schneller steuern

Fahrer- und Beifahrer-Airbag,  Seiten- und Kopfairbags,  Aufprallschutz für die Knie des Fahrers oder durch einen Airbagvorhang für die Köpfe der Passagiere: Bis zu 30 verschiedene Airbags stehen inzwischen in modernen Fahrzeugen zur Verfügung, um die Fahrzeuginsassen bei einem Unfall vor schweren Verletzungen zu bewahren – neben Sicherheitsgurten mit Gurtstraffern, die bei dem Zusammenprall die Passagiere in möglichst optimaler Position fixieren. Diese passiven Sicherheitssysteme haben innerhalb der letzten 20 Jahre den Weg von der Oberklasse in nahezu jedes Fahrzeug gefunden. Weitere Verletzungen lassen sich dadurch verhindern oder in ihren Folgen lindern, indem das Fahrzeug selbsttätig unmittelbar vor dem Unfall Schiebedach oder Fenster schließt, damit keine Gegenstände eindringen können, den Sitz in eine möglichst perfekte Position bringt und auch die Kopfstützen so platziert, dass langwierige Schleudertraumata verhindert werden können.  Der Zeitrahmen, diese Sicherheitssysteme zu aktivieren, ist jedoch extrem kurz. „Eine Herausforderung für die Sensorik ist es, das Unfallgeschehen frühzeitig zu klassifizieren, um optimalen Insassenschutz zu gewährleisten“, sagte Brand. Mit Beschleunigungssensoren fühlte das Airbagsteuersystem bislang nach dem ersten Kontakt mit dem Unfallpartner – jetzt lernt es auch sehen und hören und kann damit weit früher reagieren.  

Den Unfall voraussehen mit Radar, Video, Infrarot und ESC-Daten

Bei Fahrzeugen, die mit Fahrerassistenzsystemen ausgestattet sind, bieten sich vielfältige Möglichkeiten, gefährliche Situationen durch deren Umfelderfassungssensoren frühzeitig zu erkennen und Unfälle zu vermeiden. Kommt es trotz Fahrerassistenz zum Crash, stellen die Sensoren den Systemen der passiven Sicherheit wertvolle Informationen über die Unfallsituation zur Verfügung und helfen, die Folgen zu mindern. „Die Vernetzung der Elemente der passiven Sicherheit mit Fahrerassistenzsystemen, Bremsen und elektronischer Stabilitätskontrolle optimiert den Insassenschutz bereits in einer Notbremssituation. Sie reduziert die Aufprallenergie, während gleichzeitig die reversiblen Aktoren arbeiten“, betonte Dr. Brand. Die gemessene Kollisionsgeschwindigkeit sowie der ermittelte Aufprallort und -winkel ermöglichen eine situationsgerechte Anpassung der Intensität der Airbagauslösung und Aktivierung der Gurtstraffer und sorgen für eine optimale Sitzposition noch vor dem Unfall.

 Daraus ergibt sich in Summe ein sehr großer Vorteil, betonte Dr. Brand: „Bei niedrigen Geschwindigkeiten im Stadtverkehr eröffnet die Vernetzung der Systeme die Chance, Verletzungen der Insassen wie das HWS-Syndrom und Reparaturkosten am Fahrzeug ganz zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Niedrige Schadensaufkommen sind die Folge, Versicherungen berücksichtigen dies bereits in ihren Prämien.“

 Doch nicht allein die Umfeldinformationen der  Fahrerassistenzsysteme lassen sich im Airbagsteuersystem vorteilhaft nutzen.  Auch die Daten der elektronischen Stabilitätskontrolle ESC, das in USA und Europa ab 2011 für neue Modelle gesetzlich vorgeschrieben ist, liefern wertvolle Informationen über den Fahrzustand. Anhand der Fahrdynamiksensoren lässt sich durch Vernetzung mit dem Airbagsteuergerät die Quergeschwindigkeit in einer Schleudersituation ermitteln. Verlässt das Fahrzeug die Fahrbahn, wird die Empfindlichkeit für den Seitenaufprall- oder Überschlagsschutz entsprechend angepasst. Eine optimierte und frühere Auslösung der passiven  Rückhaltesysteme ist die Folge“, sagte Dr. Brand. Damit können Kopf- und Seitenairbags noch schneller aktiviert werden, um beim äußerst gefährlichen seitlichen Aufprall auf einen Baum oder Pfahl (Pole-Crash) die Verletzungsfolgen zu mindern. 

Die Unfallschwere hören: Schnellere Airbagsteuerung durch Körperschall-Sensoren

Mit Crash Impact Sound Sensing hat Continental bereits eine neuartige Sensorengeneration in Serie gebracht, die es dem Airbagsystem ermöglicht, die Unfallschwere zu hören. Das Erkennen der beim Aufprall entstehenden Schallwellen, basiert auf dem gleichen Prinzip, das für die Aufzeichnung von Erdbeben eingesetzt wird. So wie beim Seismographen stärkere und schnellere Ausschläge der Aufzeichnungsnadeln Aufschluss über die Stärke der Erdstöße geben, so registrieren die Körperschall-Sensoren beim Aufprall des Fahrzeugs auf ein Hindernis, wie rasch sich die Karosserie verformt und wie schnell und stark sich diese Körperschallwellen übertragen. Eine aufwändige Signalauswertung, die mit Hilfe speziell entwickelter Algorithmen das Unfallgeschehen analysiert und bewertet, trifft letztendlich die Entscheidung, ob die Airbags ausgelöst werden oder nicht. Bei Versuchen unter Bedingungen des Euro NCAP-Crashtests mit 64 km/h Kollisionsgeschwindigkeit bewertete der Körperschall-Sensor die Situation 15 Millisekunden früher als die konventionelle Sensorik als so schwer, dass er die Airbags auslöste. So bleibt mit dieser Technologie erheblich mehr Zeit, um Airbags und Gurtstraffer zu aktivieren und somit die Sicherheitssysteme effektiver arbeiten zu lassen.

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