SOA

 

Die Kernidee einer Service-orientierten Architektur (SOA) ist leicht erklärt – gerade für die Autoindustrie, die mit Plattformstrategien groß geworden ist und die Vorteile baugleicher Komponenten kennt. So einleuchtend die Idee einer SOA jedoch ist, so herausfordernd sind die Fragen, denen sich die IT-Verantwortlichen dabei stellen müssen.

 

Ansatzpunkte für SOA liegt im Bereich der B2B-Integration. Wenn die Verzahnung zwischen den Automobilherstellern und -zulieferern über den kompletten Produktlebenszyklus enger wird, steigt auch der Bedarf an elektronischer Vernetzung – vom ersten Fahrzeugkonzept über Produktentwicklung und Produktion bis hin zu Garantie, Service und Entsorgung. Dem starken Zuwachs digitaler Prozesse steht heute eine zunehmende Vielfalt an E-Business-Plattformen gegenüber, die häufig als Einzelprojekt auf Anforderung eines Fachbereiches oder eines Partners realisiert werden. Lieferantenportale entwickeln sich so zu mächtigen Plattformen und integrieren zahlreiche interne Applikationen, über die externe Partner beispielsweise aktuelle Qualitätskennzahlen abrufen oder Reklamationen bearbeiten können. Während gerade große Zulieferer darauf drängen, diese Informationen auch im XML-Format zu erhalten, haben gleichzeitig die EDI-Infrastrukturen noch lange nicht ausgedient. In Zukunft wird diese Vielfalt und Heterogenität der elektronischen Geschäftsbeziehungen nur durch eine sorgfältig geplante B2B-Architektur zu bewältigen sein. Mit (Web-)Services, welche die Geschäftslogik als selbstbeschreibenden Service über das Internet zur Verfügung stellen, liefert SOA die Grundlage für den Datenaustausch und die externe Prozessintegration. Da der Weg von der SOA-Vision zur Realität erfahrungsgemäß weit ist, wurde die SOA-Idee im Rahmen von „SOA in Automotive“ ausgearbeitet – bis hin zu einer konkreten Zielarchitektur für das technische Änderungsmanagement und der Pilotierung als „Proof of Concept“. Neben einem Forscherteam der Universität St. Gallen und der European Business School waren Automobilhersteller und -zulieferer (wie BMW, Hella KGaA, Magna Steyr, Siemens VDO, ZF) sowie Technologieanbieter (unter anderem SAP, IBM, BEA) beteiligt. Eine SOA kann die Vielfalt und Heterogenität in B2B-Integrationsbeziehungen eindämmen und dazu beitragen, dass beliebige Lieferanten mit beliebigen Kunden die „gleiche Sprache“ an den Prozess- und Systemschnittstellen sprechen (m:n-Fähigkeit). Web-Services, die einer SOA zugrunde liegen, nutzen offene Internetstandards und sichern so eine wesentlich höhere Plattformunabhängigkeit und Interoperabilität als Vorgängertechnologien, insbesondere EDI. Überbetriebliche elektronische Vernetzung funktioniert mit einer SOA nur dann reibungslos, wenn alle Partner Web-Services mit gleicher Semantik verwenden, das heißt, sich auf ein fachliches Service- Design einigen. Idealerweise ergänzen so also Fachstandards die technische Standardisierung im überbetrieblichen Bereich. Im Rahmen von „SOA in Automotive“ wurde daher die VDA-Empfehlung 4975 für das technische Änderungsmanagement in m:n-fähige Prozesse und Services überführt. Diese Spezifikation eines Web-Services und der Prozessinteraktion als Choreographie verringert den Abstimmungs- und Integrationsaufwand beim Aufbau neuer elektronischer Geschäftsbeziehungen.

 

Mit SOA kann ein Unternehmen eine skalierbare und flexible E-Business- Plattform aufbauen, die im Vergleich zur projekthaften Umsetzung die internen Kosten erheblich reduziert. SOA ermöglicht es, die Anforderungen mehrerer Partner und Prozesse in einer E-Business-Plattform abzudecken und die Funktionalität, die in vielen B2B-Beziehungen benötigt wird, als wiederverwendbaren Service zu realisieren. Durch Konvergenz der Plattformen für B2B-Integration und Enterprise Application Integration (EAI) lassen sich überbetriebliche Service- Aufrufe eng mit den internen Workflows koppeln, die eine Weiterverarbeitung und Integration in die entsprechenden internen Backend-Systeme sicherstellen. Diese Aspekte wurden in der Zielarchitektur aus „SOA in Automotive“ für das technische Änderungsmanagement weiter ausgearbeitet: Die Basisfunktionalität wurde in Form von Services realisiert, wie beispielsweise die Authentifizierung von externen Partnern oder die Validierung von XML-Nachrichten. Die bestehenden Anwendungssysteme, hier PLM- oder Änderungsmanagementsysteme, stellen Geschäftslogik als Service zur Verfügung, der innerhalb eines Workflows aufgerufen wird. Ein wichtiger Pluspunkt besteht in der Änderbarkeit und Anpassungsfähigkeit dieser Workflows an partnerspezifische Prozessvarianten oder Datenformate. Da die Interaktion mit dem externen Partner über ein Web-Frontend oder über einen Service-Aufruf realisiert werden kann, lassen sich verschiedene Varianten der B2B-Integration mit der gleichen Plattform realisieren.

 

Fazit: SOA bietet einen viel versprechenden Ansatz, um die Vielfalt und Heterogenität der elektronischen Geschäftsbeziehungen zu bewältigen. Service-orientierte Ansätze sind auch für weniger hochvolumige und strukturierte Kooperationsprozesse, wie in der Produktentwicklung oder im Qualitätsmanagement, geeignet.

 

Autorin: Christine Legner

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