JLR Gedruckte Elektronik

„Lightweight Electronics in Simplified Architecture“ (LESA) könnten sich zum Gamechanger im Fahrzeuginnenraum entwickeln. (Bild: JLR)

Verschwindet, ihr Schalter und Steuergeräte! Künftig wird komplexe Elektronik einfach ausgedruckt oder in Bauteile eingegossen. Daran arbeitet nun auch die Autoindustrie. Allen voran Jaguar Land Rover. „Das Gesundheitswesen, die Luft- und Raumfahrt, die Konsumgüter- und die Militärindustrie profitieren bereits von den Vorteilen strukturierter Elektronik“, sagt Ashutosh Tomar, Electrical Research Technical Manager, der bei Jaguar Land Rover (JLR) die Entwicklung auf diesem Gebiet vorantreibt. Warum nicht auch die Autoindustrie? „Unser Forschungsteam bringt diese neuen Technologien nun erstmals in automobile Cockpits. Wir sind überzeugt, dass LESA die Zukunft der Fahrzeugelektronik ist.“

LESA steht für „Lightweight Electronics in Simplified Architecture“. Die Technik ermögliche unter anderem schalterlose, individualisierte Innenräume, auf Holzfurnier aufgedruckte Displays, einfach herzustellende gebogene OLED-Displays, Solarpanels und Berührungssensoren. Vor allem aber: „So lässt sich Gewicht einsparen“, betont Tomar, „Der Wegfall traditioneller Steuergeräte eröffnet Gewichtseinsparungen von bis zu 60 Prozent und bis zu 14 Mal flachere Teile.“ Das konnten die Briten bereits mit dem Prototyp einer Bedieneinheit zeigen. Im Grunde wird hier das Prinzip von Wearables, also in Kleidung integrierter Elektronik, auf das Auto übertragen.

Weil Kabel, Sensoren und Steuerungselemente in allen nichtmetallischen Materialien direkt eingegossen oder aufgedruckt werden können, eröffnen sich neben neuen Gestaltungsmöglichkeiten Package-Vorteile, außerdem sind etwa Sensoren durch ihre Kapselung länger haltbar. Tomar spekuliert zudem auf Kostenvorteile: „Die Herstellung von LESA-Devices in großem Maßstab ist einfacher und kann in einem automatisierten Prozess erfolgen, was Kosten reduziert. Außerdem wird die Anzahl der nötigen Teile reduziert, was die Produktionsgeschwindigkeit erhöht und die Kosten senkt.“

Um strukturierte Elektronik in Bauteile einzubringen oder auf Oberflächen zu drucken stehen einige erprobte Verfahren zur Verfügung. Seit Jahren praktizieren unter anderem Fraunhofer-Forscher sämtliche Spielarten des „Functional Printing“ mit etlichen Materialen (funktionale Tinten, Pasten Kunststoffe, Metalle), die per Siebdruck, Tampondruck, Dispensverfahren, Inkjet- oder Aerosol Jet-Drucktechniken auf nahezu beliebige Oberflächen aufgebracht werden. Mit Hilfe von Computer-Aided-Design faltet JLR ein Bauteil zunächst regelrecht auf, um in das nun flächige Werkstück einen elektronischen Schaltkreis zu drucken, um es dann, fast wie ein Sandwich, wieder zuzuklappen beziehungsweise in komplexere 3D-Formen zu bringen.

Somit verstecken sich Bedienelemente und die Technik im Auto, weswegen von Shy-Tech – „schüchterner Technik“ – die Rede ist. Ein Ansatz, den auch Continental mit seinen „Morphing Controls“ verfolgt: Hinter einer Art Kunstleder verstecken sich Schaltflächen, die erst erscheinen, wenn man sich ihnen mit der Hand nähert. Dann poppen hinterleuchtete Schaltoberflächen und Knöpfe auf, mit denen zum Beispiel die Klimaanlage bedient werden kann. Nach getaner Arbeit verschwinden sie wieder hinter unauffälligen glatten Oberflächen. Auch wenn solche Entwicklungen erst am Anfang stehen: Die Autoindustrie setzt zum finalen Schlag im Krieg gegen die Knöpfe an.

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