Vormals galt Porsche als reiner Sportwagenhersteller. Lange Zeit war sogar nur ein einziges Modell, der Klassiker 911, im Angebot. Mittlerweile wurde die Palette deutlich ausgebaut, zum Beispiel durch den schon seit einigen Jahren erhältlichen großen SUV Cayenne oder die Luxuslimousine Panamera. Mit dem ab Anfang April angebotenen Macan setzt die VW-Tochter die Verbreiterung ihrer Basis fort. Das Mittelklasse SUV ist zum Marktstart mit drei Turbo-Motoren erhältlich: Der 3,0-Liter-Diesel (190 kW/258 PS) und der gleich große Benziner (250 kW/340 PS) stehen ab 57.930 Euro in der Preisliste, das Spitzenmodell Turbo kostet in Deutschland mindestens 79.826 Euro. Wenn Porsche-Vorstandchef Matthias Müller den Macan (indonesisch für „Tiger“) als das „richtige Modell zur richtigen Zeit“ bezeichnet, dann spielt er vor allem auf Wachstumschancen an. Denn das fünfsitzige Fahrzeug tritt im sich schnell vergrößernden Markt kompakter und mittlerer SUV an und soll sich dort ähnlich gut schlagen wie der größere Cayenne eine Klasse darüber. Von dem hat Porsche 2013 über 80.000 Einheiten abgesetzt, vom Macan sollen es mindestens 50.000 werden. Kann der „Sportwagen unter den SUV“ (Porsche-Eigenlob) seinem Anspruch gerecht werden?
Der Einstieg in das im Werk Leipzig montierte Fahrzeug fällt leicht. Vor den Insassen türmt sich weder der Lkw-artige Hochsitz manch großer SUV, noch muss man sich tief in ein Sportwagengestühl falten. Zündschlüssel links, ein schönes Sportlenkrad und die heute bei dieser Marke fast unvermeidliche und durchaus nicht unumstrittene ansteigende Mittelkonsole mit vielen, auf den ersten Blick nicht leicht zu unterscheidenden Knöpfen – bis hierhin ist alles typisch Porsche. Man ist geneigt, die selbstbewusste Ansage der Stuttgarter bezüglich der sportlichen Fähigkeiten zunächst nicht allzu hoch zu bewerten, zumal Wettbewerber wie Mercedes (GLK), BMW (X3) oder auch die Konzernschwester Audi mit dem Q5, der dem Macan ja als Ausgangsbasis diente, je nach Motorisierung durchaus veritable Sportgeräte auf die Räder stellen. Mit dem Diesel unter der Motorhaube, klares Volumenmodell in Deutschland und Europa, reagiert der Macan tatsächlich zunächst nur wie ein gut motorisiertes SUV. Kein Wunder, knapp 260 PS sind ja heutzutage eine durchaus bescheiden anmutende Anzahl von Pferden. Mit dem für den Diesel und den schwächeren Benziner optional erhältlichen elektronisch geregelten Dämpfersystem (PASM) für rund 1.150 Euro sieht das dann schon anders aus. Wer hier den Schalter „Sport Plus“ drückt, fährt von einem Moment auf den anderen ein deutlich schneller und dynamischer ansprechendes Fahrzeug. In schnell gefahrenen Kurven kann der Diesel-Macan das Mehrgewicht auf der Vorderachse allerdings nicht verleugnen: Das Fahrzeug schiebt merklich über die Vorderachse, schnell quietschen die Reifen – auch wenn rein fahrdynamisch die Grenze noch längst nicht erreicht ist und das abschaltbare aber nicht abgeschaltete ESP still in sich ruht.
Trotzdem, das muss sportlicher gehen. Tut es auch und zwar mit den neu entwickelten Benzinern. Auch wenn nur der größere 3,6-Liter auf den Namen „Turbo“ hört, die Zusatzbeatmung hat auch der 3,0-Liter an Bord. Dessen 340 PS machen den Macan in Verbindung mit dem leichteren Motor schon mal zu einem sehr, sehr sportlichen SUV. Auch wenn sich das Fahrzeug akustisch arg zurückhaltend gibt, an Beschleunigung (0-100 km/h: 5,4 s) und Vmax (254 km/h) gibt es nichts auszusetzen. Und anderes als beim Diesel auch nicht an der Kurvenlage. Natürlich beherrscht der 400 PS starke Turbo dieses Metier noch einen Tick besser. Aber ganz ehrlich: Der Fahrer wird dies im Alltag kaum merken. Man muss es schon auf höchste Geschwindigkeiten abgesehen haben (Vmax 266 km/h) oder gerne besonders brutal beschleunigen (4,8 s), um den Unterschied herauszufahren. Trotzdem: Hierzulande werden sich die mit Abstand meisten Käufer für einen Diesel, der größte Teil des Rests für den Turbo entscheiden. Angesichts eines Unterschieds von knapp 22.000 Euro beim Basispreis zwischen Macan S und Macan Turbo, fiele uns die Wahl zwischen beiden Aggregaten nicht schwer. Fahrspaß hat man in jedem Fall, auch wegen der idealen Sitzposition – sieben Zentimeter tiefer als beim Cayenne – hinter einem präzisen, exakt dimensionierten und schön anzufassenden Volant. Alle Modelle sind mit einem hauseigenen Allradantrieb versehen, zudem ist stets die bei Bedarf rasend schnell schaltende Doppelkupplung PDK an Bord, auf die Porsche zunehmend setzt. Eine – von einigen Fans vielleicht vermisste – Handschaltung wird es in Verbindung mit diesen drei Motoren nicht geben. Vielleicht später, wenn eine Version mit Vierzylindern kommt. Die ist zwar eigentlich beschlossene Sache, bei Porsche sträubt man sich aber noch, dies offen zu sagen. Immerhin: Porsche-Chef Müller sprach schon von einem GTS, der beim Cayenne zwischen S und Turbo angesiedelt ist, im Macan also zum Beispiel 380 PS haben könnte. Wer Porsche kennt weiß, das so oder so noch einige Derivate folgen werden.
Der Macan ist aber ein SUV und muss daher mehr können, als sportlich-schnell und sicher um die Ecken zu wuseln. Zum Beispiel Raum bieten. Obwohl Baureihenleiter Hans-Jürgen Wöhler größten Wert auf die Unterschiede zum Audi Q5 legt und hinweist, dass zwei Drittel aller Teile angepasst wurden oder gleich ganz neu sind, beim Platzangebot schlägt die Verwandtschaft zwischen dem Ingolstädter und dem Stuttgarter/Leipziger am ehesten durch. Und das durchaus positiv: Der Macan bietet auf den Rücksitzen zwei Erwachsenen ausreichend Raum, der Kofferraum offeriert 500 Liter Ladevolumen, die durch Umlegen der dreifach im Verhältnis 40: 20: 40 geteilten Rücksitzbank auf 1.500 Liter erweitert werden kann. Nicht schlecht für einen „Sportwagen“. Technik und Raum hat Designchef Michael Mauer in eine ansprechende Hülle verpackt. Der Macan ist mit seinen typischen Scheinwerfern sofort als Porsche zu erkennen. Besonders auffällig an der Front ist die in den Kotflügel gezogene Motorhaube, die auch die Scheinwerfer umringt. Eine produktionstechnische aufwendige Lösung, durch die die Motorhaube aber komplett fugenlos wirkt. Seine Sportlichkeit unterstreicht der Allrader durch eine hohe Gürtellinie mit entsprechend wenig Glasanteil. Die abfallende Dachlinie trifft hinten auf eine breite Schulter, einen Dachspoiler und eine sehr stark geneigte Heckscheibe. Relativ schmale, breit verlaufende Heckleuchten mit individueller Nachtgrafik runden das gelungene Gesamtbild ab. Zwar spricht Porsche von zunächst 50.000 Jahreseinheiten für den Macan, deutlich weniger als für den Cayenne. Doch schon heute weist man vorsorglich darauf hin, dass man die Produktion bei Bedarf nach oben anpassen könne. Wir würden darauf wetten: In zwei Jahren wird das neue Mittelklasse-SUV der weltweit meistverkaufte Porsche sein. sp-x