Das Qualitätsmanagement spielt eine entscheidende Rolle im aktuellen Umbruch der Automobilindustrie, meinen die Analysten der Unternehmensberatung Arthur D. Little. Sie haben die Situation, den Handlungsdruck und Lösungsmöglichkeiten für die Branche untersucht  und zusammengestellt – hier die wesentlichen Aussagen der Analyse.

Die Einstellungen zum Fahrzeugbesitz ändern sich, der klassische Vertriebskanal „Autohaus“ steht vor einschneidenden Umbrüchen und die Anforderungen der internationalen Märkte lassen sich immer schwerer mit standardisierten Produkten bedienen. Zudem wird in vielen Ländern der Fahrzeugbesitz selbst in Frage gestellt und intermodale Reisekonzepte gesucht. Die Elektromobilität kämpft mit dem Durchbruch und es wird intensiv an der Ablösung des Fahrers gearbeitet.

Automobilhersteller agieren heute auf einem globalen Markt mit Wachstumschancen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Der Fahrzeugverkauf in Nordamerika und China hat den Absatz im Heimatmarkt Deutschland längst auf die hinteren Ränge verdrängt. Zur Erweiterung der Produktionskapazitäten werden neue Werke und Vertriebsstrukturen in den Wachstumsmärkten aufgebaut.

Die historisch gewachsenen Strukturen und Steuerungsinstrumente der Autobauer haben sich noch nicht der aktuellen Geschäftsentwicklung angepasst. Traditionell wird versucht, das Geschäft aus der Konzernzentrale heraus zu führen

Das Ergebnis sind aufgeblähte Stabsstellen, die aus ihrem Selbstverständnis heraus „Wir sind Konzernzentrale“ Konzepte und Vorgaben für die Märkte entwickeln, deren Mehrwert in Frage gestellt werden muss. Diese Konzernfunktionen eines Automobilherstellers gehören auf den Prüfstand.

Das Fahrzeug als Statussymbol hat insbesondere bei jüngeren Leuten ausgedient. Stattdessen wählen immer mehr Kunden integrierte Mobilität. Sollte dieser Trend nachhaltig sein, müssen viele Hersteller ihre Vorstellungen zum Thema Fahrzeugbesitz überdenken.

Das Auto entwickelt sich vom Statussymbol (unflexibel) zum Mobilitätsvehikel (flexibel). Das aktuelle Angebot (etwa Car Sharing) ist noch nicht ausreichend, zu „Auto-konzentriert“. Die Lösung: Ergänzung des Fahrzeugangebots (4 Räder) durch neue Produkte (2/3  Räder, x Räder) und  Entwicklung vom Verkehrsträger unabhängiger Mobilitätsdienstleistungen.

Vor allem für die deutschen Premiumhersteller gilt, dass der der Absatz von Neuwagen in Europa stagniert oder abnimmt. Premiumhersteller können durch Verkäufe im außereuropäischen Ausland kompensieren: So stiegen die Verkäufe in diesem Segment von 2010 bis 2011 weltweit um beachtliche 12,5 Prozent.

Alle drei deutschen Premiumhersteller wollen weltweit die Nummer eins sein oder werden. In einer aktuellen Untersuchung hat Arthur D. Little sechs Stellhebel für den Weg zur Spitze identifiziert,: Customer Experience Management  – Produkt- und Regionalstrategien -Verkaufsstandorte und Vertriebsnetzentwicklung  – Connected Car – Prozesse und IT-Integration – Margenorientierung.

Automobilhersteller sind heute nicht in der Lage, den Lebenszyklus  im Laufe des Fahrzeugbesitzes (Customer Journey) ganzheitlich zu gestalten. Das Differenzierungspotential über Produkteigenschaften ist weitgehend ausgeschöpft . Fahrzeuge und Marken werden als immer mehr gleichwertig und damit austauschbar wahrgenommen. Das überlegene Management des Kundenerlebnisses, Customer Experience, wird zum Differenzierungsmerkmal der Zukunft.

OEMs sind sehr aber arbeitsteilig organisiert, einzelne Organisationseinheiten „bespielen“ einzelne Touchpoints – ohne Berücksichtigung vor- und nachgelagerter Touchpoints. Customer Experience muss bei OEMs zukünftig organisatorisch aufgewertet werden, um Wettbewerbsvorteile zu erzeugen. Notwendig ist ein interner „Customer Advocate“, der die gesamte Customer Journey optimiert.

Das Thema E-Mobility kommt nicht richtig in Schwung. Auf Basis erster Markterfahrungen ist eine Überprüfung der Markt- und Technologie-Strategien nötig. Das autonome Auto hingegen scheint auf dem Vormarsch, erste Teillösungen sind marktreif.  Politik, Gesellschaft, Kunden und Strategien sind aber auf autonomes Fahren nicht vorbereitet, die OEMs sind unterschiedlich weit:

Der kommende Umbruch ist vergleichbar mit dem Übergang vom Pferdeantrieb zum motorgetriebenen Fahrzeug. Dieser Umbruch und zugehörige Potenziale, Barrieren und Herausforderungen für Gesellschaft, Kunden, Geschäftsmodelle und Infrastruktur sind nicht genügend verstanden, Strategien noch nicht entwickelt.

Qualitätsführerschaft wird durch Qualitätsmanager erzielt, die Verantwortung übernehmen. Die meisten Hersteller haben die Bedeutung dieses Thema für sich inzwischen entdeckt, wodurch die Rolle des Qualitätsmanagements selbst sich derzeit im Wandel befindet. Die Qualität und Ingenieursleistungen der Automobilindustrie überzeugen rund um den Globus. Doch der Einsatz neuer Technologien birgt Restrisiken. Auch zukünftig ist mit Fahrzeugrückrufen und hohen Gewährleistungsverpflichtungen zu rechnen.

Die Verantwortung und der Schwerpunkt der Qualitätsarbeit liegen oft noch im Produktions- und Entwicklungsressort. Mit dieser Struktur lässt sich ein gewisses Fehlerniveau nicht unterschreiten Unternehmen brauchen Prozesse, bei denen Fehler erst gar nicht entstehen können. Das stellt neue Herausforderungen an die Rolle des Qualitätsmanagements, das alle Stellhebel bewegt und präventive Maßnahmen umsetzt.

Dazu braucht es ein umfassendes Qualitätsmanagement entlang der gesamten Wertschöpfungskette unter Einbeziehung der Zulieferprozesse und der Serviceprozesse- Das bedeutet eine Entwicklung des Rolle Qualitätsmanagements von einer reinen Dienstleistungsfunktion hin zu einem Gestalter von Unternehmensprozessen wie bereits in anderen Bereichen wie IT oder Personalwesen.

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