Visualisierung der zentralen IT-Trends 2024

Datenarchitekturen und generative KI sind zwei der zentralen IT-Trends für das Jahr 2024. (Bild: Andreas Croonenbroeck)

Für die IT-Abteilungen in den Automotive-Unternehmen wird auch das Jahr 2024 nicht weniger herausfordernd. In wirtschaftlich widrigen Zeiten muss der Kostendruck austariert und gleichzeitig die digitale Transformation und der eigene Wandel zum Business-Enabler weiter forciert werden. Wir zeigen mit zwei Praxisbeispielen aus der Zuliefererindustrie, welche IT-Trendthemen auch das Jahr 2024 in der Automobilindustrie bestimmen werden.

Cybersecurity bleibt weiter zentral

Beim Zulieferer Läpple etwa ist Cybersicherheit auch in 2024 ein übergreifendes Thema über die verschiedenen Geschäftsbereiche hinweg, die jeweils verschiedene Anforderungen mitbringen. Dazu gehört Läpple Automotive mit der Herstellung von Pressteilen und Karosseriemodulen für Premium-OEMs, aber etwa auch die Normalien-Produktion, wo eine hohe Anzahl Kunden beliefert wird. „Die IT-Durchdringung in der Produktion wird immer größer, wir sehen zunehmend vernetzte Systeme mit Internetanschluss für Fernwartungszugänge oder den Datenfluss zwischen Anlagen“, sagt Tobias Eckert, CIO bei Läpple. Mittlerweile sei hier eine Komplexität erreicht, wie man sie sonst bei IT-Systemen sieht. Man benötige Cybersecurity deshalb jetzt in der Operations Technology (OT) ebenso intensiv wie im IT-Bereich.

Datenverfügbarkeit und -qualität als Erfolgsfaktor

Seit einem CEO-Wechsel vor einigen Jahren hat sich in der Magna-IT einiges verändert, berichtet Christian Mezler-Andelberg, Vice President IT Infrastructure & Engineering bei Magna. Unter anderem gebe es seitdem einen CDO, der im Vorstand das Thema Daten verantwortet. Ein Treiber für diese Entwicklung sei das Thema autonomes Fahren, wo Magna einen klaren Akzent setzt. Derzeit arbeitet der Automobilzulieferer an einer neuen Referenzarchitektur, mit der Daten über das ganze Unternehmen hinweg harmonisiert werden sollen. Damit will man die weitere Digitalisierung der Geschäftsprozesse vorantreiben. Statt in Bezug auf isolierte Use Cases soll auf allen Ebenen problemlos auf Daten zugegriffen werden können. „Seamless Access to Trusted Data“ heißt der Ansatz bei Magna. „Die Technik rund um Data Analytics hat sich stark verändert, ein neuer Begriff jagt den nächsten“, konstatiert der Magna-VP. Die Cloud ist dabei gesetzt. Derzeit läuft der Entscheidungsprozess, auf welches der großen Cloud-Ökosysteme man setzen will. Im nächsten Jahr soll der Rollout starten.

„Data Governance und Datenqualität sind entscheidend. Durch die hohe Bedeutung, die das Topmanagement dem Thema beimisst, hat es bei uns einen anderen Hebel bekommen“, sagt Mezler-Andelberg. Dabei werde nicht mehr von Lösungen wie ERP oder MES aus gedacht, sondern von Schlüsselwerten und -informationen aus. Um die zentralen 25 werttreibenden KPIs zu definieren, wurde etwa eine Studie erstellt und anschließend die Daten auf diese Kennzahlen gemappt. Ziel seien Dashboards für jede Managementebene, die bei Entscheidungen unterstützen.

Gen AI steht auf der To-Do-Liste

Für OEMs wird generative KI vor allem rund um die Personalisierung des Kundenerlebnisses durch digitale Assistenten spannend. Die Zulieferer wiederum können insbesondere von der Beschleunigung vieler manueller Prozesse profitieren. „Ohne KI geht nichts. Hier werden wir in 2024 vor allem das Thema Generative AI stärker vorantreiben, um immer mehr Aufgaben und Prozesse zu beschleunigen“, berichtet der Magna-VP. Seit Sommer stehe den Mitarbeitenden eine interne ChatGPT-Version zur Verfügung.

„Unser Ziel ist, eine starke Community aufzubauen, die Use Cases in den jeweiligen Prozessen identifiziert, statt diese aus der IT heraus zu entwickeln“, erklärt Christian Mezler-Andelberg. Gen AI wolle man vor allem nutzen, damit User ihre Arbeitsprozesse optimieren können. Dafür nimmt der Zulieferer am Early Access Programm für das Assistenzsystem Copilot von Microsoft teil. Ein Beispiel für solch eine Prozessautomatisierung sei etwa das Vergleichen neuer und alter Anforderungen in Requirements-Dokumenten, das zuvor sehr aufwendig war.

Bisher wird bei Läpple KI im Verwaltungsbereich in der Kommunikation mit Geschäftspartnern genutzt. Eine KI-basierte Automatisierung sorgt dafür, dass Auftragsbestätigungen tatsächlich der eigenen Bestellung entsprechen: Eine Aufgabe, die sonst manuell erledigt wird. „Wir wollen die Nutzung von KI in diesen Bereichen, aber auch in der Produktion weiter ausbauen“, so Eckert. Im Bereich Normalien will der Zulieferer mit Blick auf die erklärungsbedürftigen Produkte prüfen, ob sich große Sprachmodelle für Chatbots nutzen lassen, die mit Informationen aus den Datenblättern trainiert werden. „Wir müssen dafür allerdings wirklich sicher sein, dass die Informationen zu hundert Prozent verlässlich sind, sonst wäre man schnell Haftungsrisiken ausgesetzt“, erklärt der CIO. Zunächst will man die Technologie intern für Vertriebsmitarbeiter erproben.

Durch Cloudnutzung Nachhaltigkeit voranbringen?

Nachhaltigkeit ist aus Sicht von Magna gleich auf mehreren Ebenen ein „Riesenthema“. Schon bis 2025 will man etwa in Europa Net Zero erreichen, die Schritte dahin seien sehr konkret und ambitioniert, so der VP. Die IT sorge mit einer Cloud-Strategie in 15 Cloud-Rechenzentren weltweit für CO2-Einsparungen durch weniger Stromverbrauch im Vergleich zu On-Prem. „In den Projekten zum autonomen Fahren haben wir teilweise bis zu 70 Petabyte an Daten. Diese Ressourcen können in der Cloud je nach Bedarf herunterskaliert werden“, berichtet Mezler-Andelberg.

Für die Erreichung der Emissionsziele sei zudem die Messbarkeit etwa mit Smart Metern wesentlich, die IT sei verantwortlich dafür, diese Daten zu erheben und zur Verfügung zu stellen. Nach einer längeren Anlaufphase steht jetzt auch verstärkt das Erheben von Nachhaltigkeitsdaten entlang der Supply Chain auf der Agenda: „Catena-X ist ein wichtiges Thema, das durch die CSRD-Verordnung der EU gerade massiv an Fahrt aufnimmt. Im nächsten Jahr wird es konkrete Use Cases geben“, meint Mezler-Andelberg.

Für Läpple ist die verstärkte Nutzung von Sensordaten aus den Anlagen für KI-Modelle ein zentraler Trend für das kommende Jahr. Das Ziel sei nicht nur, die Anlagenverfügbarkeit und Produktionsprozesse zu verbessern. Besonders im ESG-Bereich sei für Zulieferer der Druck der OEMs spürbar, sagt Eckert: „Wir müssen dort Ergebnisse liefern und nachweisen, wie wir mit den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltsgesetzes umgehen“. Ein besonderer Fokus liegt auf den Nachhaltigkeitsvorgaben: Anhand von Sensorwerten soll zum Beispiel der Energieverbrauch weiter reduziert werden.

Smart Factory nimmt weiter Form an

Auch im Bereich der smarten Fabrik gibt es bei Magna Pläne für 2024. Hier soll ein Market Place live gehen, in dem erprobte Lösungen aus den einzelnen Werken weltweit zur Verfügung gestellt werden sollen. Will ein Werk etwa den Energieverbrauch von Spritzgussmaschinen senken, kann es auf der Plattform nach einer bereits vorhandenen Lösung suchen. Gen AI soll dafür genutzt werden, die Anwendung in die jeweilige Landessprache zu übersetzen.

Als großes Thema sieht Tobias Eckert für 2024 die Verschmelzung von ERP- und Verwaltungssystemen mit der Produktionstechnik. Dafür will man bei Läpple Automotive noch stärker Maschinendaten auslesen und auswerten, um die Produktion stabiler zu gestalten. Im Produktionsumfeld gebe es steigende Anforderungen, den Herstellungsprozess lückenlos zu dokumentieren, berichtet der CIO. Künftig möchte man für jedes Teil eine digitale Produktakte mitliefern. Mit Partner Ascon will man nach einem erfolgreichen Proof-of-Concept in 2024 anfangen, eine Lösung für den digitalen Zwilling in der Breite produktiv zu setzen. Die dafür gesammelten Daten sollen dann auch gleich für weitere Korrelationen rund um Qualitätsaspekte genutzt werden. So sollen etwa auch Handlungsempfehlungen für Werker und Instandhalter abgeleitet werden, um die Produktionsparameter in optimalen Bahnen zu fahren.

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