Stefan Keckl, Leiter Data Analytics Anlagen bei Audi, und Jens Neuhüttler, Leiter Digital Service Transformation am Fraunhofer IAO, auf dem automotiveIT Kongress 2023.

Audi-Experte Stefan Keckl und Jens Neuhüttler vom Fraunhofer IAO zeigen die Potenziale von KI in der Automobilproduktion auf. (Bild: Marko Priske)

Einen Blick auf die Nutzung von KI-Tools in der Produktion werfen Stefan Keckl, Leiter Data Analytics Anlagen bei Audi, und Jens Neuhüttler, Leiter Digital Service Transformation am Fraunhofer IAO, die gemeinsam die Einführung von Smart Services beim Ingolstädter Autobauer vorantreiben.

Bei der grundlegenden Bewertung von KI-Systems verfolge man im Rahmen der Produktionsstrategie 360factory vor allem die Ziele Flexibilität, Nachhaltigkeit, Effizienz und Attraktivität für Mitarbeiter. Daher beobachte man genau die möglichen Enabler, Use- und Business-Cases, sowie die entsprechenden technischen Fähigkeiten im eigenen Unternehmen, erklärt Stefan Keckl. Neben den inhärenten technischen Problemen in KI-Systemen bestehe die Herausforderung derzeit insbesondere in der Implementierung in die gewachsenen Produktionslandschaften mit ihren individuellen Rahmenbedingungen. „KI-Lösungen in der Produktion kann man nicht einfach von der Stange kaufen“, so Keckl. Beispiele hierfür seien etwa die heterogenen Systeme und entsprechende Datensätze oder die IT-Skillsets von Produktionsmitarbeitern, die es zu fördern gelte. „Erst einmal muss man KI erklärbar machen, das ist der erste Schritt.“

KI muss die Realität der Mitarbeiter bereichern

Eine Ansicht, die auch Fraunhofer-Experte Neuhüttler teilt: Neben der Technik und der Organisation gelte es bei der Einführung von Smart Services, die Menschen im Unternehmen auf entsprechende Rollouts vorzubereiten. Eine zentrale Komponente sei neben der Qualität der Anwendungen selbst vor allem der wahrgenommene Nutzen durch den User, der entsprechende Systeme letztendlich anwenden muss. Bei der Akzeptanz von KI-Lösungen helfe es in diesem Zusammenhang immens, wenn diese sich kongruent in bisherige Arbeitsschritte einfügen, Prozesse klar definiert und Verantwortlichkeiten transparent festgelegt seien.

Standards sind die Grundlage für Skalierbarkeit

Einen anderen Bereich, in dem bei den Experten von Fraunhofer und Audi Einigkeit besteht, stellt die Skalierbarkeit der Systeme dar. Um entsprechende Lösungen auf einer sinnvollen Datenbasis zu trainieren, seien KI-Tools für Nischenanwendungen wenig effizient, so Neuhüttler. Um den größtmöglichen Nutzen aus strukturierten Daten zu ziehen, benötige es fachbereichs- oder sogar unternehmensübergreifende Plattformen mit klar definierten Schnittstellen für ein Ökosystem aus Partnerunternehmen.

Bei Audi arbeitet vor allem die interne P-Data Factory auf Standardisierungen hin. Die hierfür notwendige Datenstruktur des Autobauers sieht verschiedene Data Pools vor, die nicht an den Grenzen von Fachabteilungen enden, sondern gemäß der für verschiedene Anwendungen benötigten Informationen definiert sind. Zudem setze man auf einen einheitlichen Toolstack an verschiedenen Standorten. Als Zielvorstellung skizziert Keckl einen Aufbau, in dem viele Verantwortlichkeiten für KI-Tools innerhalb der Werke selbst liegen. Durch eine unternehmensweit einheitliche Basis in Form von modularen Systemen soll dabei jedoch ein Wildwuchs der IT verhindert werden.

KI-Systeme müssen auf einem soliden Fundament stehen

Einen weiteren Use Case stellt Lina Eddisi, Head of IT Strategy, bei Vitesco Technologies vor. Der Zulieferer prüft unter anderem den Einsatz von KI-Tools, um das Recruiting von Experten zu stärken. Entsprechende Lösungen könnten etwa eingehende Bewerbungen scannen und eine Vorauswahl hinsichtlich der Eignung potenzieller Mitarbeiter vornehmen oder bereits Fragen für Bewerbungsgespräche vorschlagen.

Im Gespräch mit Jens Neuhüttler und Christian Rohling, Head of Operation Management TÜV Nord Mobilität, betont Eddisi zudem die Notwendigkeit, KI-Systeme auf solide Grundpfeiler zu stellen: Vor dem Rollout von Cloud- oder KI-Systemen sei es zunächst nötig, die eigenen Prozesse so zu streamlinen, dass der Einsatz der Technologie optimale Use Cases realisieren kann. Bei vorhandenen Datensätzen sei es zudem notwendig, die jeweilige Semantik anzupassen, um ein produktives System aufzubauen, ergänzt TÜV-Experte Rohling. Zudem sind sich die Experten einig: KI ist kein flächendeckender Heilsbringer für die Automobilindustrie. Zum einen müsse es Menschen möglich bleiben, die entstandenen Ergebnisse zu validieren, zum anderen sei eine intensive Analyse dahingehend notwendig, für welche Use Cases der Einsatz der Systeme Sinn macht.

Drei Thementalks auf dem automotiveIT Kongress 2023 zu den Themen KI, Cloud, Security und Nachhaltigkeit.
In drei parallelen Tracks diskutieren Experten aus der Auto- und IT-Industrie die Themen KI, Cloud und Security sowie Nachhaltigkeit. (Bild: Marko Priske)

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