
Ralf Hofmann, Gründer, Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung von MHP, spricht mit carIT über die Zukunft der Autobranche in Zeiten der Pandemie. (Bild: MHP)
Herr Hofmann, Sie verstehen die aktuelle Krise als Chance und Innovationstreiber. Was macht Sie so zuversichtlich, dass viele Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen nach Corona nicht wieder zum „Business as usual“ übergehen? Alte Strukturen sind nur schwer nachhaltig zu knacken…
Die Digitalisierung hat einen Riesen-Schub bekommen. Wir haben gesehen, alles was rausgeht, Richtung Kunde, muss, wenn nicht schon geschehen, schnellstmöglich digitalisiert werden. Das sieht man am Online-Handel, den man schnell aufbauen musste, um überhaupt Umsatz zu machen. Das lässt sich auch nicht mehr zurückdrehen. Keine Option. Die Bequemlichkeit und die Einfachheit, die die Kunden dadurch gewonnen haben, wollen sie nicht mehr missen. Die Firmen, die da nicht mitziehen – davon bin ich wirklich überzeugt – verlieren. Auf der anderen Seite mussten die Unternehmen auf Remote umstellen – das ging nur mit digitalen Tools. Dadurch haben sie Kosten gespart und der ein oder andere war sicher auch von der Effizienz angenehm überrascht. Um das beizubehalten und hier einen vernünftigen Mix zu finden, und nicht wieder 1:1 in die Muster vor Corona zu verfallen, bedarf es Proaktivität. Das wird nicht automatisch gehen. Unternehmen müssen die Themen bewusst angehen und handeln. Nur dann werden sie das Positive, das sie in der Corona-Krise erlebt haben, wie beispielsweise flexibles Arbeiten, beibehalten.
Corporate Social Responsibility und Nachhaltigkeit rücken im Lichte von Klimawandel und Corona-Pandemie weiter nach oben auf die To-Do-Liste. Sehen Sie die Autobranche in diesen Themen auf einem guten Weg?
CSR und Nachhaltigkeit sind natürlich nicht nur Aktivitäten im Kontext des Klimawandels. Ganz zu Beginn der Pandemie ist CSR stark in den Fokus gerückt – wir alle haben eine sehr große Solidarität erlebt. Unternehmen haben gesellschaftlich unterstützt und zusammengehalten, wo sie können. Nicht nur in der Automobilindustrie. Das ist und war wirklich bemerkenswert. Was das Thema Nachhaltigkeit betrifft, steht und stand die Automobilbranche schon vor Corona immens unter Druck. Die Erwartungshaltung von großen Teilen der Gesellschaft ist schon, dass die Automobilindustrie für ein better tomorrow sorgt. Das hat nichts mit Corona zu tun. Das Thema haben wir seit Jahren. Und da finde ich – das ist meine persönliche Meinung – dass die Automobilindustrie unter den gegebenen Rahmenbedingungen ihr Mögliches macht. Das dauert eben.
Nicht zuletzt intelligente Mobilitätskonzepte zahlen auf die ökologische Nachhaltigkeit ein. Welche Ideen sehen wir – katalysiert durch die aktuelle Krise – womöglich bereits einige Zeit früher als bislang angenommen auf unseren Straßen?
Die Subventionen im E-Bereich haben sicher eine gewisse positive Wirkung, da muss man abwarten. Was Pooling- und Sharing-Modelle angeht, erleben wir kurzfristig aufgrund der Hygiene-Bedenken der Kunden einen negativen Trend. Einen Schub haben diese Modelle ganz klar nicht bekommen. Das sind sicher keine Krisen-Gewinner. Ob das jetzt einen bleibenden Einfluss hat, glaube ich persönlich nicht, denn die Herausforderungen, die man damit lösen will, wie CO2 und volle Städte, sind ja weiterhin da. Und deshalb wird es hier nach Corona weitergehen. Der Zug lässt sich nicht aufhalten. Das Interesse der Kunden für nachhaltige Serviceangebote ist auf jeden Fall da. Das zeigen wir auch in unserer Studie Mythos Mobilitätswende, die wir mit unserem Studienpartner Motor Presse Stuttgart im September veröffentlichen werden. Ein Krisen-Gewinner haben wir aber sicher, das e-Bike. Die sind momentan ausverkauft.
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