Guide im Funkdschungel

Hersteller und Technologieunternehmen treiben die V2X-Vernetzung voran. (Bild: Continental)

Die automatische Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander oder mit einer intelligenten Infrastruktur nimmt Fahrt auf: Gerade hat Volkswagen mit großer Fanfare seinen Golf Nummer Acht vorgestellt, der als erstes Großserienauto weltweit zu dieser Kommunikation befähigt sein wird. Praktisch alle größeren Fahrzeughersteller werden früher oder später folgen, denn V2X gilt als einer der Datendienste, die für das automatische Fahren als essentiell betrachtet werden. Auch in China als weltgrößtem Automobilmarkt ist man an dieser Fähigkeit interessiert. Doch bevor ein in Europa entwickeltes Fahrzeug seine Kommunikationsfähigkeit auf den Straßen im Reich der Mitte erproben darf, muss der Hersteller einige Hürden überwinden.

Die erste Hürde besteht in der Ausprägung dieser Kommunikationsfähigkeit. Denn die Fahrzeughersteller sind sich gegenseitig nicht grün, was den Funkstandard für V2X anbelangt. Dabei stellt dieser Standard so etwas wie die Sprache dar, mit der sich die Autos gegenseitig unterhalten sollen. Während Volkswagen für seinem Golf VIII den Standard 802.11p gewählt hat – die Wolfsburger nennen diese Technik WLANp – liebäugeln weite Teile der OEM-Landschaft mit dem konkurrierenden Standard C-V2X. China hat sich als bisher einziges Land zu diesem Standard bekannt. Ein Fahrzeugmodell, das in China eine Verkehrszulassung anstrebt, benötigt daher eine Zertifizierung bezüglich seiner V2X-Kommunikationsfähigkeit. Das ist die zweite Hürde: Eine solche Zertifizierung wird, wenigstens zurzeit, ausschließlich durch die China Academy of Information and Communication Technology (CAICT) vorgenommen.

Hier kommt Hilfe ins Spiel: Der Softwareanbieter und -Dienstleister Neusoft mit Heimat in China und deutscher Niederlassung in Hamburg. Das Unternehmen steht interessierten Fahrzeugherstellern bei der Navigation durch die Untiefen des Zertifizierungsprozesses zur Seite. „Die Zertifizierung ist hochkomplex“, erläutert Neusoft-Experte Mingzhe Sun. Mit der Materie kennt sich das Unternehmen aus: Es hat eine komplette modulare V2X-Software mit zahlreichen Anwendungsfällen entwickelt, die je nach Bedarf für die Standards in Europa, den USA und China konfiguriert werden kann, dazu auch passende automatisierte Testabläufe.

Ein weiteres Hindernis: Die CAIC legt das genaue Testverfahren nicht offen, nach dem sie eine Zertifizierung entweder erteilt oder eben auch ablehnt,. Neusoft sieht darin kein Problem. „Wir kennen des Testverfahren, weil wir es entwickelt haben – unser Protokollstack wurde als Referenz benutzt“, weiß Sun.

Kritiker monieren indessen, dass sich China zwar grundsätzlich für C-V2X und damit für die Anbindung dieser Art von Fahrzeugkommunikation in das Mobilfunknetz entschieden hat. Eine Festlegung auf einen konkreten Standard ist damit aber nicht verbunden – schon allein, weil ein solcher Standard noch nicht beschlossen ist. Mit anderen Worten: Nach welchen Regeln Autos in China miteinander Daten austauschen ist noch weitgehend offen. Klar ist eigentlich nur, dass der aktuelle Versionsstand Release 16 definitiv nicht mit dem kommenden Release 17 kompatibel sein wird. Das sei allerdings ein nachrangiges Problem, erklärt Neusoft-CTO Stefan Hanika-Heidl: Alle Fahrzeuge mit V2X-Fähigkeiten, die demnächst in China in den Verkehr gebracht werden, stehen unter dem Vorbehalt der Update-Fähigkeit. Entsprechende Software-Updates könnten dann später über die Luftschnittstelle eingebracht werden.  

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