Claudia Aryus auf dem automotiveIt Kongress 2021

Mittlerweile arbeitet Claudia Aryus in der Audi IT Strategie & ist verantwortlich für die Volkswagen Group IT Kommunikation. (Bild: facesbyfrank)

Claudia, auf dem automotiveIT Kongress 2021 hast du dich in deiner damaligen Rolle als Head of Agile Center of Excellence gemeinsam mit dem ehemaligen Seat-CIO und derzeitigen Managing Director von Seat:Code, André Radon, für eine Abkehr vom Silodenken ausgesprochen. Was hat sich seither verändert?

Um direkt auf die Frage zu antworten: Eine Menge! Neben den globalen Ereignissen, die natürlich auch direkten Einfluss auf unser Tagesgeschäft hatten, gab es auch interne Veränderungen. Aufgrund dieser neuen Rahmenbedingungen hat die IT ein eigenes Transformationsprogramm inklusive einer Bestandsaufnahme des Status quo und dem Entwickeln neuer, ablauforientierter Ansätze aufgesetzt. Auf einmal waren wir in der IT in einem agilen Task Modus unterwegs und dies funktioniert immer nur mit einem silofreien Mindset. Dieser Spirit hatte schnell dazu geführt, dass wir bereichsübergreifend zusammengerückt sind – mit vollem Fokus auf das Ziel und Transparenz in der Umsetzung. Und auch hier zeigte sich: Ein agiler Task-Force-Modus ist gar nicht so weit weg von den „New Ways of Working“. Außerdem hatten wir uns im Agile Center of Excellence darauf fokussiert, das Scaled Agile Framwork (SAFe) innerhalb des Fachbereichs „Digital Business“ einzuführen. Es war spannend zu beobachten, dass die Kollegen dort neben der fachlichen Expertise immer mehr die methodische Umsetzung übernommen haben – denn diese Art der Zusammenarbeit auf Augenhöhe hat einfach einen Mehrwert gebracht! Und auch hier war die Erkenntnis: Je volatiler das Umfeld, desto schneller verschwinden Silos.

In diesem Sommer endete nach rund drei Jahren Deine Zeit bei Seat und Cupra. Auf welche Erfolge blickst Du zurück?

Die Hard Facts zeigen: Wir haben ein Agile Center of Excellence mit agilen Coaches und Scrum Mastern aufgebaut, die Teams im gesamten Unternehmen fachlich und methodisch dabei unterstützen, Probleme zu lösen – und das durch den pragmatischen Einsatz agiler Tools und ganz viel Mindset-Arbeit hierarchieübergreifend. Neben dem Aufsetzen eines Agile Training Path, in dem wir individuelle, an die Bedürfnisse unseres Unternehmens angepasste, agile Lernformate adaptiert beziehungsweise entwickelt und durchgeführt haben, haben wir auch cross-funktional mit Teams, zum Beispiel aus dem HR-Bereich, kollaboriert. Dank dieser Zusammenarbeit waren wir sowohl Teil des Trainee- als auch des Management-Entwicklungsprogramms, konnten Kolleginnen sowie Kollegen direkt „influencen“ und somit unsere Expertise im Unternehmen verankern. Durch Synergien und silofreies Denken, gerade beim Thema Kultur und Transformation, lässt sich einfach so viel mehr erreichen!

Welche Fortschritte würdest Du ganz persönlich herausgreifen?

Besonders stolz macht mich die Tatsache, dass wir uns als Team enorm weiterentwickelt hatten. Anfänglich waren wir die „Post-It-Guys“. Innerhalb von drei Jahren wurden wir als agile Experten wahrgenommen – und das unternehmensübergreifend. Auch auf individueller Ebene war die Weiterentwicklung jedes Einzelnen im Team erstaunlich. Echt krass, was Eigenverantwortung und kompetenzorientiertes Arbeiten für Energie freisetzt, auch wenn das natürlich nicht ohne Reibung funktioniert. Was ich persönlich mitgenommen habe, ist der Pragmatismus, Dinge einfach mal zu machen und sich nicht in Powerpoints oder Excel-Tabellen zu verlieren. Ein weiteres Mitbringsel ist die spanische „Tranquillidad“ (zu Deutsch: Ruhe, Anm. d. Red.) – diese half mir in den ersten drei Monaten zurück in Deutschland vor allem auch in meiner neuen Doppelrolle.

Neben meiner Aufgabe, das Thema ablauforientierte Produktorganisation innerhalb der Audi-IT voranzutreiben, übernehme ich ab dem 1. Oktober die fachliche Verantwortung für die Kommunikation der Konzern-IT innerhalb des Transformation:Hubs. Somit arbeite ich kompetenzorientiert, marken- sowie standortübergreifend – „New Work“ sozusagen. Und es wird sich zeigen, ob meine in den letzten drei Jahren angeeignete Art, Herausforderungen anzugehen und im Team Lösungen zu finden – selbst in turbulenten Situationen – sich auf mein neues Arbeitsumfeld übertragen lässt. Aber ich bin da optimistisch (lacht).

Du hast festgestellt, dass Digitalisierung und die Implementierung entsprechender Funktionen auch ein kulturelles Thema sein können. Was hast du daraus mitgenommen?

Das Arbeiten und Leben in einer anderen Kultur eröffnet einem die Möglichkeit, seinen eigenen Standpunkt und seine Filter immer wieder zu reflektieren. Denn Digitalisierung heißt auch Transformation und hinter jeder Veränderung im unternehmerischen Kontext stehen Menschen in ihrer ganzen Vielfalt und eigenen Kultur. Und das impliziert wiederum, dass man iterativ seine Herangehensweise und gelernten Verhaltensweisen prüfen und adaptieren muss, wenn man Dinge bewegen und ändern will. Hier gibt es keinen One-size-fits-all-Ansatz – man kann nur seine Erfahrungen machen und daraus lernen.

New Work ist nicht erst seit der Coronapandemie ein drängendes Thema. Mit ein bisschen Homeoffice hier und ein paar Kickertischen dort ist es jedoch nicht getan, richtig?

Es ist zumindest ein Anfang (lacht). Aber mal ernsthaft: Zum einen gibt es unzählige Definitionen von New Work und zum anderen halte ich es ähnlich wie beim ebenfalls gehypten Thema Agilität: Das machen, was innerhalb der abgesteckten Frameworks Sinn hat und wertschöpfend ist. Denn aus meiner Sicht sollte man sich erst einmal bewusst werden, welche Bedürfnisse überhaupt existieren und wo die Grenzen liegen. Denn auch hier hat jedes System seine eigenen Spielregeln, auch wenn Corona gezeigt hat, dass diese teilweise flexibler sind, als es so mancher für möglich gehalten hätte. Ein Fahrzeug wird nun mal am Band produziert, wir in der IT wiederum können einen Großteil unseres Jobs remote erledigen. Und ich glaube, das ist es auch schon. Wenn der Arbeitgeber – da wo es möglich ist – genau diese Flexibilität anbietet, man Werte wie Vertrauen, Transparenz und Selbstverantwortung teilt und dann noch das gleiche Verständnis von Rolle und Aufgabe hat, hat man es auch schon fast – eine Kultur der gelebten Zusammenarbeit, um gemeinsam unternehmerischen Mehrwert zu liefern. Und ja, ein Kicker und der berühmte Obstkorb sind Annehmlichkeiten, aber definitiv nicht der ausschlaggebende Grund, der uns jeden Morgen den Laptop aufklappen lässt.

Warum hast du dich in diesem Jahr erneut für eine Teilnahme am automotiveIT Kongress entschieden?

Ich wurde um meinen Input für die Veranstaltung gebeten, damit es in diesem Jahr jünger, diverser und weiblicher zugeht. Somit fühlt es sich ein bisschen an, wie aktuell ins Büro zu kommen: Man trifft bekannte, aber auch neue Gesichter, holt sich einen Kaffee und ist ganz gespannt – neben den fachlichen Themen – auf die kleinen und großen Dinge, die so in letzter Zeit passiert sind.

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