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Stefan Bratzel (CAM) spricht mit carIT über Kaufprämien für Elektroautos und den Stand der E-Mobility in China. (Bild: CAM)

Die politische Diskussion um Kaufprämien für Elektroautos nähert sich langsam einer verbindlichen Entscheidung, allerdings gehen die Meinungen hinsichtlich der optimalen Form der Förderung teils deutlich auseinander. carIT hat mit dem Automobilexperten Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management über optimale Förderformen der E-Mobility, Meilensteine auf dem Weg zur Elektrifizierung des Verkehrs und die Lage Deutschlands im internationalen Vergleich gesprochen.

Stefan Bratzel: Kaufprämien bergen die Gefahr eines teuren Strohfeuers, wenn sie nicht in ein langfristiges regulatorisches Gesamtkonzept eingebettet sind. Aus meiner Sicht ist der geringe Markterfolg von reinen Elektrofahrzeugen in erster Linie kein Nachfrage-, sondern ein Angebots- beziehungsweise Innovationsproblem. Tesla zeigt ja, dass durch innovative Technologiepakete, attraktives Design und clevere Marketing- und Vertriebskonzepte eine hohe Begehrlichkeit für Elektroautos geschaffen werden kann. Ein gut gemeintes finanzielles Anschieben der E-Mobilität durch Subventionen kann zu einem industriellen Aufschieben der notwendigen Elektromobilitäts-Innovationen führen. Besser wäre das Geld in Grundlagenforschung angelegt oder vollständig in eine Schnellladeinfrastruktur.

Viele Käufer in Deutschland stehen dem Elektroauto derzeit skeptisch gegenüber. Welche Schwellenwerte bei Preis, Reichweite, Ladezeiten und Dichte der Infrastruktur müssen Ihrer Meinung nach erreicht werden, damit sich dies ändert?

In die seit Jahren bekannte R-I-P-Falle der Elektromobilität, Reichweite-Infrastruktur-Preis, tappen immer noch viele Hersteller. Sie hängen natürlich zusammen. Je niedriger die Reichweite desto dichter muss die Schnellladeinfrastruktur sein. Ich erwarte erst dann eine große Nachfrage, wenn E-Autos im Realbetrieb 350-450 km weit kommen und gleichzeitig im 5 km Umkreis von Städten sowie auf Autobahnen genügend Schnellladestationen vorhanden sind. Der Preis darf nicht viel teurer sein als der von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, es sei denn es gibt weitere regulatorische Anreize wie etwa bevorrechtige Einfahrt in Innenstädte, Parkplätze et cetera.

In einer Studie des Center of Automotive Management schreiben Sie, der chinesische Markt für Elektroautos habe sich zwischen 2014 und 2015 auf das dreifache Volumen vergrößert. Was können die deutsche Automobilwirtschaft und Politik sich hier abschauen?

China hat mit der Luftverschmutzung in Städten einen großen Problemdruck und möchte zudem, dass die einheimischen Hersteller beim Thema Elektromobilität international wettbewerbsfähig werden. Entsprechend macht die Regierung klare politische Vorgaben und handfesten Druck in punkto Elektromobilität. Neben den finanziellen Förderungen wird massiv in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert. Die kommunale Arbeitgeber wurden verpflichtet, dass ein Teil ihrer Fuhrparks Null-Emissionsfahrzeuge sein müssen. Während die Zulassung von konventionellen Fahrzeugen in großen Städten kontingentiert wird oder sehr teuer ist, kommen Käufer von Elektroautos schneller an Nummernschilder. Außerdem werden Sie an Smog-Tagen von Fahrverboten ausgenommen und viele Städte geben die Busspuren für E-Autos frei oder bieten preisreduzierte Parkplätze. Aber auch in China kommt die E-Mobilität langsamer voran als erhofft.

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