Im November stimmte das EU-Parlament dafür, bis 2025 die Abgase bei neuen Lastwagen um 20 Prozent zu reduzieren. 2030 sollen die Emissionen sogar um 35 Prozent niedriger liegen, jeweils im Vergleich zum Referenzjahr 2019. Seit dieser Woche läuft in Brüssel die erste Verhandlungsrunde mit dem Etappenziel, zwischen Vertretern des Europäischen Parlaments, der nationalen Regierungen und der Europäischen Kommission eine Einigung über die neuen CO2-Normen zu erzielen. Tenor ist, dass sich das ehrgeizige Ziel überhaupt nur erreichen lässt, wenn emissionsfreie E-Trucks auf die Straße kommen – und das in nennenswerten Stückzahlen.
Die Bundesregierung hat vorab bereits im Sommer letzten Jahres eine Förderrichtlinie für energieeffiziente und CO2-arme Lkw vorgelegt. Sie bestimmt, wie der Kauf von Gas-, Brennstoffzellen- oder batteriebetriebenen Lastwagen bezuschusst wird. „Wir wollen Speditionen dabei unterstützen, auf umweltfreundliche Lkw umzusteigen“, sagt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Zwischen einem Gesamtgewicht von 7,5 und zwölf Tonnen bekommen Käufer von Erdgas-Antrieben 8.000 Euro, von Flüssiggas und Elektro-Antrieben 12.000 Euro. Für Elektro-Laster ab zwölf Tonnen gibt es 40.000 Euro Förderung. Pro Unternehmen ist der Zuschuss auf 500.000 Euro begrenzt. Allein im Jahr 2018 standen zehn Millionen Euro für das Förderprogramm zur Verfügung, das bis 2020 laufen soll.
Allerdings: Bis zum 31.12.2018 sind gerade mal 158 Förderanträge eingegangen, davon hat das Bundesamt für Güterverkehr als zuständige Bewilligungsbehörde 120 Zuwendungsbescheide erlassen. Bezuschusst wurden 682 Lkw mit Gas oder Brennstoffzelle und nur 56 mit Elektroantrieb. Diese Zahlen teilte das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage von carIT mit. Ein Selbstläufer ist das Programm also noch lange nicht.
Das schwache Interesse an einem Umstieg mag unter anderem darin begründet sein, dass es EU-weit keinerlei Ladeinfrastruktur für E-Trucks gibt. Darauf hat jetzt der Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) hingewiesen. Es gibt wohl auch keinen klaren Aktionsplan für einen künftigen Rollout. „Die Tatsache, dass es heute keine einzige öffentliche Ladestation für Langstrecken-Lkw gibt, schockiert“, findet ACEA-Generalsekretär Erik Jonnaert klare Worte. „Außerdem gibt es keinen Standard für die erforderlichen High-Power-Stecker.“
Nach vorsichtigen Schätzungen werden bis 2025 beziehungsweise 2030 mindestens 6.000 Hochleistungsladestationen für Elektro-Lkw mit einer Leistung von mehr als 500 kW entlang der EU-Autobahnen benötigt. Darüber hinaus sind weitere 20.000 „normale“ und für Lastwagen geeignete Ladestationen erforderlich – nach Berechnungen des ACEA insgesamt 26.000 Stück. Die für Elektro-Pkw geplanten Hochleistungsladestationen entlang der Autobahnen in Europa können Schwerlastkraftwagen nicht nutzen. Sie haben einen wesentlich höheren Strom- und Energiebedarf und benötigen mehr Parkflächen zum Laden als aktuell zur Verfügung stehen. „Die politischen Entscheidungsträger müssen sich dieser alarmierenden Situation bewusst sein, wenn sie sich auf zukünftige CO2-Ziele für Lkw einigen“, warnt Jonnaert.
Laut Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) werden batterieelektrische Lkw mittelfristig in Deutschland wohl keine große Rolle spielen. „Das wird in erster Linie von der Weiterentwicklung der Leistungsparameter Reichweite und Batteriegewicht abhängen. Aktuell sind die Batterien noch so schwer, dass bei Fernverkehrs-Lkw eine viel zu geringe Nutzlast übrig bliebe“, betont BGL-Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhardt gegenüber carIT. Ob sich eine Förderung lohne oder nicht, müsse jeder Unternehmer für den konkreten Anwendungsfall durchrechnen. Zu denken gibt auch, dass laut Umweltbundesamt lediglich rund fünf Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland aus dem Straßengüterverkehr stammen. Der Sektor kann also ohnehin nur begrenzt zur Erreichung der Klimaziele beitragen.