Der BMW iX als Erlkönig in der Produktion.

Das Segment der Elektro-SUV ist hart umkämpft. Momentan gelten der Audi E-Tron und das Tesla Model X als Plathrische. (Bild: BMW)

Sie sprechen von einer neuen Ära, wollen weitere Absatzmärkte erobern und in neue Technologien investieren. BMW und Opel haben große Pläne für die Zukunft. Doch wie genau sehen diese aus? Die CEOs der beiden Autobauer, Oliver Zipse und Michael Lohscheller, haben zuletzt immer wieder einen Blick hinter die Kulissen gegeben, wie man in München und Rüsselsheim riesige Herausforderungen wie in Sachen Nachhaltigkeit oder Digitalisierung angehen will.

Tesla ist bislang der Platzhirsch

BMW hat im November 2020 seine neueste Innovation vorgestellt – den iX. Das vollelektrische Luxus-SUV soll „eine neue Ära bei BMW“ einleiten, sagte Zipse bei der Präsentation. Das neue „Technologie-Flaggschiff“ hat unter anderem als erstes Premiumfahrzeug einen 5G-Mobilfunkstandard. Der iX und seine digitalen Services seien auch ein bisschen eine Wette darauf, dass 5G in naher Zukunft überall verfügbar sei, sagte Zipse auf dem Automobilwoche-Kongress. Das Marktsegment sei sehr interessant, bestätigte Branchenexperte Stefan Bratzel gegenüber der dpa. „Ich erwarte schon, dass BMW da angreifen kann.“

Bei den Elektro-SUVS in der Oberklasse sind bisher der Audi E-Tron und das Tesla Model X die Platzhirsche – der Mercedes EQC und der Jaguar I-Pace tun sich da schwer. Spannend werde aber sein, ob Mercedes nächstes Jahr ein Level-3-fähiges Serienfahrzeug auf die Straße bringen könne, sagte Bratzel. Der iX soll ab Sommer 2021 in Dingolfing gebaut werden. Der Münchner Autobauer beschäftigt sich jedoch nicht nur mit E-Motoren, sondern auch mit der Brennstoffzelle. BMW hat dafür seit 2013 eine Kooperation mit Toyota. Das soll auch in Zukunft so sein, sagte Zipse. Denn: Dem Unternehmen sei Wasserstoff als Alternative zu batterieelektrischen Antrieben sehr wichtig.

Opel plant größtes Batteriezellenwerk in Deutschland

Opel hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2024 alle Modelle zu elektrifizieren, sagte Opel-CEO Michael Lohscheller auf dem „Mobility Circle“ Mitte November. Drei Jahre zuvor sollen sechs elektrifizierte Pkw-Modelle sowie drei E-Nutzfahrzeuge auf den Markt kommen. „Wir wollen Elektromobilität in alle Fahrzeuge des Unternehmens bringen“, so Lohscheller. Den Rahmen für dieses Vorhaben bildet die neue Unternehmensstrategie PACE, mit deren Hilfe man 2019 ein Rekordjahr absolvieren und sich im ersten Halbjahr 2020 in den schwarzen Zahlen halten konnte. Gleichzeitig habe man es geschafft, Strafzahlungen für den Flottenausstoß zu vermeiden. Das Thema Nachhaltigkeit sei jedoch nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine moralische Verpflichtung für Opel, so Lohscheller.

Zudem gelte es, in Sachen Elektromobilität die gesamte Wertschöpfungskette in den eigenen Händen zu behalten. Unter anderem investiert Opel zu diesem Zweck gemeinsam mit dem Total-Konzern in eigene Gigafactorys zur Batteriefertigung in Frankreich und Kaiserslautern. Am rheinland-pfälzischen Standort sollen zwei Milliarden Euro für die Herstellung von Batteriezellen investiert werden, so Lohscheller. Deutschlands größtes Werk für Batteriezellen ist das Ziel. Die Serienproduktion soll Medienberichten zufolge 2024 starten.

Wie BMW erforsche man gleichzeitig intensiv den Bereich der Brennstoffzellenmobilität. Generell stehe Opel derzeit vor zahlreichen Paradigmenwechseln und setze dabei häufiger auf den Grundsatz „Weniger ist mehr“, erklärte Lohscheller weiter. Unter anderem habe man in diesem Zusammenhang den Grundriss von Fabriken verkleinert, um die Logistik effizienter zu gestalten, oder den Opel Adam gestrichen, der in Sachen Emission nicht effizient genug gewesen sei und ein zu hohes Maß an Individualisierungsoptionen geboten habe, sagte der Opel-Chef auf dem „Mobility Circle“.

Zwischen Stellenabbau und Zulassungsverboten

Ein Thema, an dem kaum ein Autobauer momentan vorbeikommt: der Stellenabbau. Wird es beim Rüsselsheimer OEM betriebsbedingte Kündigungen geben? Das ist weiterhin möglich. Eigentlich gilt bis Ende 2025 noch ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Lohscheller sagte jedoch im Oktober erneut, man wolle rund 2.100 Stellen durch ein Freiwilligenprogramm abbauen. „Aber, wenn wir sehen sollten, dass wir keine ausreichenden Fortschritte machen, dann müssen wir noch einmal diskutieren und die Lage neu bewerten“, sagte er. Vom Stellenabbau ist vor allem der Stammsitz in Rüsselsheim betroffen. Bei BMW sollen 6.000 Stellen wegfallen – allerdings ohne betriebsbedingte Kündigungen. Freiwillig ausscheidende Mitarbeiter und Frührentner sollen stattdessen Abfindungen erhalten. Auch Altersteilzeitangebote sind im Gespräch.

Bei den Unternehmenszielen und Geschäftsmodellen stehen beide Autobauer weiter vor dem Problem des Strukturwandels und der Digitalisierung. Einige Experten sehen in den Services das Geschäftsmodell der Zukunft. BMW-Chef Zipse erklärte, das Herunterladen von Services werde den Vertriebskanal nicht ersetzen. Es werde vielmehr beides nebeneinander geben. Das sieht er auch bei unterschiedlichen Automodellen so: Es werde künftig nicht nur E-Autos, sondern weiterhin Verbrenner geben, sagte er. Anfang November warnte Zipse auf einem Branchenforum vor einem Zulassungsverbot für Benzin- und Dieselautos ab 2035, wie dies von der Politik gefordert wurde. Die Frage sei, ob es dann genug Ladesäulen für viele Millionen E-Autos gebe und wer dann noch Auto fahren könnte: „Wird dann Mobilität wirklich noch für alle Menschen erreichbar sein?“

Ob BMW künftig weniger Modelle anbieten werde, beantwortete Zipse auf dem Kongress vage: Die Kundenwünsche verändern sich und dem folge BMW und werde sich anpassen, erklärte er. Aber: BMW sei ein „Premium-Vollsortimenter“ und das wolle man auch beibehalten. Für Opel-Chef Lohscheller ist die Einhaltung der EU-Umweltvorgaben das wichtigste Unternehmensziel. Das sei auch wichtiger als der Absatz. Beim Autobauer gehen derzeit die Verkaufszahlen zurück. Lohscheller erklärte im Oktober in einem Interview, ein Grund sei auch der Verzicht auf unprofitable Verkäufe. „Wir verkaufen zwar aktuell weniger Autos, aber unsere Kunden geben mehr für ihren Opel aus. Der Umsatz pro Fahrzeug steigt.“ Opel könne mit weniger Menge mehr Ergebnis erzielen, so der Chef der deutschen PSA-Tochter.

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