Es gibt Bilder, die sagen mehr als tausend Worte. Zum Beispiel die graue Mercedes-Benz A-Klasse auf dem Daimler-Messestand in Barcelona. Der neue Kompaktwagen feiert seine Messepremiere nämlich nicht etwa auf einer Autoschau wie Genf, sondern auf dem Mobile World Congress. Es ist als würde es die A-Klasse hinausschreien: „Bits und Bytes sind an mir wichtiger als PS und Hubraum.“
Alles dreht sich um KI
So steht wie bereits auf der CES zu Beginn des Jahres auch in Barcelona das neue Infotainmentsystem MBUX im Fokus. Zwischen den Smart Devices aus der Consumer Electronics Welt ist das HMI bestens aufgehoben: Leicht und intuitiv zu bedienen soll es sein, dazu lernfähig, so wie die Gadgets aus der CE-Welt. Ein großer Schritt in die digitale Welt soll das MBUX sein. „Das Management hat uns die Freiheit gegeben, ein Infotainmentsystem auf dem weißen Blatt Papier zu zeichnen“, sagt der für die User Interaction verantwortliche Georges Massing im Gespräch mit carIT im Rahmen der Messe.
Nicht der einzige Anwendungsfall für künstliche Intelligenz bei Daimler: Auf der Messe stellt der CIO von Daimler Financial Services, Udo Neumann, den „Digital Human“ Sarah vor. Der mit künstlicher und emotionaler Intelligenz (KI und EI) ausgestattete Avatar ist in der Lage, menschliche Emotionen per „datenbasierter Empathie“ zu erkennen und darauf zu reagieren. Das könnte in Zukunft den Kunden bei der Kaufentscheidung im Internet unterstützen. „Das digitale menschliche Gesicht ist der nächste Schritt in der Customer Experience. Da sind wir technisch jetzt weit genug“, sagt Neumann auf dem MWC.
Zu den weiteren Neuerungen gehört etwa die Vorbereitung der A-Klasse fürs private Carsharing – nun mit einer NFC-Nachrüstlösung. Denn über Near-Field-Communication kann der Nutzer die geteilte A-Klasse öffnen. Nicht jedes Smartphone verfügt allerdings über die Technologie. Daimler zeigt daher einen besonderen Schlüssel-Sticker, der auf dem Endgerät angebracht werden kann. Um den Motor zu starten, braucht der Fahrer sein Smartphone mit dem Digitalen Fahrzeugschlüssel-Sticker nur im Ablagefach der Mittelkonsole zu deponieren.
Jagd auf vielversprechende Startups
Neben der künstlichen Intelligenz steht die Kooperation mit Startups im Mittelpunkt des Messeauftritts von Daimler. Kein Wunder, findet doch parallel zum MWC die Startups-Messe 4 Years From Now (4YFN) statt. Ein Jungunternehmen – mit dem Daimler bereits in der Vergangenheit die EQ Ready-App aufgebaut hat – hat es dem Autobauer offenbar besonders angetan: Anagog. Das Startup aus Tel Aviv erstellt Prognosen zum Bewegungsverhalten von Smartphone-Nutzern, basierend auf den verbauten Sensoren.
„Anagog ist ein perfekter Partner für uns. Und wir sehen noch eine ganze Reihe von möglichen Anwendungen ihrer Lösung“, sagt Sabine Scheunert, Vice President Digital & IT Sales/Marketing bei Mercedes-Benz Cars, auf der Bühne des MWC. „Deshalb haben wir uns dazu entschieden, uns an Anagog zu beteiligen.“ Elf Prozent hält Daimler nun am israelischen Unternehmen um Gründer Ofer Tziperman.
Neben Anagog gehören auch der 3D-Visualisierungsspezialist Vayyar und die Cyber Security-Experten von Argus zu Daimlers Startup-Community. Die beiden Unternehmen stammen wie Anagog aus Israel, alle drei gehörten in der Vergangenheit bereits zu Daimlers Startup Autobahn und sind heute feste Partner des OEMs.
So könnte auch die Zukunft von Forciot (flexible Sensoren für IoT-Szenarien), Contiamo (Prozessoptimierung per KI) und Broomx (360-Grad-Projektionen) aussehen. Die drei Startups wurden im Rahmen der 4YFN von Daimlers Technology Insight-Team um René Ackel-Zackour und Clemens Hubmann evaluiert. Wer weiß, vielleicht sind die Jungunternehmen schon bald bei Daimler an Bord.