Jeder dritte Lkw kutschiert hierzulande mangels Auslastung mindestens 100 Kilometer nichts als Luft durch die Gegend. Das Hamburger Startup Cargonexx will diesen Wahnsinn mit besserem Matching stoppen: Ladungen und freie Kapazitäten finden durch künstliche Intelligenz zusammen, um lästige Leerfahrten zu vermeiden. Mehr noch: „Mit KI bestimmen wir Spotmarktpreise für Schwerlasttransporte und sind damit gleichzeitig eine Art digitale Spedition“, erklärt Gründer und Chef Rolf-Dieter Lafrenz. Der von dem Startup kreierte digitale Disponent kann auch voraussagen, wann wo welche Bedarfe entstehen werden.
Kein Wunder, dass Logistik-Forscher der Technischen Universität Berlin in solchen Services die Zukunft sehen. Die Tage der händischen Frachtabwicklung per Mail, Telefon oder Fax sind gezählt. „Aktuell schießen weltweit Plattformen aus dem Boden, die diese Dienste anbieten und untereinander konkurrieren. Sie bieten mehr Transparenz – beziehungsweise überhaupt Transparenz – und hohe Flexibilität“, so Forscherin Anna Lisa Junge vom TU-Fachbereich Logistik. „Was bislang teils fehlt, ist das Vertrauen in diese digitalen Services. Doch diese Entwicklung wird schon 2025 weitgehend abgeschlossen sein.“ Das ergab eine groß angelegte Studie, für die weltweit 120 Brancheninsider befragt wurden.
Schwieriger gestalte sich auch über diesen Zeitpunkt hinaus die Abwicklung von Gefahrgut oder speziellen Lieferungen. Ansonsten lässt die Studie keinen Zweifel daran, dass KI und Digitalisierung kein Hype sind, sondern die Logistik grundlegend verändern werden. „Zwei Drittel dessen, was eine exzellente Logistik ausmacht, findet in Informations- und Planungssystemen von Industrie-, Handels- und Logistikunternehmen statt“, betont Fachgebietsleiter Prof. Frank Straube. Und ist damit prädestiniert für die digitale Transformation.
In gut zehn Jahren werden, so ein weiteres Ergebnis der Studie, operationale Tätigkeiten in der Logistik komplett von Maschinen übernommen. Allerdings bleibt auf dem Weg dahin der Mensch entscheidend. Straube: „Wir konnten zeigen, dass Unternehmen, die sich unter ihren Mitarbeitern um Vertrauen in digitale Dienste bemühen und offene Strukturen schaffen, die Innovationen ermöglichen, schneller und erfolgreicher mit der digitalen Transformation Schritt halten können.“ Der „Faktor Mensch“ sei eben nicht wegzudenken.