In Technology Research Facility: Female Project Manager Talks With Chief Engineer, they Consult Tablet Computer. Team of Industrial Engineers, Developers Work on Engine Design Using Computers

Die Mitarbeiterqualifizierung im Bereich der künstlichen Intelligenz könnte in Zukunft über die Wettbewerbsfähigkeit der Branchenakteure entscheiden. (Bild: Adobe Stock / Gorodenkoff)

Herr Pfirsching, warum ist die richtige Qualifizierung von Mitarbeitern im Bereich der künstlichen Intelligenz besonders wichtig?

Es scheint ausgemacht, dass die künstliche Intelligenz in den kommenden Jahren Branchen prägen – gar umkrempeln wird. Für viele Unternehmen wird der richtige Umgang mit KI zunehmend zu einem echten Wettbewerbsvorteil. Über allem steht heute die Frage nach dem "Wie". Trivial ist dies keineswegs, Disruption birgt natürlich auch immer Gefahren. Die Belegschaft muss gerade deshalb früh in der Lage sein, diesen Weg mitzugehen. Auch Spezialisten-Knowhow ist gefordert, so stellt KI etwa Anforderungen an das Training der Algorithmen.

In welchen konkreten Bereichen müssen Kenntnisse und Fähigkeiten der Beschäftigten erweitert werden?

Mitarbeiter müssen für Themen rund um Datenqualität, Prozess-Knowhow und zugrundeliegende Technologien sensibilisiert werden. Anders als bei Automatisierung zum Beispiel gibt es nur wenige Anwendungsfälle, die mit geringem Knowhow, Low-Code-Ansätzen oder im User Customizing umgesetzt werden können. Hinzu kommen spezifische Anforderungen an den Datenschutz und Erfahrung im Umgang mit dem Output von KI – man denke an die Gefahr der Halluzination von GenAI. Gerade rund um den Datenschutz steht die Debatte derzeit noch weit am Anfang. Neben den bereits genannten Fähigkeiten und Kenntnissen gilt es auch, analytische Kenntnisse sowie dezidiertes Knowhow zu den unterschiedlichen KI-Technologien ins Haus zu holen. Es gilt genau auszuarbeiten, wo technologisch und regulatorisch sinnvolle Einsatzfelder liegen. Die KI wird nicht nur technologische Entwicklungssprünge ermöglichen, es wird zunehmend auch darum gehen, Anwendungen rechtssicher zu gestalten.

Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Schulung im Bereich KI - besonders vor dem Hintergrund eines so umfangreichen Anforderungskatalogs?

Wir sehen aktuell, dass das Angebot an externen Schulungsmöglichkeiten aufgrund des aktuellen Hypes limitiert ist. Echte Fachleute sind als Mitarbeiter ebenfalls stark nachgefragt, interne Kompetenzen sind vielfach erst im Aufbau begriffen. Über die Technologie und deren Einsatz hinaus sind insbesondere auch spezifische Kenntnisse beispielsweise zu Datenschutz notwendig. Hier ist das Feld rund um KI extrem breit, den richtigen Schulungsbedarf zu identifizieren ist demnach nicht einfach. Die Rechtslage zum Einsatz ändert sich aktuell fast wöchentlich – es fehlt noch an einem unumstößlichen Rahmen und Klarheit. Für manche Spezialthemen, wie zum Beispiel den Umgang mit einer skalierten KI-Workforce, gibt es aktuell kaum Schulungsangebote im Markt.

Wie wichtig ist die Unternehmenskultur bei der Förderung von KI-Kompetenzen?

Für Unternehmen ist KI eine wahnsinnige Chance, die in vielen Bereichen disruptives Potential birgt. Neue Level an Customer Services, Effizienzgewinne in enormen Ausmaßen, gänzliche neue Dienstleistungen etc. Es ist heute noch gar nicht absehbar, wie groß der Wandel in den kommenden Jahren sein wird. Unternehmen müssen zum einen den technologischen Pioniergeist der Mitarbeiter fördern – es ist wichtig auszuprobieren, Neues zu wagen. Gleichzeitig muss auf technische und regulatorische Fallstricke hingewiesen werden. Unternehmenskultur ist hier extrem relevant, denn es müssen wichtige Grundlagen geschaffen werden, um erfolgreich KI einzuführen: Wir sehen hier Agilität und Iteration als Grundparadigma. Innerhalb von Organisationen wird es in Zukunft einen ganz anderen Fokus auf Data Sharing Culture geben müssen. Wünschenswert ist hier außerdem eine Kultur der Prozess-Optimierung und Offenheit für Innovation.

Wie nehmen Beschäftigte die Einführung von KI-Technologien wahr und welche Ängste sind vielleicht auch mit ihnen verbunden?

Das ist sehr spezifisch für einzelne Unternehmen. Viele Mitarbeiter sehen KI beziehungsweise generative KI heute als nette Spielerei und nützlichen Helfer für alltägliche Aufgaben. Aber für jedermann ist absehbar, dass diese technische Revolution noch ganz am Anfang steht. Natürlich weckt dies auch Ängste und Befürchtungen – beim Schlagwort Effizienzgewinne etwa weht hier und da auch Angst um den eigenen Arbeitsplatz mit. Im Idealfall wird der Einsatz der neuen Technologien im Unternehmen dennoch als Chance begriffen. Natürlich muss diese Aufbruchstimmung auch vermittelt werden.

Welche Maßnahmen ergreifen Unternehmen, um diese möglichen Ängste abzubauen?

KI ist typischerweise kein Job-Killer, sondern hilft vielfältig, von wenig werthaltigen oder repetitiven Tätigkeiten zu entlasten und damit Freiräume für wert- sowie sinnstiftende Arbeit zu schaffen. Hier ist eine frühzeitige Adressierung der Ängste und Sorgen sowie positive Erfolgsgeschichten wichtig. Zudem muss schnell die positive Relevanz für das eigene Tätigkeitsumfeld herausgestellt werden. Gleichzeitig müssen gegebenenfalls auch Grenzen der Technologie offen kommuniziert werden.

Wie wird auf der anderen Seite erfolgreiches Change Management praktiziert, um die positiven Aspekte von KI zu betonen?

Idealerweise werden schnell erste Erfahrungen und Erfolgsgeschichten über pilothafte Implementierungen geschaffen – hierbei entsteht ein Realismus-Check und die Technologie kann besser eingeschätzt werden. Pfade zur weiteren Nutzung werden deutlicher erkennbar, Chancen sind leichter zu definieren. Oft zerschlagen sich jedoch auch erste Vorstellungen bereits wieder. Das macht diese Checks extrem wertvoll. Zudem entstehen Lerneffekte, welche die Adoptionshürde deutlich senken.

Zur Person:

Volker Pfirsching Arthur D. Little
(Bild: Arthur D. Little)

Volker Pfirsching ist Partner bei Arthur D. Little mit Sitz in München. Er ist Mitglied des Central European Management Board und leitet das globale Digital Competence Center. Nach seinem Studium trat Volker 2002 in das Unternehmen ein und ist seit 2012 Partner. Er hat eine Vielzahl von Kundenprojekten in Europa und im Ausland geleitet und sich dabei auf erfolgreiche und ganzheitliche digitale Transformationen konzentriert, die alle Aspekte von Strategie, Business, Technologie und den wesentlichen "Faktor Mensch" umfassen. Er ist zudem Gründer des Arthur D. Little Digital Center of Excellence und Organisator und Moderator der Arthur D. Little Digital Roundtables, die Führungskräfte zum Austausch über digitale Herausforderungen zusammenbringen.

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