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Auf dem Shopfloor im Werk Wolfsburg kommen seit kurzem mitlaufende Werkzeugwagen zum Einsatz. (Bild: Detlev Wecke / Volkswagen)

Benchmark im internationalen Produktionsverbund, zum Vorreiter unter den Autobauern in Sachen Effizienz wolle man werden, sagten Stefan Loth, Leiter des VW-Werks in Wolfsburg und der Markenvorstand für Produktion und Logistik, Andreas Tostmann, einhellig bei einem Presserundgang durch die Werkshallen anlässlich des jährlichen Standortsymposiums. „Das heißt aber gleichzeitig: Wir sind es noch nicht, da gibt es noch einiges an Aufholbedarf“, betonte Tostmann vor den Journalisten.

Im Rahmen des von Volkswagen verabschiedeten Zukunftsprogramms „Transform.Togehter“ will man die Produktivität in Wolfsburg bis zum Jahr 2020 um 25 Prozent steigern, um so zusätzliche 186 Millionen Euro zu sparen. Im ganzen Produktionsnetzwerk plant VW eine Steigerung von 30 Prozent und Einsparungen in Höhe von 2,6 Milliarden bis 2025, erklärte Andreas Tostmann. Für den krisengeschüttelten Autobauer eine unausweichliche Maßnahme. Dann soll beispielsweise der für dieses Jahr geplante Golf 8 mit einer vier-prozentig geringeren Fertigungszeit auskommen, insgesamt sollen die Taktzeiten künftig die Schwelle von 60 Sekunden erreichen.

Ehrgeizige Ziele, die Volkswagen mithilfe von schlankeren und automatisierten Prozessen, weniger Arbeitsschritten und neuen Best-Practice-Lösungen erreichen will. Bei dem Rundgang durch die Halle 8, entlang der Montagelinie 4, an der zurzeit der Touran, der Tiguan und das neue Seat-SUV Tarraco stattfindet, zeigten Loth und Tostmann den Journalisten ihre Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr laut VW 141 Best-Practice-Lösungen aus dem Werk Wolfsburg in den Maßnahmenkatalog der Marke aufgenommen.

In der Materialanstellung beispielsweise herrscht mittlerweile das sogenannte „Chirurg-Krankenschwester-Prinzip“, das alle notwendigen Materialien und Werkzeuge in Griffweite ermöglichen soll. Rund 200 sogenannte „mitlaufende Wagen“ rollen seit kurzem von Fahrzeug zu Fahrzeug. Die Maßnahme soll bis zu 30 Schritte pro Fahrzeug sparen, erklärt Werkleiter Loth.

Am mitlaufenden Wagen lässt sich derweil erkennen, dass Industrie 4.0 in VWs Maßnahmenkatalog für Wolfsburg eine eher untergeordnete Rolle spielt. Bei den Werkzeugtrollis handelt es sich nicht um die von der Konkurrenz längst im Alltag eingesetzten fahrerlosen Transportsysteme (FTS), sondern um manuell von Karosserie zu Karosserie schiebbare Etagenwagen. Zwar sollen in der Logistik des Karosseriebaus mehr als 20 solcher Transportroboter zum Einsatz kommen, zu Gesicht bekamen die Medien die FTS nicht. Immerhin präsentierte man an der Fertigungslinie des Golf 7 einen neuen WiFi-Dongle, mit dessen Hilfe die Fahrzeuge im Produktionstakt „over-the-air“ mit der notwendigen Software versorgt werden können. Die Technologie komme zum Teil von Siemens, so Werksleiter Loth, andere Partner wolle er zu diesem Zeitpunkt nicht nennen.

Welchen Anteil digitale Technologien und Automatisierung insgesamt am Programm zur Effizienzsteigerung haben, blieb indes unklar. „Unser Werk hier in Wolfsburg soll als allererstes von Industrie 4.0 profitieren“, bekräftigte VW-Produktionsvorstand Andreas Tostmann gegenüber automotiveIT. „Aber manchmal sind die einfachsten Maßnahmen die besten, weil sie wenig kosten und schnell umzusetzen sind.“

Ob dies im Blick auf die immer komplexer werdenden IT-Architekturen im Fahrzeug und den neuen Fokus auf E-Autos, die ganz neue Produktionsbedingungen erfordern, nicht zu kurzsichtig ist, werden die kommenden Jahre zeigen. Im VW-Werk am Mittellandkanal sollen noch bis mindestens zum Jahr 2040 Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb gefertigt werden, wiederholte Tostmann noch einmal. So kann noch lange vieles beim Alten bleiben.

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