Junge Unternehmer sitzen in einem Startup-Workshop von Daimler.

Besonders am Anfang einer Zusammenarbeit muss das nötige Engagement aufgebracht werden, um die Erwartungen von Startup und Corporate anzugleichen. (Bild: Daimler)

Die Digitalisierung ist im Auto nichts Neues, doch jetzt werde die IT zunehmend erfolgsentscheidend für Mercedes, aber auch die gesamte Autoindustrie, meint man bei Daimler. Dabei setzt der OEM auf die „Startup-Autobahn“, mit der bis jetzt über 150 Kooperationsprojekte umgesetzt wurden. Ein hoher zweistelliger Bereich ist davon noch aktiv, 15 Themen sind bereits in Produkten oder Prozessen integriert. „Das ist aus unserer Sicht ein Erfolg, weil wir uns in diesem Bereich revolutionäre, experimentelle Innovationsthemen anschauen“, erklärt Philipp Gneiting, Leiter Open Innovation bei Daimler.

Wichtig war dabei, Themen von Anfang an als Teamkombination aus Startup-Mitarbeitern und Experten aus den entsprechenden Fachbereichen im Konzern anzugehen. Denn die Frage, wie sich Innovation später im Konzern in anderen Abteilungen einbinden lässt, hat sich der OEM schon früh gestellt. „Wir haben versucht, die Startup-Autobahn so zu gestalten, dass Integration von Anfang an das Ziel war. Dabei wird gleich zu Beginn untersucht, welcher Fachbereich das Thema am Ende implementieren würde. Mit diesem internen Kunden gehen wir auf Startup-Suche, um das Projekt so zielgenau wie möglich im Unternehmen anzusiedeln“, berichtet Gneiting. Das Open-Innovation-Team bietet zudem einen Service an, mit dem ein Fachbereichsmitarbeiter ein Projekt starten kann.

Parallel steht mit dem „Innowerk“ auch ein Ort zur Verfügung, an dem Ideation-Vorhaben koordiniert vorangetrieben werden. Ideation Coaches helfen als Katalysatoren dabei, Ideen zu entwickeln. Rund 80 Workshops finden hierzu jährlich im Schnitt statt. Philipp Gneiting glaubt: Ein Thema auszugliedern und mit Freiraum kreativ daran zu arbeiten, um es später zu integrieren, sei schwierig. „Mein Rat wäre deshalb, sich sehr viel Mühe am Ende zu sparen, indem am Anfang das nötige Engagement aufgebracht wird, um die Erwartungswelt zwischen Startup und Corporate anzugleichen.“ Ein Startup müsse auch die Prozesse eines Großkonzerns verstehen.

Continental ist an virtuelle Zusammenarbeit gewöhnt

Bei der Softwareunterstützung im Innovationsmanagement arbeitet man mit der Bord-IT von Daimler und mit Microsoft Teams. Dennoch versuche man auch neue kollaborative Tools zu implementieren – gerade auch wegen der digitalen Arbeit während der Coronakrise, berichtet Gneiting. In Frage kommen dabei natürlich nur Plattformen, in denen das geistige Eigentum nicht konkludent an andere abgetreten wird. Die Coronakrise wirkt auch im Innovationsumfeld nach. „Ganz klar: Open Innovation lebt davon, dass wir verschiedene Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Kompetenzbereichen zusammenbringen“, stellt Philipp Gneiting fest. Dabei sei Präsenz eigentlich ein wichtiges Instrument, damit der sprichwörtliche Funke zwischen Fachbereichen und Startups überfliegt. „Das aus dem Homeoffice heraus zu ermöglichen, ist eine sehr große Herausforderung, in die wir sehr viel Arbeit stecken müssen“, so der Leiter Open Innovation.

Zulieferer Continental betreibt kein separates Lab in Berlin oder München – man gehe dorthin, „wo das Knowhow ist“, sagt Jürgen Bilo, Managing Director der Co-Pace GmbH – The Start­up Organization of Continental. Aus seiner Sicht ist man an die virtuelle Zusammenarbeit mit den Teams in Silicon Valley, Boston, Israel, Schanghai und Singapur gewöhnt, Corona verändere die Situation deswegen kaum. Innovation und das dazu passende Mindset in der Organisation haben auch für Continental Priorität. „Wir brauchen eine entsprechende Innovationskultur, um uns im Markt für relevante Themen zu positionieren und nachhaltige Mobilität mitzugestalten“, meint Bilo.

Das Unternehmen unterscheidet dabei zwischen interner und externer Innovation. Erstere ist meist inkrementell aufgestellt und dient der Erfüllung von Kundenwünschen und Weiterentwicklung bestehender Produkte. „Bei der externen Innovation geht es um mehr Tempo mit Blick auf Technologien, Geschäftsmodelle und Märkte. Wir sehen, dass die Startups da helfen, viel agiler und schneller zu innovieren“, stellt Bilo fest. Dabei gehe es nicht nur um Invest, sondern auch um Zusammenarbeit. Man biete Startups einen direkten Zugang zu Kundenanforderungen, Skalierung und technische Kompetenz. Dabei legt das Unternehmen Wert darauf, dass die Startups schon die erste Phase hinter sich haben und bereits ein Funding, Investoren und einen ersten Prototypen vorweisen können.

Priorisierung zeitlich näherer Themen

Die Integration von externer Innovation in die Konzernabteilungen sieht Bilo als große Herausforderung. „Unser Ziel ist, die Technologielösungen, die Startups bieten, auf die Roadmap der einzelnen Business Units zu bringen“, so Jürgen Bilo. Gibt es zum Beispiel eine neue 3D-Holographic-Display-Technologie, dann spreche man mit den Fachabteilungen und führe einen Proof of Concept durch. Rund drei bis sechs Monate dauere es im Schnitt herauszufinden, ob eine neue Technologie in einer künftigen Applikation funktionieren kann.

Als übergeordnetes Tool kommt das Continental-Innovation-Management-System zum Einsatz, das auf Basis der Software Hype an die eigenen Bedürfnisse angepasst wurde und Scanning, Ideation sowie Exekution von Innovationen abbildet. Damit werden beispielsweise Kampagnen zu einer bestimmten Lösung ausgerufen, an der sich Mitarbeiter unternehmensweit mit ihren Ideen einbringen können. Das sogenannte Contivation-Tool wurde auch als Auswahlinstrument für die Ideen- beziehungsweise Konzepteinreichung, Bewertung und Auswahl im Co-Pace-Inkubator genutzt, berichtet Bilo.

Nach einer Hypephase disruptiver Themen setzt Continental darauf, sich auf die zeitlich näheren Themen zu fokussieren. Dazu gehören Konnektivität, Elektromobilität und automatisiertes Fahren, aber auch die userzentrierte Optimierung des Fahrzeuginnenraums. „Wir sehen einen starken Trend weg vom eigenen Fahrzeug, hin zum Sharing. Da priorisieren wir beispielsweise die Frage, wie Innenräume und Services dafür aussehen können“, betont Jürgen Bilo. An Technologiethemen wie dem vollautonomen Fahren, die durch regulative Hürden noch weiter in die Zukunft gerückt sind, müsse man derzeit weniger intensiv arbeiten.

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