Viele IT-Projekte werfen relevante Fragen auf, zum Beispiel im umfassenden Bereich der künstlichen Intelligenz, betont Renata Jungo Brüngger, Vorstand für Recht und Integrität bei Daimler. Die Juristin will deswegen frühzeitig mitgestalten, um bei komplexen IT-Themen rechtliche Klarheit zu schaffen.
(Lacht) Interessant formulierte Frage: Da hat man sofort die Assoziation des gefährlichen Juristen, des erhobenen Zeige ngers, des strengen Compliance Managers. Das ist aber nicht der Fall. Ich möchte die Rechtsberatung businessorientiert ge stalten. Und – wenn ich das sagen darf – es funktioniert auch. Wenn Sie heute sehen, wie die Kollegen aus meinem Bereich mit dem Business zusammenarbeiten, dann gibt es dort keine Berührungsängste, sondern man zieht am selben Strang.
Geben Sie uns doch mal ein Beispiel …
Nehmen Sie das Thema autonomes Fahren. Auf diesem Gebiet arbeiten die Juristen und die Ingenieure sehr eng zusammen, beispielsweise bei Produktsicherheitsthemen oder in der Complianceberatung. Ich stelle fest: Die Mitarbeiter sind dankbar, wenn man sie berät. Und mir ist es wichtig, dass die Kollegen im Unternehmen die Strategien des Konzerns verstehen, vor allem, wenn man wie jetzt gerade in neue Businessfelder vordringt. Diesbezüglich gibt es viel Beratungsbedarf. Das gleiche gilt für Fragen rund um den Datenschutz.
Wie verhält es sich bei den klassischen Rechtsthemen?
Wir haben natürlich auch für die klassischen Rechtsgebiete Trainings. Dafür nutzen wir verschiedenste Tools. Wir haben just ein neues, webbasiertes Training gestartet, das modular aufgebaut ist. Es gibt verpflichtende Teile, aber ich kann mir auch aussuchen, welche Arbeitsgebiete für mich wichtig sind und mir entsprechend zusammenstellen. Der Sinn da hinter: Wir wollen unsere Mitarbeiter für Rechtsthemen sensibilisieren.
Eines Ihrer erklärten Ziele ist es, Integrität und Werte zu einem Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen zu machen. Wie soll das gelingen?
Ich bin generell davon überzeugt, dass im heutigen regulatorischen Umfeld die Unternehmenskultur ein wichtiger und zentraler Aspekt ist und wir uns darüber neue Gedanken machen müssen. Das gilt übrigens auch für die Nachhaltigkeit. Darin steckt auch das Potenzial für Wettbewerbsvorteile. Der Punkt ist: Ich kann nicht auf einen Knopf drücken und Integrität und Werte sind gesetzt. Dahinter stecken kontinuierliche Prozesse, die erarbeitet werden müssen. Man muss einen Bogen spannen und darunter die gemeinsamen Werte definieren. Für einen Mitarbeiter ist es schließlich nicht immer klar, was falsch und richtig ist. Die Realität ist auch nicht immer schwarz und weiß. Diesbezüglich leisten wir Hilfestellung. Am Ende definieren wir einen Wertemaßstab, den ein Mitarbeiter auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses anwenden kann. Immer und jederzeit. Klar ist: Heute kann es sich ein Konzern wie Daimler nicht mehr erlauben, auf Compliance zu verzichten.
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Das Interview führten: Hilmar Dunker und Pascal Nagel
Bild: Claus Dick