Sven Lorenz, Volkswagen

Bei Volkswagen soll die Datenaustauschplattform Catena-X vor allem das Stammdaten- und das Qualitätsmanagement verbessern, erklärt Sven Lorenz. (Bild: Volkswagen)

Im Januar gaben zehn Unternehmen aus der Autobranche die Gründung des Joint Ventures Cofinity-X bekannt, das die Datenplattform Catena-X für den Einsatz in der Automotive-Branche fit machen soll. Nun folgte der Go-Live des Ökosystems, an dem unter anderem BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen mitwirken. Als erster Autohersteller erklärt Volkswagen öffentlich, was man mit dem Einsatz der Plattform erreichen möchte.

Unter anderem will der Autobauer Services auf Basis von Cofinity-X in den Bereichen Business Partner Data Management, im Qualitätsmanagement sowie im Demand Capacity Management einsetzen, erklärt Sven Lorenz. Das Geschäftspartner-Stammdatenmanagement sei ein gutes Beispiel für den Einsatz der Datenplattform, „denn es ist einfach und hat zugleich einen klaren, direkten Wertbeitrag“. Die Pflege der Stammdaten von Geschäftspartnern habe bisher jedes Unternehmen der automobilen Wertschöpfungskette mehr oder minder selbst durchgeführt.

„Allerdings geht es hierbei fast ausschließlich um öffentlich verfügbare Informationen und Kontakte, die aktuell gehalten werden müssen. Ein Großteil dieser Daten wird außerdem von vielen Unternehmen gleichzeitig benötigt, aber heute von jedem Unternehmen separat gepflegt“, erläutert Lorenz. Dies werde künftig für alle Teilnehmer zentral von Cofinity-X übernommen, um redundante Mehraufwände zu verhindern. Ein entsprechendes Projekt soll bereits im vierten Quartal 2023 starten. In diesem Zusammenhang werde man mit mehreren OEMs und Tier-1-Zulieferern die entsprechenden Datensätze abgleichen und bereinigen. Auf Basis dieses Golden Record starte dann die zentrale Stammdatenversorgung aus Cofinity-X heraus.

Was ist Catena-X?

Catena-X ist ein kollaboratives und offenes Daten-Ökosystem für die Automobilindustrie. Es vernetzt globale Akteure zu durchgängigen Wertschöpfungsketten. Gemeinsames Ziel ist ein standardisierter, globaler Datenaustausch auf Basis europäischer Werte. Ein Kernziel ist die Datensouveränität: Wer Daten zur Verfügung stellt, soll die Kontrolle behalten und individuell entscheiden, wer wie, wann, wo und unter welchen Bedingungen am Datenaustausch teilnimmt. Catena-X soll dabei für die sichere und zuverlässige Umsetzung sorgen.

Ein weiteres Anwendungsfeld des Netzwerks von Catena-X ist Lorenz zufolge das Qualitätsmanagement, wo es vor allem um die schnellere Verfügbarkeit von Führwarnindikatoren bei möglichen Problemen mit Komponenten gehe. Über die Plattform könne man Meldungen und Kontext aus dem Feld, also von Händlern oder Flotten, sowie der Lieferkette zusammenführen, um schneller Fehlerursachen zu erkennen und zu beheben. „Damit wollen wir Anfang 2024 starten“, kündigt Volkswagens Datenchef an. Mit an Board sei bei diesem Projekt zunächst eine großer Tier-1-Zulieferer. „Aber das ist nur der Anfang“, verspricht Lorenz. „Sowohl in der Breite als auch in der Tiefe soll die Zahl der beteiligten Supply Chain Partner deutlich anwachsen.“

Ein drittes Beispiel für den Einsatz der Catena-X-Technologie, das ab dem zweiten Quartal realisiert werden soll, sehe man im Kontext des kurzfristigen Bedarfs- und Kapazitätsmanagements. Konkret wolle man die Plattform für den standardisierten Austausch von Teilebedarfen, Bestände und Produktionskapazitäten nutzen. „Diese werden zunächst entlang der Lieferkette transparent gemacht, um im Anschluss Engpasssituationen entweder bereits im Vorfeld vermeiden oder gemeinsam mit den Lieferkettenpartnern auflösen zu können“, so Sven Lorenz.

Doch wohin geht die Reise der gemeinsamen Datenplattform für die Autobranche und ihrer Mitglieder in Zukunft und welche Chancen eröffnen sich durch ihre Nutzung? „Es geht vor allem um mehr Transparenz, Resilienz und Effizienz in der Lieferkette – und davon profitieren alle Beteiligten. Hierfür stehen die drei ersten Anwendungsszenarien, die Volkswagen angeht“, sagt Lorenz. „Weitere Catena-X Use Cases, die insbesondere auf das Thema Nachhaltigkeit einzahlen, werden bei Volkswagen aktuell bewertet. Hierzu gehören beispielsweise die Catena-X Services zum Product Carbon Footprint und zur Circular Economy.“

Welche Unternehmen gehören zu Catena-X?

Die wichtigsten Automotive-Mitglieder bei Catena-X (Stand 01.01.2023):
Alexander Thamm GmbH
Audi AG
BMW AG
Brembo S.p.A.
Continental AG
Denso Automotive Deutschland GmbH
Ford Werke GmbH
Magna International GmbH
Mercedes-Benz AG
Robert Bosch GmbH
Schaeffler Technology AG & Co.KG
Siemens AG
Stellantis N.V.
Volkswagen AG
Volvo Car AB
Volvo Purchasing Group AB
Witte Automotive GmbH
ZF Friedrichshafen AG

Nagel/Tiedemann der Interviewpodcast von den Chefredakteuren der automotiveIT
In der "Was mich bewegt"-Folge vom 03.11.2023 diskutieren Pascal und Yannick über Daten und Mobilität.

Die Chefredakteure der automotiveIT Pascal und Yannick besprechen Volkswagens Vorhaben rund um Cofinity-X in ihrem wöchentliche Podcast-Format "Was mich bewegt". Ob das Stammdatenmanagement einen geeigneten ersten Ankerpunkt darstellt und über welchen Vorteil der gemeinsamen Datenbank Markus Claesson, CIO bei Daimler Truck,  im Interview mit automotiveIT berichtete? Jetzt reinhören und rausfinden!

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