Wenn mehrere Marken des gleichen Konzerns sich eine Plattform teilen, bleiben Kollateralschäden nicht aus. So ist das auch bei Hyundais Elektro-Plattform. Während Kias E-Niro sich im angesagten SUV-Segment tummelt, ist der Hyundai Ioniq Elektro eine klassische Limousine, nach der die Nachfrage deutlich geringer ausfallen dürfte. Dementsprechend zurückhaltend sind auch die Verkaufsprognosen: Hyundai Deutschland will dieses Jahr noch 2.000 Exemplare des Stromers absetzen, was die Zahlen für das nächste gesamte Jahr angeht, hüllen sich die Koreaner noch in Schweigen. Egal welchen Hut die Elektro-Plattform aufhat, sie hat sich als Kia oder als Hyundai als veritable Alternative zu Tesla & Co erwiesen. Jetzt bessert Hyundai den Ioniq Elektro nach und setzt den Hebel an den richtigen Stellen an. Zentraler Punkt: Die Kapazität der Batterie steigt aufgrund der Zellen mit einer höheren Energiedichte von 28 auf 38,3 Kilowattstunden. Das hat Auswirkungen auf die Reichweite, die jetzt nominell bei 311 Kilometern liegt.
Der Elektromotor, der die Vorderachse antreibt, hat ebenfalls einen leichten Vitaminstoß bekommen. Statt bisher 88 kW / 120 PS leistet das Triebwerk nun 100 KW / 136 PS. Interessanterweise haben sich die Fahrleistungen nicht verändert, obwohl das Gewicht gleich geblieben ist: Der Ioniq Elektro sprintet von null auf 100 km/h in 9,9 Sekunden und schafft maximal 165 km/h. Letzteres ist im Grunde irrelevant, denn ab 120 km/h / 130 km/h geht der E-Maschine nach wie vor etwas die Puste aus. Dafür macht die Beschleunigung beim Überholen auf Landstraßen umso mehr Spaß. Das Drehmoment von 295 Newtonmetern ist absolut ausreichend und die Geräuschentwicklung im Innenraum stromertypisch gering.
Bei unserer ersten Testfahrt, die uns über Autobahnen mit maximal 130 km/h, über Landstraßen (häufig 80 km/h) und Städte führte, gönnte sich der Hyundai Ioniq Elektro im Durchschnitt 12,6 kWh Strom, das sind immerhin 1,2 kWh weniger als angegeben. Dabei liefen bei 31 Grad Außentemperatur Verbraucher, wie die Klimaanlage und die Sitzbelüftung nonstop. Wenn der Hyundai Ioniq Elektro betankt werden muss, geht das mit dem 7,2 kW On-Board-Lader schneller als mit den bisherigen 6,6 KW Lader. An einer 50 kW-Ladestation sind die leeren Akkus nach 54 Minuten wieder zu 80 Prozent gefüllt. An einer 4,6 kW Wallbox mit 230 Volt sind es acht Stunden. Wenn alle Stricke reißen, kann man den Ioniq Elektro mit einem ICCB Notladekabel auch über eine 230 Volt Steckdose mit Saft versorgen.
Trotz des Extra-Ballasts durch die Batterie ist der Hyundai Ioniq Elektro erstaunlich komfortabel abgestimmt und schluckt nervige Bremsschwellen, ohne mit der Wimper zu zucken. Platz ist vorne genug, auch im Fond ist die Beinfreiheit des 4,47 Meter langen Autos völlig in Ordnung, allerdings wird es ab 1,85 Metern Körpergröße um den Kopf herum eng. Der Kofferraum ist nicht der beste Freund der einkaufenden Hausfrau. Zwar ist das Volumen mit 357 bis 1.417 Litern Fassungsvermögen akzeptabel und der Ladeboden eben, wenn die Rückbanklehnen umgelegt werden, aber die Ladekante ist zu hoch.
Während der Fahrt erwies sich der neue adaptive Tempomat als sinnvolle Ergänzung. Der ist auch bei null km/h aktiv, hilft beim Stop-and-go-Verkehr und ist ständig mit dem Spurhalteassistenten gekoppelt. Letzterer hinterließ ebenfalls einen guten Eindruck – der Ioniq Elektro hielt die Spur souverän, sprang nicht wie ein Pingpongball zwischen den Begrenzungen herum und erkannte sogar verblichene Fahrbahnmarkierungen. Allerdings hält die Lenkung mit asiatischem Nachdruck dagegen, wenn man die Spur wechseln will, ohne zu blinken. Die starken Rückstellkräfte sind irritierend. Hilfreich ist der Tote-Winkel-Warner, da der Ioniq mit der kleinen Schießscharte, die zudem noch von einem Spoiler unterteilt wird, nach hinten unübersichtlich ist. Der Notbremsassistent steigt jetzt auch für Fahrradfahrer in die Eisen.
Beim Infotainment hat sich ebenfalls einiges getan: Der 10,25 große Zoll Touchscreen dient als Kommandozentrale und auch die Konnektivität wird verbessert. Per Bluelink-App hat man sein Auto jederzeit im Griff. Man kann den Ladefortschritt prüfen, das Auto währenddessen per Fernsteuerung klimatisieren und in der Stadt findet das System Parkplätze und die App weist den Weg zum abgestellten Fahrzeug. Das Fazit fällt dementsprechend positiv aus: Der aufgepeppte Hyundai Ioniq Elektro kann fast alles ein bisschen besser als der Vorgänger und ist für jeden Elektromobilisten eine Alternative, der sich kein SUV in die Garage stellen will. Ab der zweiten Septemberhälfte steht der Ioniq Elektro beim Händler, die Preise beginnen bei 34.900 Euro.