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Aber der SeatSen-Autositz kann heute schon viel mehr. So sind auch in die Bezüge der Armauflagen sensitive Textilpanels integriert. Die wandeln Handbewegungen berührungslos in Schaltsignale um. Auf diese Weise lassen sich allein durch Ges­ten etwa die Lautstärke des Autoradios oder die Innenraumbeleuchtung des Fahrzeugs steuern. Das erhöht den Komfort, andere Elektroden in den Armlehnen die Sicherheit: Sie erfassen berührungslos physischen und psychischen Stress des Fahrers oder schwere Übermüdung und können ihn so rechtzeitig warnen. Auch der Wohlfühlfaktor spielt eine Rolle. Mit dem Einsatz der neuen Sitztechnologie ändert sich auch das Klimamanagement im Fahrzeug – vor allem bei der Sitzheizung. Statt im Sitz- und Lendenbereich sind die Heizstrukturen künftig im Nackenbereich angebracht. Das ist laut Forschern für den Menschen gesünder, spart Energie und Material. Obendrein können die Textilfäden für die Heizung optisch attraktiv in den Autositz integriert werden. Und nicht nur das: Blaue Leuchtdioden in der Kopfstütze beispielsweise emittieren Licht auf den Hinterkopf des Fahrers. Das steigert das Wohlbefinden und entspannt – eine Funktion, für die sich auf der Hannover Messe der Bundeswirtschaftsminister (und Arzt) Philipp Rösler besonders interessierte. Realität werden dürfte der intelligente Autositz zunächst vornehmlich in der Premiumklasse, denn zumindest in einzelnen Komponenten ist er noch relativ teuer. Probleme gibt es unter anderem auch noch bei der Übertragung dieser Technologie auf Kindersitze.
Aber das Interesse sei bei den wichtigen Sitzherstellern und fast allen großen deutschen OEMs groß, weiß Sabine Gimpel, Bereichsleiterin Forschungsmanagement und -marketing beim Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland in Greiz. Sie erwartet für den Einsatz der Technologie noch einen weiteren Anschub durch die Forcierung der Elektromobilität, denn die Nackenheizung zum Beispiel kann ganz erheblich an Gewicht einsparen. Gewichtseinsparung ist neben der Entwicklung leitfähiger Strukturen ein wesentliches Argument für erhöhten Textileinsatz in der Automobilindustrie. Experten prognostizieren mittelfristig eine Gewichtsreduktion von rund 20 Kilogramm allein durch die Verwendung intelligenter Textilien. Mehr noch erwartet die Industrie von den Smart Textiles weniger Stromverbrauch durch Nebenaggregate, mehr Design- und neue Sicherheitsfunktionen. Eine Kernforderung lautet allerdings auch Robustheit: Sensorik und elektronische Textilfäden müssen auch dann noch zuverlässig funktionieren, wenn der Sitz sechsstellige Kilometerzahlen auf dem Buckel hat und zum x-ten Mal gereinigt wurde. Kein einfaches Unterfangen auf dem Weg zur Serie. Wird das aber alles gewährleistet, dann sind intelligente Sitze letztlich nicht nur für Pkw und Lkw denkbar, sondern auch für Busse und sogar im Flugverkehr.

Autor: Gert Reiling

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