Pessimisten sehen Europa und speziell die deutsche Autoindustrie im Technologiewettlauf schon sehr bald von China abgehängt. Ein gewichtiger Grund: Die datengetriebene Denke ist hierzulande allen Verlautbarungen zum Trotz nicht soweit in den Köpfen von Entwicklern und Entscheidern verankert wie gern kundgetan wird. Schon macht das Wort von der „German Datenangst“ die Runde. Mag übertrieben sein, doch es ist was dran. Das zeigt eine Studie des Softwareunternehmens Splunk, für die mehr als 1.300 Business- und IT-Entscheider in sieben Industrienationen befragt wurden. Auch wenn es um die eigene Karriere geht, zeigen sich Deutsche im Vergleich zu Chinesen tiefenentspannt: Gut 90 Prozent der chinesischen Befragten gab an, dass sie Datenkenntnisse brauchen, um befördert zu werden oder eine Führungsposition zu erlangen, während diesen Zusammenhang nur gut zwei Drittel der Deutschen sehen.
James Hodge, Chief Technical Advisor EMEA des Softwareunternehmens Splunk, spricht von einer „Diskrepanz in den Köpfen“. Einerseits würde hierzulande durchaus anerkannt, dass Datenkenntnisse unverzichtbar sind, andererseits halte sich die Begeisterung, sich selbst Fähigkeiten in diesem Bereich anzueignen, in Grenzen: „Viele Befragte sehen dies vielleicht als eine Herausforderung, die die nächste Generation von Managern lösen soll.“
Gerade für die Autoindustrie, die genau jetzt in der Transformation steckt, ist eine solche Haltung gefährlich. Wer abwartet, hat schon verloren. Zwar würden deutsche Geschäftsführer und IT-Manager durchaus erkennen, wie wichtig Daten für ihren Erfolg sind, doch viele sagen auch, dass „data-driven“ immer noch eine leere Floskel in ihren Unternehmen ist, berichtet Hodge. Nur: Sonderlich engagiert wird dagegen wohl nicht angegangen, worauf die Studie schließen lässt. Es herrscht Verzagtheit: So glauben nur 66 Prozent der deutschen IT-Experten, dass Kompetenzlücken durch Künstliche Intelligenz geschlossen werden können. Die chinesischen Befragten sind hier mit 85 Prozent deutlich positiver eingestellt. Nur ein Beispiel.
Hodge rät daher Unternehmen, mehr in die Datenkompetenz zu investieren. Und zwar auf allen Ebenen. „Indem die Mitarbeiter im verantwortungsvollen und ethischen Umgang mit Daten kontinuierlich weitergebildet werden und auf Dark Data zugreifen können, können sie bessere Entscheidungen treffen.“ Dark Data, also unstrukturierte, bisher wenig genutzte Daten, nutzbar zu machen, sei genauso wichtig, wie Führungskräfte stärker zu befähigen, die Veränderung vorantreiben und sie dafür in die Verantwortung zu nehmen. Dafür braucht es neue Kompetenzen rund um Datenanalyse und KI, die etwa in der Automobilproduktion ausbaufähig sind.
„Algorithmen ohne Datensätze sind nutzlos und umgekehrt“, weiß Hodge. Derzeit nehme das Finden, Verschieben und Verändern von Daten mehr Zeit in Anspruch, als die eigentliche Beschäftigung mit Datensätzen und Algorithmen: „Die ist jedoch die Basis, um mögliche Maßnahmen zu ergreifen und so das Geschäftsergebnis positiv zu beeinflussen.“ Skeptiker mit allzu großem Verharrungsvermögen werden diesen Prozess kaum vorantreiben können.