Die Autoindustrie trumpft auf dem Genfer Salon mit ihren klassischen Stärken auf: viel PS, rassiges Design und immer ausgefuchsteres Fahrverhalten kennzeichnen die Modellneuheiten für das kommende Jahr. In Wahrheit geht es aber zunehmend weniger um kW und PS. Bits und Bytes werden die klassischen Kenngrößen immer mehr ablösen.
Ob Kleinstwagen oder Supersportler – kein neues oder auch nur geliftetes Modell kommt heute mehr ohne Internet- und Smartphone-Anschluss aus. Der Debütant Opel Karl integriert das Handy genauso im Bordsystem des Autos wie die zweite Auflage des Audi R8. Beim ebenfalls in der Schweiz debütierenden VW Touran II zählt das neue vernetzte Infotainment neben leichtem Platzzuwachs und Gewichtsverlust gar zu den wichtigsten Veränderungen. Auch eher kleinere Hersteller wie Jaguar Land Rover krempeln nach jahrelanger Vernachlässigung ihre digitalen Nutzeroberflächen um.
Dass die forcierte Vernetzung nur der Anfang einer Entwicklung ist, lässt sich in Genf ahnen, wenn man genauer hinhört. Denn neben den physisch vorhandenen Modellen geistern auch zwei Phantome durch die Hallen des Palexpo-Centers: das Google Car und das Apple iCar. Noch gibt es ersteres nur in Kleinstauflage und zweites lediglich als Idee – doch Gesprächsthema ist das autonom fahrende Duo an fast jedem Stand. Auch wenn sich VW-Chef Martin Winterkorn und Daimler-Lenker Dieter Zetsche zuletzt demonstrativ unbesorgt über die mögliche künftige Konkurrenz geäußert haben, hat der Kampf um die Informations-Hoheit an Bord der Autos längst begonnen. An den im Auto anfallenden Nutzerdaten hängen die Geschäftsmodelle der Zukunft. Landen sie bei den IT-Multis, werden die Autohersteller zu reinen Hardware-Unternehmen. Und auch diese Position ist wackelig, sollten Apple und Google tatsächlich auch selbst in die Fahrzeugproduktion einsteigen.
Flankiert wird die Hochleistungsschau einmal mehr von einem Massenauflauf der SUV – schon lange kein Trend mehr, sondern altbekannter Status Quo. Audi will mit dem Plug-in-Hybrid-Luxusliner Q7 E-Tron etwa belegen, dass auch große Allrader sparsam sein können. Gerade in den größeren Autoklassen ist ein derartiger Antrieb schwer in Mode, ermöglicht er doch als eine Art technischer Zwitter emissionsfreies Fahren wie mit dem Elektroauto, ohne auf eine große Batterie angewiesen zu sein. War der Steckdosen-Hybrid bislang vornehmlich in den oberen Fahrzeugklassen zu finden, zieht er nun zunehmend auch in den zivileren Modellen ein, wie die Premieren entsprechender Versionen von VW Passat und Mercedes C-Klasse zeigen. sp-x/Red