In einer immer komplexeren und sich scheinbar schneller drehenden Welt herrscht an einer Ware großer Mangel: Zeit. Sie geht vor allem auf den verstopften Straßen und Autobahnen der Metropolen der Welt verloren. Dann wird der Weg zur Arbeit oder zum nächsten Termin zum unvermeidlichen Minus-Geschäft. Dieses akute Problem der Mobilität ist eines der Kern-Themen auf dem ersten Audi Summit in Barcelona, auf dem der Premium-OEM in erster Linie sein neues Flaggschiff, .
Die Ingolstädter wollen sich wie so viele andere auch als „Digital Car Company“ – wie Vertriebsvorstand Dietmar Voggenreiter seinen Arbeitgeber auf dem Event bezeichnete – positionieren und das Premium-Erlebnis für das digitale Zeitalter neu definieren. Dazu gehört auch dem Fahrer in Zukunft mehr Zeit zu verschaffen, die er früher eventuell in seinem Wagen liegen lassen musste. Das Ganze läuft unter dem Stichwort „Audi AI“, in dem das derzeit höchstbeliebte Technologie-Versprechen von Künstlicher Intelligenz mitschwingt. „Unsere Autos sollen mithilfe von Audi AI die 25. Stunde des Tages möglich machen“, sagte Audi-Chef Rupert Stadler bei der Brand Show rund um den neuen A8.
Diese zusätzliche Stunde am Tag soll durch den Einsatz selbstfahrender Autos und Technologien künstlicher Intelligenz zustande kommen. Zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) untersucht Audi die Zeitnutzung im autonomen Auto unter eben dem Projektnamen „25. Stunde“. „Wenn Autos keine Lenkräder mehr haben, lässt sich Premiummobilität neu definieren. In Zukunft können Menschen auf dem Weg von A nach B entspannt im Internet surfen, mit ihren Kindern spielen – oder konzentriert arbeiten“, sagt Melanie Goldmann, Leiterin der Kultur- und Trend-Kommunikation bei Audi. Das Projekt folgt der Annahme, dass eine intelligente Mensch-Maschine-Schnittstelle individuelle Präferenzen der Nutzer lernt und sich flexibel anpasst. Ein Ansatz, den auch Autohersteller wie Toyota in ersten Pilotprojekten verfolgen.
Doch was Audi in Barcelona als Revolution der Mobilität verkauft, ist freilich noch Zukunftsmusik, wenn auch nicht unbedingt realitätsfern. Harte Realität sind derweil Audis Bestrebungen beim Thema autonomes Fahren: Mit dem Audi A8 bringt der Premium-OEM seinen vor zwei Jahren in einem RS7-Prototypen gezeigten Piloten erstmals in Serie. Die Oberklasse-Limousine kann auf der Autobahn in Stausituationen bis 60 km/h die Fahraufgabe übernehmen, während sich der Fahrer beispielsweise einem Video oder einer Office-Aufgabe zuwenden kann.
Die zahlreichen Sensoren und Laserscanner im A8 liefern dabei Unmengen an Daten, die in Audis Steuergerät-Prunkstück, dem zFAS, zusammenlaufen. „Das zFAS ist das absolute ‚Super Brain‘ für Level 3 High Automation“, sagte Audi-Entwicklungsvorstand Peter Mertens in Barcelona. Auf Level 3 SAE sollen Fahrzeuge selbsttätig Fahraufgaben und Monitoring übernehmen können. Ob der A8 demnächst tatsächlich autonom durch verstopfte Straßen schlängeln kann, hängt weiterhin vom Fortschrittsglauben des Gesetzgebers ab.
Auf dem markenexklusiven Event in Kataloniens Hauptstadt wollte Audi derweil nicht nur mit seinem neuen Flaggschiff groß auftrumpfen. Auf dem Audi Summit präsentierte sich der OEM als komplett durchdigitalisierter Hersteller: von der Entwicklung mit Virtueller Realität bis zur Fabrik mit intelligenten Robotern und dem Vertrieb mit neuester Digitaltechnik war in dem eigens angelegten „Brand Space“ alles zu finden, was die Ingolstädter in Sachen digitaler Transformation leisten wollen. Ein beeindruckendes Spektakel, das zeigt, dass bei Audi trotz anhaltender Probleme in der Diesel-Thematik längst eine neue Zeitrechnung begonnen hat.