
Die bisher entwickelten Quantencomputer bleiben noch den Beweis schuldig, dass sie den konventionellen Rechnern tatsächlich überlegen sind. (Bild: IBM)
Wenn sich Daimler, Ford, Toyota und Volkswagen mit Quantencomputern befassen, dann könnte man vermuten, dass der praktische Einsatz der neuen Wunderdinger kurz bevorstünde. Das ist ein Trugschluss. Derzeit ist nur sicher, dass sich ein Quantencomputer bauen lässt. Mehr nicht. Was dagegen mit ihm künftig tatsächlich machbar sein wird, weiß niemand.

Quantencomputer sind (noch) ein Zukunftsversprechen, meint Autor Michael Vogel.
Nicht IBM, nicht Google, nicht D-Wave, nicht Intel – um einige der Quantencomputer-Protagonisten zu nennen. Für die Automobilhersteller sind Quantencomputer eine Art Grundlagenforschung, um den Zug nicht zu verpassen, wenn er denn mal losfahren sollte. Dank des heute möglichen Remote-Zugriffs auf solche Quantencomputer, verbunden mit ersten grafischen Programmieroberflächen und Softwarebibliotheken, ist das für die Automobilhersteller mit relativ geringem Aufwand – und Risiko – möglich.
Quantencomputer sind also ein Versprechen für die Zukunft. Nicht mehr und nicht weniger. Kurz nochmals die Basics: Solche Systeme rechnen nicht mit Nullen und Einsen, vielmehr nutzen sie Qubits, die jeden Wert zwischen null und eins annehmen können, solange man sie nicht stört. Technisch lassen sich Qubits auf sehr unterschiedliche Weise verwirklichen. Technologisch am weitesten fortgeschritten sind supraleitende Stromkreise, der Ansatz mit Siliziumstrukturen hat dagegen weniger Skalierungsprobleme. Unabhängig von der konkreten Qubit-Technik können solche Computer theoretisch viele Varianten eines Problems gleichzeitig berechnen, die traditionelle Computer weitgehend nacheinander abarbeiten müssten. Was bislang aber fehlt, ist der Nachweis, dass Quantencomputer tatsächlich konventionellen Rechnern überlegen sind.
So ist die Situation nach mehr als zwei Jahrzehnten Quantencomputerforschung. 2017 hat man in der Szene damit gerechnet, dass dieser Nachweis der Quantenüberlegenheit gelingt. 2018 auch. Vielleicht ist es 2019 soweit. Doch selbst wenn der Nachweis gelingt, bedeutet das für die kommerzielle Nutzung von Quantencomputern relativ wenig. Man kann sich das wie einen Benchmark vorstellen: Für die Entwickler des Rechners hochinteressant, aber weit weg von praktischen Anwendungsszenarien.
Entscheidend für einen Quantencomputer ist, dass er seinen Zustand als Quantensystem sehr viel länger aufrechterhalten kann, als das Schalten der Qubits dauert. Heutige Systeme schaffen das für eine Hundertmillionstelsekunde; in dieser Zeitspanne sind ungefähr 1000 Rechenoperationen möglich. Und selbst innerhalb dieses Sekundenbruchteils muss der Quantencomputer schon sehr viele Störungen kompensieren, weshalb er deutlich mehr Qubits braucht, als eigentlich für eine völlig ungestörte Rechnung erforderlich wären. Mit einer Milliarde Qubits wäre man auf der sicheren Seite, sagt Daniel Loss, Physikprofessor an der Universität Basel. Er hat die Quantencomputerentwicklung der vergangenen Jahrzehnte intensiv verfolgt und mitgestaltet. Eine Milliarde – derzeit haben die Systeme weniger als hundert Qubits.
Sie möchten gerne weiterlesen?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos:
Sie sind bereits registriert?
Hier anmeldenAktuelle Beiträge

„Dem Kunden ist es egal, woher die Software stammt“
Seitdem Magnus Östberg letzten September die Rolle als Chief Software Officer bei Mercedes-Benz eingenommen hat, wurden viele Weichen für die Zukunft gestellt: Das softwaredefinierte Fahrzeug soll in den Mittelpunkt des Handelns gestellt werden.Weiterlesen...

„Die Konsolidierung wird weiter voranschreiten“
Für Autoexperte Stefan Bratzel ist klar: Die Transformation der Autoindustrie wird zu einigen unschönen Verwerfungen führen. Autobauer müssten daher bei Software oder Elektromobilität Fahrt aufnehmen, um die eigene Zukunftsfähigkeit zu garantieren.Weiterlesen...

„Security wird zu oft als Verhinderer gesehen"
Die Digitalisierung im Eiltempo hat ihre Tücken: Sie entwickelt sich meist schneller, als Security-Konzepte mithalten können. ISG-Experte Roger Albrecht erklärt, wie Firmen auf diese komplexen Anforderungen reagieren können.Weiterlesen...

„Lidar wird in der Zukunft nur noch eine Nische darstellen“
Einst ging Tesla mit seinem Lidar-Verzicht beim autonomen Fahren einen Sonderweg. Durch die neuen Möglichkeiten eines 4D Imaging Radar könnte die Strategie jedoch bald Nachahmer finden, erläutert Matthias Feulner, ADAS-Experte von NXP.Weiterlesen...

„Es wird keine Trennung zwischen IT und OT mehr geben"
Der Amtsantritt von Hanna Hennig als IT-Chefin von Siemens war turbulent: Es galt, die Folgen der Coronapandemie zu managen sowie neue Cloud- und Security-Konzepte auf den Weg zu bringen. automotiveIT gewährt sie einen Einblick in ihre Agenda.Weiterlesen...
Diskutieren Sie mit