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Im Projekt mobileView kommen Sensordaten vernetzter Fahrzeuge für Wetterprognosen zum Einsatz.

Da hat sich die Wetter-App mit ihrer Null-Niederschlag-Verheißung wohl leicht getäuscht: Schlagregen, vollgelaufene Unterführungen, Land unter. Chaos in noch nicht mal fünf Minuten. Gerade in Städten kommt unverhofft oft, denn kurze kräftige Unwetter, die manchmal nur ein paar Straßenzüge betreffen, sind bisher kaum vorhersagbar. Das Problem: Daten zu Niederschlag, Temperatur oder Luftdruck werden hierzulande nur an weiträumig verteilten Messstationen, über Radar oder Satelliten erhoben. Damit wird das Bild recht grobmaschig. Um etwa lokal auftretenden Starkregen vorherzusagen, bräuchte man vor allem in Städten ein viel engeres Netz an Messstationen.

Oder? Nicht zwingend. Denn die Daten sind massenweise da, sie fahren in Autos umher, deren Sensoren unter anderem Temperaturen, Niederschlag sowie Luftfeuchte erfassen – auch das Intervall der Scheibenwischerbewegungen ist natürlich als Info wertvoll. Im Forschungsprojekt mobileView entwickelt die Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV) mit dem Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft (FiW) an der RWTH Aachen sowie der Emschergenossenschaft und dem Lippeverband Essen (EGLV) aus diesen Rohdaten eine Lösung: Bald sollen zeitlich und lokal hochgenaue Niederschlagsprognosen, insbesondere für Starkregenevents, möglich werden. Davon werden neben der Wasserwirtschaft auch Feuerwehr, Katastrophenschutz und natürlich Autofahrer profitieren.

Derzeit sind testweise 100 Fahrzeuge aus dem Fuhrpark der EGLV unterwegs, die über Datenboxen vernetzt sind, um die Sensordaten via Mobilfunk auf eine Internet-of-Things-Plattform zu übertragen, erklärt Matthias Pätsch, bei der IAV für das Geschäftsfeld Wasserwirtschaft verantwortlich. Diese Informationen werden mit denen ortsfester Messstationen und des Regenradars verschnitten, woraus von der IAV entwickelte Algorithmen nahezu in Echtzeit Kurzfristvorhersagen über Wetterkapriolen erstellen. Der Effekt liegt in der smarten Aufbereitung, denn Autos liefern Daten unterschiedlicher Qualität und natürlich keine exakten quantitativen Messwerte. Doch verknüpft mit den Daten der Meteorologen können daraus straßengenaue Frühwarnungen werden, die unter anderem der Feuerwehr einen Vorsprung verschaffen, um vom Absaufen bedrohte Unterführungen zu sperren.

Für die Forscher herausfordernd ist, die Qualität der Daten richtig zu beurteilen. „Fährt ein Auto durch eine enge Straße, liefern seine Regensensoren bei der gleichen Niederschlagsmenge wahrscheinlich andere Messwerte als bei einer Fahrt auf freier Fläche“, erklärt Pätsch. Daher fließen in die Analyse auch Geoinformationen ein. „Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz lernt unser System permanent dazu“, so der Experte. Das mit Mitteln des Bundesverkehrsministeriums geförderte Projekt läuft noch bis September 2020. Greifbar werden soll die Forschung durch eine frei zugängliche Webseite. Mit ihr dürfte die Wahrscheinlichkeit, im sommerlichen Starkregen irgendwo auf einer gefluteten Straße zu stranden, deutlich abnehmen.

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