
Burcu Rodenbusch-Mohr ist Technische Projektleiterin First Level Packaging von MEMS-Sensoren bei Bosch. (Bild: Bosch)
Fast jeder hat mit ihnen zu tun, doch kaum einer kennt sie: MEMS-Sensoren. Die Abkürzung steht für Micro-Electro-Mechanical Systems oder mikro-elektromechanische Systeme. Die Winzlinge sind unverzichtbar in Fahrzeugen und elektronischen Geräten wie Smartphones. Dabei gelten Anwendungen in Fahrzeugen als eigentlicher Technologietreiber für die Bauteile. „MEMS-Sensoren sind die Schlüsseltechnologie für die mobile und vernetzte Welt“, erklärt Burcu Rodenbusch-Mohr. „Sie ermöglichen präzise Messungen von Beschleunigung, Drehraten und Druck auf kleinstem Bauraum und liefern somit alle erforderlichen Informationen zur Überwachung der Fahrzeugbewegung.“
Rodenbusch-Mohr muss es wissen, denn als Technische Projektleiterin First Level Packaging von MEMS-Sensoren bei Bosch ist sie gewissermaßen sehr eng mit der Technologie verdrahtet. Die Ingenieurin betont: „Die Sensoren spielen eine entscheidende Rolle in der heutigen und zukünftigen Fahrzeugsicherheit, da sie Sicherheitsfunktionen wie beispielsweise den Airbag oder das Fahrstabilitätsprogramm ESP erst ermöglichen.“
Chips müssen vor Umwelteinflüssen geschützt werden
MEMS-Sensoren wandeln einen physikalischen oder umweltbedingten Reiz in ein elektrisches Signal um, das dann gemessen oder analysiert werden kann. Das gelingt durch winzige mechanische Strukturen und elektrischer Schaltkreise, die auf einem einzigen Chip integriert sind. Für diese spezielle Form der Verpackungskunst ist Rodenbusch-Mohr verantwortlich. Als technische Projektleiterin First Level Packaging ist sie zuständig für die Entwicklung von Gehäusen für MEMS-Sensoren für den Automotive- und Consumer-Bereich – vom Beginn der Design-Phase bis zur Freigabe für die Serienproduktion.
Dabei werden verschiedene Silizium-Chips wie Auswerteschaltungs-ASICs und MEMS-Sensor-Chips in einem Gehäuse vereint. Dieses so genannte „First Level Package“ ist essenziell, um die äußerst empfindlichen MEMS- und ASIC-Chips vor Umwelteinflüssen sowie vor mechanischer Belastung zu schützen und stellt außerdem die Schnittstelle für die Weiterverarbeitung bereit. Zurzeit arbeitet Rodenbusch-Mohr an der Entwicklung von Reifendrucksensoren, bei denen Bosch die neueste Chip-Generation mit Bluetooth Low Energy (BLE) Funktion in sehr kompakte Gehäuse integriert. „Darüber hinaus unterstütze ich in meiner Rolle als Senior Expert Molding Technology übergreifend diverse Projekte bei spezifischen Fragestellungen zum Kunststoffvergießen und treibe damit den Wissenstransfer innerhalb der Bosch-Gruppe voran“, erzählt sie.
Ein Package für vier verschiedene Halbleiter-Chips
Ihre Verantwortung in diesem Job liegt bei der Entwicklung neuer Konzepte für das Gehäuse von Halbleiter-Chips (Packages) sowie in der Gestaltung der Herstellungsprozesse. Das Diffizile daran: Ein einzelnes Package kann bis zu vier unterschiedliche Halbleiter-Chips umfassen, die jeweils zunächst aus dem Wafer-Verbund vereinzelt und anschließend präzise bestückt im Package befestigt werden müssen. Mit Bonddrähten, die dünner als ein menschliches Haar sind, werden die einzelnen Chips elektrisch miteinander verbunden. Zum Schutz wird das Package am Ende mit Kunststoff vergossen und – je nach Anwendung – mit einem Deckel versehen.
„MEMS-Sensoren reagieren sehr empfindlich auf äußere Einflüsse und können daher nicht mit Standardverfahren hergestellt werden, da bereits eine geringfügige Verbiegung zu fehlerhaften Signalen führen kann“, erklärt die Expertin, „Für jedes Produkt müssen die verwendeten Materialien, wie zum Beispiel Klebstoffe und Leiterplatten, sowie die Herstellungsverfahren sorgfältig und individuell ausgewählt werden.“ Rodenbusch-Mohr leitet die Entwicklung in Zusammenarbeit mit diversen Halbleiterverpackungsdienstleistern, bei denen die Gehäuse dann in großen Stückzahlen hergestellt werden. „Meine Aufgabe ist abgeschlossen, sobald der Serienstart und die Übergabe an die Kolleginnen und Kollegen in der Produktion erfolgt sind“, erläutert sie.
Ein Job mit hoher Bedeutung für die Halbleiterindustrie
Die Entwicklungsingenieurin beschreibt ihren Job als sehr abwechslungsreich: „Er umfasst eine Mischung aus Laborarbeit, Büroarbeit vor Ort oder aus dem Homeoffice sowie Reisen zu unseren Halbleiterverpackungsdienstleistern ins Ausland, wie kürzlich nach China und Korea.“ Bei den Dienstleistern begleitet sie vor Ort den Anlauf der Serienproduktion und stellt sicher, dass die technischen Spezifikationen von Bosch eingehalten werden. „Zu meinen Aufgaben gehört auch die enge Abstimmung mit den Herstellern der verschiedenen Materialien, die für die Gehäuse verwendet werden und mit den Lieferanten der Anlagen, die in der Produktionslinie unserer Verpackungsdienstleister verwendet werden“, ergänzt sie. Diese Lieferanten finden sich weltweit, insbesondere jedoch in Asien.
Besonders spannend an der Aufgabe sei, dass die Rolle „von entscheidender Bedeutung für die Halbleiterindustrie ist“. Denn die Halbleiter-Chips können ja überhaupt erst verwendet werden, wenn sie ein Gehäuse haben. „Insbesondere bei MEMS-Sensoren ist das Gehäuse oft ein wesentlicher Faktor für die Funktion und die spätere Anwendung im Produkt”, erklärt die Expertin. Entspreche Sensoren von Bosch finden sich in etlichen Produkten – von Lastwagen bis hin zu Kopfhörern. „Die damit verbundenen vielfältigen Herausforderungen empfinde ich als äußerst faszinierend und abwechslungsreich“, sagt Rodenbusch-Mohr. Zusätzlich zu den technischen Fähigkeiten legt man bei Bosch großen Wert auf interkulturelle Kompetenz, was der Projektmanagerin sehr entgegenkommt: „Die Vielfalt in Bezug auf fachlichen Hintergrund, Kultur, Sprache, Berufserfahrung und Alter finde ich sehr inspirierend."