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Lutz Fügener spricht im Interview mit carIT über die User Experience im Fahrzeug von morgen. (Bild: Robert Kah / imagetrust)

Es scheint, als ob in der Produktentwicklung kein Autobauer mehr um User-Experience-Design herumkommt. Ist das gut so?

Die Frage ist zunächst, was unter UX-Design überhaupt verstanden wird? Da scheiden sich die Geister; eine allgemeingültige Definition gibt es nicht. Von der Denkweise her kommt UX aus der IT. Und da fragt es sich schon, ob die Ansätze ohne weiteres auf die Autoindustrie übertragen werden können? Es ist eben ein Unterschied, einen Supercomputer so zu gestalten, dass ihn der Nutzer einfach bedienen kann und keine Angst vor dessen Komplexität hat, oder ein Auto. Sofern halte ich die reine Übertragung des UX-Ansatzes aus der Welt der Software in die physische Welt des Transportes mitunter für fraglich. Dennoch: Das Thema Benutzerfreundlichkeit und -erlebnis ist natürlich auch im Automobilbau extrem wichtig. Ob es dafür ein neues Modewort braucht, sei dahingestellt.

Wieviel UX-Design tut einem Auto gut?

Die Grundfrage muss immer lauten: Brauche ich eine digitale Lösung oder eine physische? Das Auto wird ungeachtet aller Vernetzung, Assistenzsystemen und Möglichkeiten des autonomen Fahrens immer ein physisches Objekt bleiben. Fast panisch fixiert sich die Autoindustrie auf das stringente Vorgehen der Megakonzerne Alphabet und Apple. Doch die Welt der Mobilität ist eine andere – im hohen Grad dinglich, physisch. Den Transport von Menschen und Gütern kann man nicht digitalisieren. Das oft verwendete Narrativ des „Smartphones auf Rädern“ als Antwort auf die Fragen der Übertragbarkeit scheint wie eine Übersprunghandlung, eine Beruhigungsgeste.

Wo liegen also die Grenzen des UX-Hypes?

UX-Design, das auf digitale Nutzererfahrungen zielt, hilft wenig, wenn man sich darum kümmert, wie Mitfahrer sinnvoll ihre Zeit verbringen sollen, was oft genug eben nicht digital erfolgt, weil etwas gegessen, gelesen oder gestrickt wird. In Zukunft ändert sich nur der Fahrerplatz, wenn autonom gefahren wird – die Passagiere waren sozusagen schon immer auf Level 5 unterwegs. Nur hat sich um sie niemand gekümmert. Das merken wir erst jetzt, wo der Fahrerplatz frei zu werden scheint.

Welche Erwartungen des Käufers muss ein smartes digitales Auto künftig erfüllen?

Für Passagiere keine anderen als vorher. Und „Fahrer“ müssen dem System vertrauen, das das Auto lenkt. Und das gelingt nur durch die Erfahrung, dass die Technik sicher ist – was im Zweifel eine Generationsfrage ist.

Befürchten Sie eine uniforme Smartphonisierung des Autos, wenn alle irgendwie Apple werden wollen?

Nein. Dazu ist die Welt des Automobils zu heterogen. Das Auto bietet unendlich mehr Möglichkeiten als ein Smartphone. Es ist ein unterschiedlich gestaltbarer Raum, bei dem Design, Gerüche, Temperatur, Schall, Licht und so weiter eine Rolle spielen. Einen uniformen Einheitsbrei erwarte ich in Zukunft nicht.

Zur Person

Professor Lutz Fügener studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Dresden und nahm daraufhin ein Studium für Industrial Design an der Hochschule für Kunst und Design, Burg Giebichenstein, in Halle an der Saale auf. Nach dem Studium wurde er Juniorpartner des Büros Fisch & Vogel Design in Berlin, wo er sich auf den Bereich „Transportation Design“ spezialisierte. Seit 2000 ist er Verantwortlicher des BA-Studiengangs „Transportation Design“ und Mitglied des Hochschulrates der Hochschule Pforzheim.

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