
Daimler-Chef Dieter Zetsche spricht am Vorabend der IAA über die Digitalisierung des eigenen Konzerns. (Bild: Daimler)
Die Digitalisierung ist in der Autoindustrie längst Chefsache. Das gilt auch für Daimler. Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche machte im Rahmen der IAA unmissverständlich deutlich: „Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die vollständige Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette – von Forschung und Entwicklung über die Produktion bis hin zum Vertrieb.“ Mercedes-Benz entwickele sich derzeit vom Automobilhersteller zum vernetzten Mobilitätsanbieter, so der Daimler-Chef weiter.
Besonders weit fortgeschritten sei die Digitalisierung bei Mercedes-Benz im Bereich Forschung und Entwicklung: Das so genannte „Digital Prototyping“ beschleunige die Entwicklung von neuen Automobilgenerationen, erhöhe ihre Qualität und biete Möglichkeiten zur Steigerung der Vielfalt. „Das Stichwort heißt Big Data, die Auswertung von Massendaten aus unterschiedlichsten Quellen“, sagt Entwicklungs-Chef Thomas Weber. „Bevor wir ein neues Auto auch nur in die Nähe unseres Windkanals lassen, hat es als komplettes Datenmodell bereits viele digitale Tests erfolgreich bestanden.“
Auch die Produktion werde dank Digitalisierung flexibler und effizienter. „Werke werden zu smart factories, Anlagen und Bauteile sind lückenlos vernetzt“, so Zetsche. In Zukunft sollen vor allem Mensch und Roboter effizienter zusammenarbeiten und ohne Zaun direkt miteinander interagieren, so der Daimler-Chef weiter. Gerade mit Blick auf den demographischen Wandel ergebe sich dadurch neue Möglichkeiten in Bezug auf ein ergonomisches sowie altersgerechtes Arbeiten. „Die Erfahrung, Kreativität und Flexibilität unserer Kolleginnen und Kollegen können Roboter auch in Zukunft nicht ersetzen. Ernsthaft belastende, kraftaufwändige Arbeiten werden allerdings weniger. Hier sehen wir die ideale Arbeitsteilung für Mensch und Roboter“, erklärt Wilfried Porth, Personalvorstand bei Daimler.
Durch die digitale Transformation verändern sich allerdings nicht nur Arbeitsschritte in der Produktion, sondern die Anlagen- und Produktionsplanung selbst. Ein Beispiel für diese wandlungsfähige Produktion bei Daimler ist das sogenannte Objekt-gekoppelte Montage-System: Dabei lassen sich mobile Roboteranlagen in unterschiedlicher Weise in der Produktion einsetzen, ohne dass dafür das Produktionsband technisch angepasst oder angehalten werden muss. Die Roboter können an die entsprechende Karosserie auf dem Produktionsband andocken, ihre Arbeit verrichten und bei laufendem Band zum nächsten Fahrzeug wechseln.
Die digitale Revolution ende jedoch nicht, wenn ein Fahrzeug die Werkshalle verlassen hat: „Im Vertrieb bringt Digitalisierung vor allem die Chance, noch individueller auf die Wünsche unserer Kunden einzugehen“, sagt Zetsche. Im Rahmen eines Best Customer Experience arbeite Mercedes‑Benz mit dem Multikanalansatz, der eine Vielzahl von Vertriebsformaten und digitalen Elementen flexibel miteinander verknüpft. So ergänzen etwa Online-Stores die bisherigen Vertriebsstandorte und ermöglichen die Bestellung und das Leasing eines Fahrzeugs.
Was die Digitalisierung für das Produkt Automobil konkret bedeuten kann, zeigt Mercedes-Benz auf der IAA mit dem „Concept IAA“(Concept Intelligent Aerodynamic Automobile). Die Designentwicklung des Prototypen, die früher allein bis zu zwei Jahre gedauert hätte, wurde nach eigenen Angaben in weniger als elf Monaten geschafft.
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