Es fehlt das Verständnis

Wann immer über Standardisierung im Zusammenhang mit Industrie 4.0 diskutiert wird, fällt der Begriff OPC-UA. Das M2M-Kommunikationsprotokoll ist wichtig für die Vernetzung in der Fabrik, weil mit ihm Daten maschinenlesbar ausgetauscht werden können. Aber es löst nur einen Teil des Problems.

Wenn unterschiedliche Maschinen mithilfe des gleichen Protokolls miteinander kommunizieren, heißt das noch nicht, dass sie sich auch verstehen. Denn häufig nutzen sie verschiedene Datenmodelle. „Mit OPC-UA haben wir quasi Briefumschlag, Postverteilzentrum und Briefträger“, erklärt Gunther Kegel „Doch der Brief muss trotzdem noch geschrieben werden und der Empfänger muss in der Lage sein, diesen auch zu lesen.“ Kegel ist CEO von Pepperl + Fuchs – einem Unternehmen, das elektronische Bausteine und Sensoren für die Automatisierung unter anderem in die Automobilindustrie liefert. Daneben ist er Präsident des Technologieverbands VDE, der bei den Themen Standardisierung und Normierung aktiv ist.

Was in der Fabrik noch fehlt, ist das Verständnis. Die Maschinen haben verschiedene Aufgaben im Produktionsumfeld und verfügen daher über unterschiedliche Datenstrukturen. Bei einer Werkzeugmaschine zum Beispiel geht es um Werte wie Temperatur oder Druck, bei einem Roboter werden Daten zur Bewegung im dreidimensionalen Raum erzeugt.

Entscheidend ist die Semantik. Software muss verstehen, was mit bestimmten Daten gemeint ist. Google ist bereits in der Lage, die Semantik von bestimmten Schlüsselwörtern zu erkennen, wenn diese in die Suchmaske eingegeben werden. „In der Fabrikautomation nützt es uns aber nichts, wenn wir auf eine Anfrage 40.000 Antworten erhalten wie das bei der Internetsuche der Fall ist“, sagt Kegel. „Wir brauchen eindeutige Ergebnisse.“

Thomas Kleinert von Continental kennt das Problem. „In bestimmten Werken arbeiten wir seit einigen Jahren an einem Standard des Datenmodells, den wir unseren Lieferanten vorgeben“, sagt Kleinert, der bei Continental im Konzernbereich CEP (Central Electronic Plants) als Head of Data Management and Application tätig ist. In diesen Fällen werde dieses Problem ein Stück weit abgeschwächt.

„Insgesamt ist das aber eine große Herausforderung und erfordert letztendlich eine Einzelfallbetrachtung für jede Maschine, die Teil eines Use-Cases wird“, so Kleinert. „Über die Zeit werden wir hier mit Standardisierung an einer globalen Perspektive arbeiten müssen.“

Nicht nur Conti arbeitet an dem Problem. Der eCl@ss-Verein, dessen Mitglieder aus der Wirtschaft, aus Verbänden und öffentlichen Einrichtungen kommen, treibt eine gleichnamige Spezifikation voran. Mit dieser lassen sich Produktstammdaten austauschen. Der Verein sieht eCl@ss als Voraussetzung für einen semantischen Standard, der im Internet der Dinge genutzt werden soll. Damit bewege man sich in die richtige Richtung, glaubt auch Kegel.

Autor: Markus Strehlitz

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