Infiniti kommt nach Deutschland

Infiniti probt den Markteintritt In Deutschland. Die Nissantochter will im Herbst an den Start gehen. DIe Philosophie im Vertrieb: Nissan darf aus Kostengründen sein – aber nur dort, wo es kein Kunde sieht. Das gilt auch für die IT

Die selbstbewussten Statements aus der Schweizer Europazentrale machen klar: Infiniti ist nicht wie andere Marken. Und das Luxuslabel von Nissan hat auch andere Probleme. Um Dinge wie „Absatzvolumen“ zerbrechen sich derzeit eher die Widersacher den Kopf. Bei der japanischen Nobelmarke bleibt man indes noch gelassen. Der Grund: Infiniti ist noch nicht auf dem deutschen Markt. Und damit sie erst gar nicht in den Strudel der Krise geraten, verschieben die Verantwortlichen den für April geplanten Markteintritt in Deutschland auf „Herbst 2009″ – ohne dabei den Blick zu senken: „Die Aufgabenstellung an das Europateam lautet, die Marke Infiniti erfolgreich in Europa einzuführen und mittelfristig als eine glaubwürdige Premiummarke zu etablieren“, so Jürgen Schmitz, Regionaldirektor für Deutschland und Osteuropa gegenüber automotiveIT. Kompromisse passen nicht zu dieser Vorgabe. Da die Modelle anfänglich nur in homöopathischer Dosis verkauft werden, würde ein missglückter Start das sichere Aus bedeuten. Also lieber noch einmal den Termin schieben, um die Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden.

 

– Infiniti will schließlich nicht Viele begeistern, sondern einige Wenige. Die dafür aber nach-haltig. Der Vorteil: Man beginnt in Deutschland nicht bei null. Erfahrung hat die Marke bereits sammeln können. Über eine Million Kunden hat das Label – seit der Geburtstunde im Jahre 1989 in den USA – bisher weltweit überzeugt. Nissan-Chef Carlos Ghosn, auch verantwortlich für die zum Renault-Nissan-Konzern gehörende Marke Infiniti, zum Europastart: „Infiniti geht es nicht darum, das zu tun, was alle anderen auch tun. Es geht nicht darum, herkömmliche, konservative Vorstellungen von Luxus zu kopieren. Wir werden nicht versuchen, der großen Masse alle Wünsche zu erfüllen, sondern einigen Menschen alles zu bieten.“ Eine glasklare Vorgabe. Allerdings fängt auch jede Unendlichkeit – denn dafür steht der Name Infiniti – offenbar einmal klein an. Allzu detaillierte Fragen zur informationstechnologischen Organisation sollte man in dieser Phase jedoch lieber nicht an die Verantwortlichen stellen, denn auch konkrete Aufgabenstellungen werden derzeit eher abstrakt abgehandelt. Die Betreiber der geplanten 13 exklusiven Infiniti-Center in Deutschland stehen jedenfalls vor großen Heraus-forderungen: Infiniti wird nicht einfach beigemischt. Weder die Räumlichkeiten noch die Serviceleistung – noch die im Hintergrund verwendete IT – dürfen nach außen irgendeinen Vergleich mit den Markenschwestern Nissan oder gar Renault zulassen. Doch vermeiden kann man es trotz aller Exklusivität nicht zur Gänze.

 

Denn das Kostenargument scheint im Krisenjahr inzwischen auch die Infiniti-Sphäre zu berühren, wie Regionaldirektor Schmitz zugibt. „Wo es im so genannten Backoffice-Bereich Sinn macht, arbeiten wir natürlich mit Nissan zusammen, vor allem dort, wo der Kunde es nicht sehen kann.“ Infiniti muss letztlich die Synergie-effekte der IT nutzen, alles andere wäre betriebswirtschaftlich auch nicht vertretbar und würde vom Vertrieb nicht akzeptiert. Mit anderen Worten: Bei DMS und CRM separiert sich Infiniti zwar im Frontendbereich marken-technisch und optisch von Nissan. „Im Hintergrund kann es aber einzelne Fälle geben, in denen wir auf dasselbe DMS zurückgreifen“, so Schmitz. In Frage kommen „Autac“ oder „Formel 1″ von Cardis oder „Dracar+“ von ADP sowie „C/A/R/E“ von ASC und „WerWieSo“ von Betzemeier. Diese Systeme decken eine Vielzahl von Funktionen ab und sind bereits konzernintern erprobt. Wobei jedes System auch spezifische Stärken aufweist. Dracar+ ist beispielsweise in der Finanzbuchhaltung stark, „C/A/R/E“ wiederum in der Zeitwirtschaft. Wer der Hersteller der Infiniti-exklusiven Variante sein könnte, will der Importeur noch nicht preisgeben. Die Verhandlungen laufen offenbar noch.

 

Klar ist: Hohe Ansprüche wecken hohe Erwartungen bei der exklusiven Kundschaft. Eine Minimallösung wird es also vermutlich nicht geben. Sie muss letztlich den gehobenen Wünschen genügen. Damit nicht genug. Die ange-dachte Vertriebsqualität muss bei allen Partnern auf Dauer sichergestellt sein. Kein einfaches Unterfangen. Das zeigen mitunter die Probleme bei der Konkurrenz. Infiniti setzt deswegen auf eine streng zentralistische Organi-sation. Schmitz: „Wir kommunizieren direkt mit unseren Handelspartnern – einem Partner pro Land, außer Deutschland und Großbritannien -, so dass keine Kommunikation über Importeursgesellschaften verloren gehen kann. Wir erhalten so direkt das Feedback unserer Partner. Daher können wir von der Zentrale in der Schweiz einerseits den Auftritt im Rahmen vorgeben, aber auch beratend begleiten, um eine Einheit sicherzustellen.“ Die komplette Abwicklung der Geschäfte sowie jegliche Kommunikation erfolgen über ein eigenes Infiniti-Online-Portal für den B2B-Bereich. Dieses dient den Infiniti-Centern als ein zentraler Zugang zu allen Anwendungen, Informationen und Updates. Mitarbeiter haben an dieser Stelle, je nach ihrem jeweiligen Aufgabenbereich, Zugriff auf diverse Programme und finden unter anderem eine Hilfestellung zur Bearbeitung von Problemen. „Das Portal ist eine professionelle Lösung für die gesamte Kommunikation zwischen Infiniti Europe und den Infiniti-Partnern“, fasst ein Sprecher zusammen. Die Europazentrale in der Schweiz wiederum kümmert sich auch zentral um das so genannte Interactive Marketing sowie um Schulungen der zukünftigen Handelspartner. Jetzt muss die Nissan-Tochter nur noch den Marktstart auf die Reihe bringen. Sonst wird die Infiniti-Story letztlich doch noch zu einer unendlichen Geschichte.

 

Autor: Georg Winter

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