Digitale Fabrik

als ereignisgesteuert oder diskret bezeichneten Simulation werden Wahrscheinlichkeiten bei Prozessen oder Abläufen berücksichtigt, und das prädestiniert sie für den Einsatz sowohl in der Produktion als auch in der Logistik. Damit können die Planer Abläufe nicht nur in der Fertigung, sondern in der gesamten Supply Chain durchspielen – in der Regel für ein gesamtes Jahr. Prozessabläufe können verbessert, die im Kosten-Nutzen-Vergleich günstigsten Maschinen sowie deren benötigte Anzahl ermittelt, der Platzbedarf zum Beispiel für Materiallagerung bestimmt und Durchlaufzeiten optimiert werden. Dann müssen die Daten nicht mehr mühsam aus Excel-Listen im Warenwirtschaftssystem zusammengestellt werden, sondern die wichtigen Informationen werden auf einem Bildschirm zusammengeführt.

Dieses „Alles-auf-einen-Blick-Cockpit“ zeigt auf Knopfdruck alle relevanten Kennzahlen, mit denen unter anderem der Bedarf für die Materialan- oder Produktauslieferung sichtbar wird und die Auswirkungen von Problemsituationen bis auf den Euro genau ermittelt werden können: Lohnt es sich zum Beispiel, beim zeitweiligen Ausfall eines Lieferanten zu einem anderen zu wechseln, der etwas teurer ist? Oder ist es sinnvoller, auf das Ende des Lieferengpasses beim bewährten Geschäftspartner zu warten? Selbst zu erwartende Fehler und Maschinenausfälle sagt die dynamische Ablaufsimulation voraus. „Da werden virtuell die Mechaniker geholt sowie die Reparatur- und Ausfallzeiten ermittelt“, erklärt Kuttler. „Vor allem erhält man so Angaben darüber, wie häufig bestimmte Maschinen ausfallen und diese Ausfälle eingeplant werden müssen.“ In der Supply Chain können zum Beispiel potenzielle Engpässe durch temporäre Lieferausfälle samt ihren Auswirkungen ermittelt, Abläufe vereinfacht und so Einkaufsprozesse optimiert werden.

 

Bei der Ermittlung möglicher Fehler oder ineffektiver Prozesse in der Supply Chain gibt es so manche Überraschung. Kuttler nennt da gern einen Betrieb als Beispiel, der einem Kunden eine simple Dichtungsersatzschraube liefern soll. Es stellte sich heraus, dass bei den extrem geringen Herstellungskosten der Verwaltungsaufwand für die Ersatzbeschaffung von der Rechnungsstellung über den Warenabgleich bis zur Auslieferung diese Fertigungskosten beträchtlich überstieg. „Der Betrieb entschloss sich, die Ersatzschrauben kostenfrei auszuliefern – und das bis heute.“

Besonders sinnvoll ist die dynamische Ablaufsimulation bei der Planung oder Erweiterung einer Fabrik. Die OEMs und großen Zulieferer arbeiten aber auch oft permanent mit diesem System. Die KMUs hingegen sind da skeptisch. Sie scheuen zumeist den personellen Aufwand und die damit verbundenen Kosten, denn es müssen ein oder mehrere Mitarbeiter monatelang geschult und anschließend für die Simulation abgestellt werden. „Das passiert sehr selten. Da holen die sich lieber nach einem Jahr wieder die externe Firma und machen quasi eine neue Planungsphase“, schildert Kuttler seine Erfahrung aus der Praxis. Fazit: Ablaufsimulationen helfen, Prozessabläufe deutlich zu verbessern. Oftmals stehen sich die Betriebe bei der Entscheidung für ein solches System selbst im Weg.

Autor: Gert Reiling

Foto: Siemens

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