Eion Lkw-Fahrer hält im Mercedes-Benz Trucks Werk in Wörth ein Smartphone aus dem Fenster, damit der QR-Code eingescannt werden kann.

Lkw-Fahrer müssen bei der Einfahrt auf das Werksgelände lediglich einen QR-Code einscannen. (Bild: Daimler)

Bei rund 500 Lkw-Anlieferungen pro Tag stoßen menschliche Fähigkeiten im Werk von Mercedes-Benz Trucks in Wörth am Rhein an ihre Grenzen. Um diesen Anlieferungsverkehr des Lkw-Aufbauwerks zu bewältigen, setzt der OEM bereits seit 2015 auf die Lkw-Steuerungssoftware Syncro­Supply des Aachener Unternehmens Inform. Im Juli dieses Jahres wurde sie im Zuge eines Pilotprojektes am rheinland-pfälzischen Standort zum Rückgrat einer neuen Lösung, die momentan auch für das Pkw-Werk in Sindelfingen eingeführt und danach auf weitere Standorte wie Bremen ausgerollt werden soll. Ziel sei ein digitales Abbild der Transportprozesse – von der Lieferantenrampe bis zur Entladung, erläutert Oliver Berger, Manager Inbound Network Digitalization and Planning Mercedes-Benz Trucks.

Mithilfe der Plattform SyncroSupply Central wurde bislang die Kommunikation innerhalb der Lieferkette gebündelt und vereinheitlicht, nun können Spediteure und Lkw-Fahrer am Desktop und als App auf eine unternehmenseigene Applikation zurückgreifen: das von der Daimler-Tochter Fleetboard Logistics entwickelte Habbl-Portal. „Wir hatten zuvor eine Kommunikation, die Steuerungsinformationen aus den Systemen nicht an andere Applikationen wie etwa die Habbl-App übertragen konnte“, so Harald Marx, CEO Fleetboard Logistics. „Um die Einführung zu beschleunigen, haben wir uns entschlossen, einen Einstieg in die Lösung zu finden, der ohne Verbindung zum Transportmanagementsystem der Spediteure auskommt.“

Digitalisierung des Logistikprozesses

Bislang sei deshalb zunächst die Anmeldung des Spediteurs oder Lieferanten notwendig, der ein Zeitfenster für die Anlieferung bucht. Mittels GPS-Ortung des Mobilgeräts oder der On-Board Unit des Lkw kann die Lieferung im Zulauf verfolgt und die voraussichtliche Ankunftszeit berechnet werden. Selbst Pausenzeiten können im Laufe des nächsten Jahres über den Fahrtenschreiber automatisch zur Berechnung der ETA (Estimated Time of Arrival) herangezogen werden, lässt Marx vorausblicken. Die während der Fahrt gewonnenen Daten werden durchgehend an die SyncroSupply-Instanz des Werkes übermittelt, so dass Leitstelle und Materialdisponenten die Lieferungen unter anderem auf einer Karte verfolgen können. Erreicht der Lkw schließlich die beiden Geofences um das Werk, übermittelt die Software nach und nach detailliertere Fahranweisungen auf die Habbl-App des Fahrers.

Anstatt an der klassischen Lkw-Leitstelle anzuhalten, auszusteigen und sich zu registrieren, kann er direkt am Werkstor seinen QR-Code einscannen und zum Warte- oder Entladeplatz auf dem Gelände vorfahren – ebenfalls mit Navigationshilfe durch die Habbl-App. Dort angekommen, entscheidet der heuristische Algorithmus der Inform-Lösung, welcher Lkw aufgrund von Verspätungen, geladener Fehlteile oder drohendem Standgeldanspruch die höchste Priorität genießt und bestimmt eine optimale Entladungsreihenfolge. „Ohne ein derartiges System würde wahrscheinlich derjenige Lkw, der am nächsten am Tor steht, hereingerufen werden“, verdeutlicht Matthias Berlit, Bereichsleiter Industrielogistik und Mitglied der Geschäftsleitung bei Inform. Sobald der Lkw entladen und das Material im Werksbestand ist, endet der Prozess. Einzig Stapleraufträge werden bereits mittels Schnittstellen an mobile Endgeräte übermittelt. Künftig soll laut Berlit jedoch auch der innerbetriebliche Transport in einer Gesamtlösung für die Inbound-Logistik verschmolzen werden. 

Das Infotainment-System eines Lkw von Daimler mit de Fahranweisungen von der Habbl-App.
Die Fahranweisungen der Habbl-App können auch über das Infotainment-System des Lkw ausgespielt werden. (Bild: Daimler)

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