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Volvo-Chef Håkan Samuelsson gemeinsam mit Mitarbeitern des neuen Werks in Charleston, South Carolina. (Bild: Volvo/Wolfgang Groeger-Meier)

„Jetzt sind wir ein wirklich internationaler Autobauer“, freute sich Volvo-Chef Håkan Samuelsson zur Eröffnung des neuen Werks der Schweden im Südosten der Vereinigten Staaten. Nahe der Küstenstadt Charleston werden bereits in diesem Jahr rund 1500 Mitarbeiter die Limousine S60 produzieren, die zeitgleich mit der Eröffnung der Fabrik enthüllt wurde. 

Das Werk bei Charleston ist das größte Bauprojekt seiner Art im ländlichen Raum, wie Handelsminister Bobby Hitt erklärt.

Zu den Fakten: Die Anlage ist rund 650 Hektar groß, die bebaute Fläche beträgt rund 215.000 Quadratmeter. Das Werk umfasst Karosseriebau, Lackiererei, Endmontage, das Vehicle Processing Center sowie ein Verwaltungsgebäude für bis zu 300 Mitarbeiter aus Forschung und Entwicklung, Einkauf, Qualität und Vertrieb. Über eine Milliarde Dollar hat sich der Autobauer das kosten lassen. 

Wie es sich für eine brandneue Fabrik gehört, ist das Charleston-Werk auch intelligent vernetzt, wie Produktionsvorstand Javier Varela auf Nachfrage von automotiveIT deutlich macht. „Big Data-Tools und Predictive Maintenance sind bereits ab dem Start integriert.“ Fahrerlose Transportsysteme, Mensch-Roboter-Kollaboration oder 3D-Druck werden in derzeit in Europa erprobt oder eingesetzt. „In der nächsten Ausbaustufe des Werks kommen diese Technologien aber auch nach Charleston“, so Varela.

Mitarbeiter im Werk bereiten sich an Testfahrzeugen auf die Serienproduktion vor.

Mit dem Bau des US-Werks schließt sich für Volvo ein Kreis: Die Schweden hatten das Ziel formuliert, in jedem ihrer wichtigsten Märkte zu produzieren. In Europa fertigt Volvo in Göteborg und Gent, in China rollen die Fahrzeuge in Chengdu und Daqing vom Band. Der wichtige US-Markt – im vergangenen Jahr verkaufte Volvo in der Region Amerika rund 100.000 Fahrzeuge (global: 571.000) – war bislang fertigungstechnisch noch nicht besetzt. Doch jetzt sei man auch in den USA zuhause, wie Volvos Amerika-Chef Anders Gustafsson sagt. 

Eine Zufallsauswahl war Charleston sicherlich nicht. „Wir haben uns einige Standorte angeschaut, auch Mexiko. Ausschlaggebend war letztlich auch die Unterstützung von South Carolina“, erzählt Samuelsson. Kein Wunder, der Bundesstaat hat bereits seit mehr als 25 Jahren Erfahrungen mit BMWs Werk in Spartanburg gemacht, wie South Carolinas Handelsminister Bobby Hitt ergänzt: „Da kommt es natürlich auch zu einer gewissen Kettenreaktion. Volvo hat sich natürlich ganz genau angeschaut, was BMW hier macht.“ Etwas schmunzelnd schickt Hitt hinterher, man sei jetzt ein Premium-State. 

Politisch kommt die Werkseröffnung zur Unzeit: Der schwelende Handelsstreit zwischen den USA und Europa hält vor allem die Autobranche in Atem. „Wir haben keinen Plan B“, gibt Samuelsson ehrlich zu. Man hoffe einfach, dass man wie geplant für die 4000 Arbeitsplätze sorgen könne.

Vorerst muss Volvo ungeachtet der Rahmenbedingungen weitergehen. Zunächst wird in wenigen Wochen die Vorserie starten, am 27. August ist dann SOP für den S60. Gearbeitet wird zunächst in einer Schicht, organisiert wird nach dem Kaizen-Prinzip. Auch die nächsten Schritte für die Fabrik sind bereits klar: Ab 2021 wird auch die neue Generation des XC90 in den USA vom Band laufen. Wenn das Werk auf Hochtouren läuft, können 150.000 Fahrzeuge jährlich produziert werden. 

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