Die Maxime lautet: „Die IT muss mit den Fach- und allen anderen Unternehmensbereichen auf Augenhöhe kommunizieren“, so Andreas Bunderla, CIO von Witte Automotive in Velbert (automotiveIT 04/2011). Als er vor drei Jahren die IT-Verantwortung bei dem mittelständischen Autozulieferer übernahm, war das nicht einmal annähernd der Fall. Doch der neue CIO setzte ein Konzept um, das die IT-Struktur des Unternehmens von Grund auf veränderte. Unterschiedliche Systeme im Soft- und Hardwarebereich, dazu auch unterschiedliche ERP-Systeme bei den Tochterfirmen und ein SAP-System, das durch eigenständige Erweiterungen deutlich vom Standard abwich: Das war 2007 die Ausgangslage mit einem entsprechend hohen Verwaltungs- und Wartungsaufwand sowie Problemen bei neuen Anforderungen und Weiterentwicklungen. An eine Prozessoptimierung war so nicht zu denken, auch der Servicegedanke spielte im Selbstverständnis der IT keine Rolle. Bunderla leitete einen kompletten Paradigmenwechsel ein. Wandel von der technikorientierten zur prozessorientierten IT, Eingliederung der IT-Strategie in die Unternehmensziele und damit auch eine bessere Positionierung der IT-Abteilung im Unternehmen, lauteten seine Ziele. Eine Grundvoraussetzung war dazu natürlich die Standardisierung der IT-Landschaft unter der Prämisse der SAP-Komplettierungsstrategie. Früher konnte sich ein Mitarbeiter aus Velbert in den ausländischen Witte-Werken nicht einmal einloggen, heute kann jeder in jedem Werk problemlos arbeiten. In einem Meta-Directory regeln maximal zwei Administratoren die gesamte User-Verwaltung mit allen Zugriffsrechten.

Der Weg zu einer zukunftsfesten ITStrategie hatte aber noch weitere Stolpersteine, wie Bunderla schildert: „Bis dahin war Infrastruktur alles – Hauptsache, ich habe meinen PC und kann arbeiten. Anforderungen aus dem Unternehmen wurden durch eine Abteilung Geschäftsprozessoptimierung gesammelt und dann an die IT weitergereicht.“ Diese Abteilung wurde komplett gestrichen, um die IT näher an die Fachabteilungen zu rücken. Schulung und Weiterbildung wurden forciert – nicht zuletzt mit dem Ziel, Geschäftsprozesse besser verstehen zu können. Denn nur so war es möglich, von einer nur reagierenden zu einer agierenden und kreativen IT zu kommen: „Jetzt gehen von der IT selbst Vorschläge zur Prozessoptimierung an die Fachabteilungen, statt nur auf Anforderungen aus diesen Abteilungen zu reagieren“, sagt Andreas Bunderla. Umgesetzt wurde auch die Automatisierung der Datenerfassung (BDE/MDE), bisher ein immenser manueller Aufwand angesichts von 288 000 Fehlermerkmalspositionen bei Witte in Velbert und sogar 1,4 Millionen beim Werk im tschechischen Nejdek – die Firma deckt den kompletten Bereich Schließsysteme für fast alle deutschen OEMs in der Autoindustrie ab und hat entsprechend viele Produkte mit noch viel mehr Varianten. Besonders wichtig war es Bunderla, einen Servicedesk zu schaffen. Der ist die zentrale Anlaufstelle von Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern zum Unternehmen und seinen Geschäftsprozessen. Die Aufgaben sind klar verteilt, für potenzielle Probleme gibt es ein Eskalationsmanagement. Optimale IT-Dienstleistung ist kein Endprodukt, sondern muss ständig weiterentwickelt werden, auch bei Witte. Das heute erreichte Niveau kommentiert der CIO so: „Wir haben nicht nur die Organisation gestrafft und die Qualität verbessert. Unsere IT ist jetzt ein Treiber für innovative Prozesse und Technologie.“ Dazu kommt ein Aspekt, der der Geschäftsführung besonders gut gefallen dürfte: Mit weniger Personal werden mehr Systeme und Anwender betreut. Die Aufgaben von früher etwa 40 Mitarbeitern bewältigen jetzt 31. Kosten von mehr als einer halben Million Euro jährlich werden so gespart. Auch das hat den Stellenwert der IT bei Witte gesteigert. Der CIO berichtet jetzt direkt an den CEO und bei allen wichtigen Entscheidungen und Planungen sitzt die IT mit am Tisch. Vor allem durch diese frühe und umfassende Beteiligung kann sie ihr Motto „Agieren statt reagieren“ kontinuierlich in die Tat umsetzen. Der Zukunftsfähigkeit dürfte das nicht schaden.

Autor: Gert Reiling

 

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