie bei der Schwesteruntersuchung, der Connected-Car-Innovation-Studie (CCI), wird bei den erfassten konkurrierenden Dienstleistungsangeboten im Mobility Services Report eine Servicestärke anhand eines gewichteten relationalen Index ermittelt, der sich beispielsweise aus Marktgrößen wie Kundenanzahl oder Flottengröße zusammensetzt.

Player mit enormer Marktdurchdringung

Eine zusammenfassende Erkenntnis fern der Folgen der Viruspandemie: „Mobility Services bleiben 2020 in einer Transitionsphase, in der nicht eindeutig zu umreißen ist, wie sich die Mobilitätswelt der Zukunft im Detail zusammensetzen wird“, konstatiert Studienleiter Bratzel. Besonders anspruchsvoll ist eine solche Prognose bei Dienstleistungen, die sich im Bereich des Schwerpunktthemas des MSR 2020, den multimodalen Diensten, tummeln – die eigentliche Königsdisziplin der Future Mobility. Denn entsprechende Geschäftsmodelle umfassen vom Prinzip her sämtliche Verkehrsträger (ÖPNV, Carsharing, Privattaxi, Micromobility et cetera) vereint auf einer einzigen Plattform, über die Nutzer ihre gesamte Reise planen, durchführen und letztendlich auch bezahlen können.

Das CAM unterteilt diesen Haupttyp noch in die drei Servicetypen Mobilitätsassistent, multimodales Routing und entsprechende multimodale Provider. In allen drei Bereichen tummeln sich sehr diverse Akteure, mit unterschiedlichen Interessen. Vor allem beim Routing und bei den Providern haben sich bereits hochdynamische Ökosysteme mit enormen Nutzerzahlen und einer bemerkenswerten Marktdurchdringung etabliert. Hierbei spielen Datengiganten wie Google oder Alibaba eine gewichtige Rolle, die mit ihren Plattformen als Schlüssellieferanten der Daten an multi- und intermodale Anbieter gelten. Letztere werden wiederum von chinesischen Unternehmen Didi Chuxing mit einer halben Milliarde Nutzern in beachtlichen 1000 chinesischen Städten und dem hierzulande relativ unbekannten Meituan-Dianping mit 450 Millionen Usern in 54 Städten des Reichs der Mitte dominiert.

Eine Statistik zu der Anzahl der Servicetypen in der MSR-Studie.
Alle Haupt- und Servicetypen auf einen Blick. Quelle: CAM

Autobauer zwischen Scheu und Innovation

Aber auch das Joint-Venture-Angebot von Daimler und BMW kann sich auf dem Markt der Multimodalität sehen lassen. Dahinter folgen noch Uber und der französische Autokonzern PSA, beide mit einer mittleren Marktdurchdringung. „Services dieses Haupttyps befinden sich immer noch in einer Frühphase der Entwicklung und sind zugleich auch sehr voraussetzungsvoll“, betont Experte Stefan Bratzel. „Akteure müssen eine Vielzahl an Diensten und Verkehrsträgern koordinieren können, es bedarf eines hohen Levels an Datenkompetenz und es darf keine Scheu vor Kooperationen geben.“

Diese Scheu haben beispielsweise die etablierten Unternehmen aus der Autoindustrie – aus ihrer Sicht zum Glück – mittlerweile abgelegt. Das beweist unter anderem das gute Abschneiden von Daimler und BMW im MSR 2020. Das Joint Venture Your Now beherrscht über alle Mobilitätsformen hinweg das Ranking der Servicestärke bei den weltweiten OEMs. Dahinter folgen mit deutlichem Abstand der Volkswagen-Konzern, der sich auf Parkplatzdienste und Carsharing fokussiert hat, der chinesische Geely-Konzern mit dem Ridehailing-Dienst Cao Cao und einigen Volvo-Angeboten sowie PSA mit dem Free2move-Portfolio.

Bisweilen gehen die Autobauer jedoch noch zögerlich mit dem Geschäft der neuen Mobilität um. Denn sie tragen fortwährend einen Rucksack mit sich herum, den neue Player aus der Big-Data-Welt nicht haben: „Die Autohersteller müssen sich ein Stück weit entscheiden, ob sie das Ownership-Modell auf den suburbanen und ländlichen Raum beschränken und Sharingkonzepte in Kombination mit autonomer Mobilität in der Stadt forcieren wollen“, sagt CAM-Direktor Bratzel. Diese Zerrissenheit ist in der Automobilindustrie vor allem in Zeiten der Krise besonders spürbar. Daher scheint nach Ansicht von Studienleiter Stefan Bratzel klar zu sein: „Die Phase des Experimentierens, in der Geld keine Rolle spielt, scheint in jedem Fall vorbei zu sein.“

Eine Statistik zu der Mobilitätsdienstleistungsstärke der Autobauer nach Haupttypen des MSR.
So stark sind die Autobauer bei den jeweiligen Mobilitätsdienstleistungen vertreten. Quelle: CAM

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