
Kein Teil des Fahrzeugs ist in Zukunft sicher vor Digitaltechnologien – Auch der Reifen bleibt keine Offline-Bastion. (Bild: Pirelli)
Vielleicht wird bald die Connectivity zum schlagenden Kaufargument eines Reifens. Nein, damit ist nicht dessen Grip gemeint, sondern tatsächlich seine Fähigkeit, sich zu vernetzen. Wie das geht, zeigte unlängst Pirelli mit seinem „Cyber-Reifen“. Gemeinsam mit Audi und Ericsson demonstrierte der Reifenhersteller, wie robuste Sensoren den Straßenzustand erfassen und der Pneu, etwa bei Aquaplanung, direkt über die Motorsteuerung die Geschwindigkeit des Autos anpasste. Überdies warnte der Reifen über 5G nachfolgende Fahrzeuge, was, laut Pirelli, bislang weltweit einmalig ist. Der Cyber-Reifen kann bei Bedarf auch Assistenzsysteme wie die Stabilitätskontrolle und das ABS blitzschnell scharf schalten oder bei wechselnder Beladung optimale Fülldrücke empfehlen. Außerdem tickert der Pneu Daten über die gefahrenen Kilometer, die dynamische Belastung, Verschleiß und Fülldruck an den Fahrer und Fahrzeugsysteme. Doch gerade die Car2Car- sowie Car2X-Gefahrenwarnungen dürften künftig angesichts (teil-) autonom fahrender Fahrzeuge besonders interessant werden. Nur logisch, die Reifen den Fahrbahnzustand überwachen zu lassen – sie sind schließlich dicht am Geschehen dran. Pirelli verspricht, dank der ausgefeilten Sensorik das Beste in Sachen Sicherheit, Komfort und Performance aus den Pneus herausholen zu wollen.
Einen aufwendigen Ansatz verfolgt indes Continental, um Reifen als Aquaplaning-Alarmierer zu ertüchtigen: Durch eine Kombination aus Surround-View-Kameras in Außenspiegeln, Kühlergrill und Heck sowie im Reifen montierte eTIS-Sensoren (Electronic-Tire Information System) soll der Fahrer gewarnt werden, bevor die Räder aufschwimmen. Auch hier sollen nachfolgende Fahrzeuge verständigt und direkt in die Fahrzeugsteuerung eingegriffen werden, um einen Abflug zu vermeiden. Dazu werten Algorithmen die Bilder des verdrängten Wassers vor den Reifen aus – anhand „spezifischer Spritz- und Sprühmuster“, so die Entwickler, lässt sich recht genau die Wahrscheinlichkeit eines Aufschwimmens berechnen. Hinzu kommen die Daten aus dem Inneren der Reifen von den eTIS-Sensoren: „Wir verwenden das Signal des Beschleunigungssensors aus dem elektronischen Reifeninformationssystem und suchen dies nach einem spezifischen Signalmuster ab“, so Andreas Wolf, Leiter der Continental-Antriebssparte Vitesco Technologies. Anhand dieser Werte lässt sich der Grip des Reifens berechnen.
Und kommt es doch mal zur Reifenpanne, dann hat Pirelli seit letztem Jahr den smarten Reifen „Connesso“ am Start, dessen Sensoren nicht nur den Fülldruck erfassen, sondern auch Kenngrößen wie die Laufleistung oder den Abrieb. Die Daten landen in der Pirelli-Cloud und gelangen von da in eine App, wo sie der Fahrer per Smartphone abrufen kann. Sind die Schlappen runter oder gar platt, wird umgehend der Kontakt zum nächsten Händler hergestellt. Der Reifen als Freund und Helfer.
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